Mein Freund, der Finanzberater: Einige wissenswerte Fakten
Davor HorvatEs gibt kaum einen Zahnarzt, der nicht mit einem Bank- oder Finanzberater zusammenarbeitet. Der Kontakt zu diesen Beratern entsteht meist schon im Studium und entfaltet oft seine teure Wirkung später über Jahre oder Jahrzehnte hinweg. Doch wie funktioniert das eigentlich mit der Finanzberatung in Deutschland? Hier ein paar Fakten, über die Sie Bescheid wissen sollten
Können Sie sich noch daran erinnern, wann Sie zum ersten Mal Ihre Finanzen beziehungsweise Ihr Geld einem Finanzberater anvertraut haben? Sicherlich haben Sie diesen entweder über eine Empfehlung oder über eine kostenlose Informationsveranstaltung kennengelernt. Vielleicht sogar schon während des Studiums oder spätestens im Examenssemester. Viele Zahnärzte entscheiden sich für die Zusammenarbeit mit einem Finanzberater. Das ist grundsätzlich auch kein Fehler. Sehr vermögende Menschen wenden sich in der Regel sehr viel häufiger an Finanzexperten als das Gros der Bevölkerung.
Kostenlos ist nicht unbedingt kostenfrei
Doch ist Ihnen etwas dabei aufgefallen? Haben Sie für eine Finanz- oder Anlageberatung jemals direkt Geld bezahlt? In Deutschland wird Finanzberatung als „kostenfreie“ Dienstleistung angeboten.Doch was kostenlos als Beratung daherkommt, ist in Wahrheit in den meisten Fällen ein Verkaufsgespräch.
Das Beratungsgespräch ist auch in der Finanzdienstleistungsbranche nur kostenlos, solange Sie nichts kaufen. Wenn Sie allerdings im Vertrag Ihre Unterschrift setzen, dann bezahlen Sie damit nicht nur die Kosten für das Finanzprodukt, sondern auch die vertriebsorientierte Beratung. Da die Beratungskosten in fast jedem Finanzprodukt inkludiert sind, wirken sie sich direkt und stark negativ auf die Rendite aus. Das ist eigentlich keine Überraschung. Nur sind sich wenige Verbraucher bewusst, wie hoch diese Kosten tatsächlich sind und welche Konsequenzen sie haben – das Ausmaß dieser Kosten wird enorm unterschätzt.
Damit Sie nachvollziehen können, welche Interessenskonflikte Provisionen verursachen können, zeigen wir Ihnen unten eine Übersicht der beliebtesten Finanzprodukte für die Geldanlage und Altersvorsorge, die Finanzberater gerne empfehlen. Es geht jeweils darum, dass Sie über 20 Jahre monatlich zum Beispiel 1.000 Euro ansparen.
Finanzprodukte für die Geldanlage und Altersvorsorge und ihre Gebühren
Produktempfehlung | Abschlussgebühr | Abschlussprovision |
Klassische/fondsgebundene Rentenversicherung | 4% Abschlussprovision (bezogen auf die Summe der Beiträge) | ca. 9600 Euro |
Aktive Aktien-/Mischfonds | 3,5% Ausgabeaufschlag (bezogen auf die Sparrate) | ca. 7.200 - 12.000 Euro (auf Gesamtlaufzeit bezogen) |
Beteiligungssparplan | 5% Agio (bezogen auf die Sparrate) | ca. 12.000 Euro |
Bausparvertrag | 1-2 % Abschlussgebühr (bezogen auf die Bausparsumme) | ca. 2.400 bis 4.800 Euro |
Tagesgeld | 0% | 0,00 Euro |
ETF-Sparplan | 0% | 0,00 Euro |
Neben den Abschlussprovisionen werden in der Regel zusätzlich laufende Bestandspflegeprovisionen, je nach Produktgattung, in unterschiedlicher Höhe an den Vermittler jährlich ausbezahlt. Oft bekommen Verbraucher aber keine nennenswerte Gegenleistung, zahlen aber dafür Geld, von dem sie gar nichts wissen. Und warum schadet Ihnen das jetzt? Weil Ihr Finanzberater nicht dazu neigt, Ihnen die Lösungen zu empfehlen, die Ihnen und Ihrem Geld etwas bringen, sondern die, die ihm und den Finanzgesellschaften nutzen Beratung zum Wohle der Verbraucher?
Die Folgen hoher Vertriebskosten hat die Verbraucherzentrale in einer Sonderuntersuchung analysiert. Beratung zur Geldanlage und Altersvorsorge erfolgt demnach nur in 5 Prozent der Fälle im Sinne und zum Wohle der Verbraucher.
Was sind die Probleme?
Zu teuer eingekauft: Hohe interne Kosten eines Finanzprodukts – dazu zählen Abschluss-, Vertriebs- und Verwaltungskosten sowie Kapitalanlagekosten – wirken sich negativ auf die Rendite aus. Oft stellen Verbraucher erst nach vielen Jahren des Ansparens fest, dass sie mit den teuren Produkten kaum Geld verdienen, sondern nach Abzug der Inflationsrate sogar Geld verlieren. Das Ergebnis ist, dass viele Anleger ihre finanziellen Ziele niemals erreichen.
Zu wenig Rendite: Hat ein Finanzprodukt, welches man für die Altersvorsorge und Geldanlage abgeschlossen hat, hohe interne Kosten – dazu zählen neben Abschluss- und Vertriebs- auch noch Verwaltungskosten sowie Kapitalanlagekosten –, dann wirken sich diese Kosten auf die Rendite der Anlage aus. Je teurer man also ein Finanzprodukt einkauft, desto geringer ist die Rendite der Anlage und desto weniger macht man aus seinem Geld.
Zu riskant investiert: Risiken bei der Geldanlage müssen nichts Negatives sein, wenn man dafür eine angemessene Risikoprämie erhält. Bei weltweiten Aktienanlagen liegt die durchschnittliche Rendite z.B. bei 8 Prozent. Doch viele Anleger kaufen sich mit den Finanzprodukten zusätzlich eigene Produktrisiken ein. Dieses Risiko wird in der Beratung oft stiefmütterlich behandelt. Es ist ein großer Unterschied, ob man Finanzprodukte als Sondervermögen einkauft oder mit einem zusätzlichen und unbezahlten Ausfallrisiko – was bedeutet, dass die Rückzahlung des Kapitals nicht nur von der Marktentwicklung, sondern zusätzlich davon abhängt, ob der Emittent des Produkts überhaupt rückzahlungsfähig ist.
Zu unflexibel abgeschlossen: Oft werden Lösungen angeboten und abgeschlossen, die das investierte Geld über Jahre binden. Für langlaufende Verträge zahlen Finanzgesellschaften die höchsten Provisionen. Darunter zählen z.B. steuerlich geförderte Basis-(Rürup-)Renten. Mal abgesehen davon, ob sich ein solches Modell rechnet: Den wenigsten ist bewusst, dass sie bei solch einem Produkt an ihr Geld nicht mehr herankommen, geschweige denn diesen Vertrag kündigen können. Ein weiteres Beispiel sind geschlossene Beteiligungen, wie etwa Schiffs- oder Flugzeugfonds, Windkraftanlagen und ähnliches. Dass man solche Anlagen sehr schlecht und nur mit hohen Verlusten wieder auflösen kann, wenn man die Mittel benötigt, wird Betroffenen oft erst zu einem (zu) späten Zeitpunkt bewusst.
Fazit
Im Ergebnis können Sie sich kostenfreie Finanzberatung überhaupt nicht leisten. Es ist ein Fehler, wenn Sie glauben, dass Sie ein Schnäppchen machen können, indem Sie sich diese Dienstleistung gratis einkaufen. Niemand arbeitet umsonst, schon gar nicht in der Finanzdienstleistungsbranche.