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Recht & Steuern
Inhaltsverzeichnis

Nichtförmlichen Rechtbehelfen kommt in der Praxis eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Diese können häufig schneller und ohne zusätzliche Verwaltungskosten erhoben werden. Allerdings sollten auch in den nichtförmlichen Rechtsbehelfen bestimmte Inhalte aufgenommen werden, sofern ein betreffender Rechtsbehelf zum Erfolg führen soll. Nachfolgend stellen wir die in der Praxis wichtigsten nicht förmlichen Rechtsbehelfe vor und zeigen auf, worauf bei nichtförmlichen Rechtsbehelfen zu achten ist.

Unter den nichtförmlichen Rechtsbehelfen im Steuerverfahren werden Einwendungen eines Steuerpflichtigen verstanden, mit denen sich dieser an die Finanzverwaltung oder an eine andere staatliche Stelle wenden kann, ohne besondere Formalia einhalten zu müssen. Der einzige verbliebene förmliche Rechtsbehelf im steuerlichen Verwaltungsverfahren ist der Einspruch, welchen wir bereits in einem unseren Beitrag diskutiert haben. Zu den nichtförmlichen Rechtsbehelfen im Steuerverfahren gehören die Gegendarstellung, die Dienstaufsichtsbeschwerde, die Fachaufsichtsbeschwerde, sowie Petitionen an den Bundestag, an die Landtage und an die zuständigen staatlichen Stellen.

Wofür sind nicht förmliche Rechtsbehelfe relevant?

Verzögert sich die Bearbeitung Ihrer Steuererklärung? Hat ein Betriebsprüfer sich Ihnen gegenüber beleidigend geäußert oder behauptet ein Sachbearbeiter ohne Grund, die Angaben in Ihrer Steuererklärung seien unglaubwürdig? Hat ein Finanzbearbeiter Ihren Antrag offensichtlich falsch und gegen die bestehende Rechtslage behandelt? Unter anderem dann können Sie auf nicht förmliche Rechtsbehelfe im Steuerverfahren zurückgreifen.

MIt Rechtsbehelfen können Personen gegen die Entscheidung eines Gerichts oder einer Behörde vorgehen. Nicht förmliche Rechtsbehelfe unterscheiden sich von förmlichen darin, dass sie weder an eine Form noch an eine Frist gebunden sind. Wie Sie diese einsetzen, erfahren Sie jetzt:

Gegendarstellung

Die Gegendarstellung ist eine mündliche Mitteilung oder ein Schreiben an die Finanzverwaltung, in der Regel an ein Finanzamt, eine bestimmte Auffassung der Finanzbehörde zu überdenken. Sie ist als ein spezieller Fall des Petitionsrechts - dieses behandeln wir nachfolgend - gesetzlich nicht geregelt. Die Gegendarstellung beruht auf dem Grundsatz, dass sich Steuerpflichtige bzw. Bürger unkompliziert und ohne die Beachtung von bestimmten Formalien an staatliche Stellen (hier: an die Finanzverwaltung) mit bestimmten Anliegen wenden können. Die betreffenden Anliegen können sowohl Rechte der Person betreffen, die sich an die Finanzverwaltung wenden, als auch Anliegen anderer Personen oder auch der Gemeinschaft aller Steuerpflichtigen umfassen.

Eine Gegendarstellung ist nicht an besondere Form, Frist oder Begründung gebunden. Sie kann formlos und fristlos und ohne Beachtung bestimmter Begründungserfordernisse erhoben werden. Es ist wichtig zu wissen, dass Gegendarstellungen nicht bloße Bitten von Bürgern an den Staat darstellen, sondern Ausdruck subjektiver Verfassungsrechte von Bürgern (hier des Art. 17 Grundgesetz, GG, siehe hierzu unten zu Petitionen) sind. Eine substantiierte Gegendarstellung muss deshalb von der staatlichen Behörde nicht nur zu Kenntnis genommen, sondern auch beantwortet werden. Beantworten heißt in diesem Fall, dass die Behörde sich inhaltlich mit dem Anliegen auseinandersetzen und dem Adressaten der Gegendarstellung das Ergebnis dieser Befassung mitteilen muss.

Es ist zum Beispiel möglich, sich an das zuständige Finanzamt schriftlich, telefonisch oder auch durch persönliche Rücksprache zu wenden und Verzögerungen bei der Bearbeitung von Steuererklärungen zu beanstanden. Wird das betreffende Anliegen vom Finanzamt ignoriert oder nicht innerhalb einer angemessenen Zeit beantwortet, ist es möglich, sich an die nächsthöhere Finanzbehörde, regelmäßig an die zuständige Landesfinanzdirektion oder auch direkt an das Landesfinanzministerium oder an das Bundesministerium von Finanzen zu wenden und das Verhalten bzw. die Untätigkeit des Finanzamts zu beanstanden. Bei solchen Gegendarstellungen muss allerdings berücksichtigt werden, dass dem Finanzamt eine angemessene Zeit zur Bearbeitung der Steuererklärung verbleiben muss. Seitens des Steuerpflichtigen sollten auch alle Mitwirkungspflichten, wie die Vorlage von erforderlichen Unterlagen, Belegen etc. zusammen mit der Steuererklärung oder jedenfalls rechtzeitig vor der Gegenvorstellung erfüllt werden. Eine Gegenvorstellung, mit der die verzögerte Bearbeitung einer Steuererklärung gerügt wird, weist ein Finanzamt zurecht zurück, wenn der betroffene Steuerpflichtige seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist.

Nicht möglich ist es allerdings, mit einer Gegendarstellung eine Entscheidung der Behörde (hier: der Finanzverwaltung) in der Sache zu erzwingen, hierzu bedarf es eines förmlichen Rechtsbehelfs, wie des Einspruchs. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Finanzbehörde gehindert wäre, aufgrund der Gegendarstellung von sich aus eine Abhilfeentscheidung in der Sache vorzunehmen. In der Praxis beantworten zwar die Finanzämter die Gegendarstellungen von Steuerpflichtigen, treffen jedoch in aller Regel keine inhaltliche Entscheidung in der Sache, insbesondere wenn bereits ein bestandskräftiger Steuerbescheid erlassen worden ist. Es ist deshalb zu empfehlen, Gegendarstellungen an die Finanzbehörden zu richten, bevor eine förmliche Entscheidung in der Sache, wie zum Beispiel ein Steuerbescheid, dem Steuerpflichtigen zugegangen ist.

Die Gegendarstellung, wie auch die anderen nicht förmlichen Rechtsbehelfe, haben keinen Einfluss auf den Lauf von Fristen für förmliche Rechtsbehelfe. Es ist deshalb nicht möglich, durch eine Gegendarstellung an das Finanzamt die Frist für die Erhebung eines Einspruchs (grundsätzlich 1 Monat nach der Bekanntgabe eines Steuerbescheides) zu wahren. Allerdings hilft hier das Gesetz dem Betroffenen Steuerpflichtigen (§ 357 Abgabenordnung, AO): muss das Finanzamt der Gegendarstellung eines Steuerpflichtigen entnehmen, dass dieser mit dem Inhalt des Steuerbescheides nicht einverstanden ist und dessen Überprüfung verlangt, muss das zuständige Finanzamt die Gegendarstellung als einen Einspruch behandeln. Es ist allerdings zu empfehlen, statt einer Gegendarstellung einen förmlichen Einspruch gegen einen Steuerbescheid zu erheben, sofern dieser ohnehin gegen einen Steuerbescheid beabsichtigt ist.

Dienstaufsichtsbeschwerde

Mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde wird das persönliche Verhalten einer Amtsperson beanstandet. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde ist ebenfalls eine Unterart der Petition und wurzelt wie diese im Verfassungsrecht (Art. 17 GG). Eine Dienstaufsichtsbeschwerde wird unmittelbar an den Vorgesetzten einer Amtsperson gerichtet, deren Verhalten als nicht akzeptabel empfunden wird. Bei Finanzämtern ist die Vorsteherin oder der Vorsteher des betreffenden Finanzamts die zuständige Stelle für eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Finanzbeamten.

Die Gründe für eine Dienstaufsichtsbeschwerde können vielfältig sein: erlaubt sich zum Beispiel ein Betriebsprüfer beleidigende, sexistische oder rassistische Äußerungen während einer Betriebsprüfung gegenüber einem Steuerpflichtigen oder gegenüber seinen Betriebs- oder Familienangehörigen, kann und darf ein solches Verhalten nicht toleriert werden. Der betroffene Steuerpflichtige sollte hier nicht schweigen, sondern möglichst frühzeitig nach einem solchen Vorfall das betreffende Verhalten eines Betriebsprüfers mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde rügen.

Das Gleiche gilt, wenn ein Sachbearbeiter Angaben und Erklärungen eines Steuerpflichtigen stets zu dessen Lasten auslegt, indem er ohne weitere Anhaltspunkte behauptet, die Erklärungen des Steuerpflichtigen seien unglaubhaft und der Steuerpflichtige selbst unglaubwürdig. Auch hier sollte man wissen, dass das Gesetz den Steuerbeamten explizit Unvoreingenommenheit und Neutralität zwingend vorschreibt (§ 88 Abs. 1 AO). Keineswegs hat ein Steuerverfahren zum Ziel, Erklärungen eines Steuerpflichtigen profiskalisch zu interpretieren um dadurch eine möglichst hohe Steuerlast zu generieren. Ein solches Vorgehen eines Finanzbeamten ist gesetzeswidrig und sollte geahndet werden. Nicht zu verhehlen ist allerdings, dass eine Dienstaufsichtsbeschwerde nur dann Erfolg haben wird, wenn sie das zu rügende Verhalten eines Finanzbeamten möglichst konkret beschreibt und für dieses auch Beweise anbietet. Entsprechende Sorgfalt sollte ein Steuerpflichtiger für seine Dienstaufsichtsbeschwerde aufwenden, sofern diese auch Erfolg haben sollte.

Jede Dienstaufsichtsbeschwerde, sofern sie nicht offensichtlich haltlos ist, wird zur Personalakte eines Finanzbeamten genommen, dessen Verhalten beanstandet wird. Häufen sich Dienstaufsichtsbeschwerden, wird der betreffende Finanzbeamte von seinem Vorgesetzten spätestens dann aufgefordert, Stellungnahme zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen abzugeben. Weisen sich die Vorwürfe als zutreffend und das Verhalten des betreffenden Finanzbeamten als rechtswidrig, wird die Dienstaufsichtsbeschwerde für diesen disziplinarrechtliche Konsequenzen haben. Die Konsequenzen können von einer Rüge über die Versetzung und Gehaltskürzung bis zur Entlassung des betreffenden Finanzbeamten aus dem Staatsdienst reichen.

Fachaufsichtsbeschwerde

Mit der Fachaufsichtsbeschwerde beanstandet ein Steuerpflichtiger eine unvertretbare Sachbehandlung durch einen Finanzbeamten. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn ein Finanzbeamter eine Steuererklärung, einen Antrag oder einen Einspruch offensichtlich falsch und gegen die bestehende Rechtslage sachlich behandelt. Es geht hier also nicht um das persönliche Verhalten eines Finanzbeamten, sondern um eine evident falsche Entscheidung oder Sachbehandlung eines steuerlich relevanten Sachverhalts. Hier gilt das Gleiche wie bei der Dienstaufsichtsbeschwerde: eine unvertretbare Sachbehandlung eines Finanzbeamten sollte nicht toleriert, sondern mit einer gut begründeten Fachaufsichtsbeschwerde an den Vorgesetzten des betreffenden Finanzbeamten gerügt werden. Erweisen sich die Vorwürfe als zutreffend, muss der betreffende Finanzbeamte, wie bei der Dienstaufsichtsbeschwerde, mit Konsequenzen rechnen.

Petitionen

Nach Art. 17 Grundgesetz (GG) hat jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Die Landesverfassungen der Bundesländer enthalten entsprechende Bestimmungen, die auf der Landesebene das Petitionsrecht garantieren. Dieses Recht enthält zwei Bestandteile: einerseits statuiert es das Recht, sich mit einer Petition an jegliche staatliche Stelle zu wenden, um hier Anregungen, Beschwerden, Wünsche, Beanstandungen etc. einzubringen. Das Petitionsrecht sieht bewusst davon ab, den Gegenstand einer Petition einzugrenzen oder diese nur auf bestimmte Gebiete oder Stellen der öffentlichen Verwaltung zu begrenzen. Vielmehr steht es einem Bürger frei, sich mit jeglichem Anliegen an eine zuständige Stelle zu wenden. Der Staat ist nicht befugt, das verfassungsrechtlich verbürgte Petitionsrecht von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen oder dieses nur auf bestimmte Sachgebiete oder bestimmte Behörden zu beschränken.

Andererseits garantiert das Petitionsrecht, dass sich ein Bürger mit seinem Anliegen unmittelbar an den Bundestag oder an einen Landtag wenden kann. Eine Rangordnung dergestalt, dass eine Petition zuerst an eine Fachbehörde, wie zum Beispiel an das Finanzamt, die Finanzdirektion oder an das Finanzministerium zu richten wäre, besteht nicht. Es ist deshalb möglich, das ungebührliche Verhalten eines Finanzbeamten oder etwaige Missstände in einem Finanzamt unmittelbar mit einer Petition an den Bundestag oder an einen Landtag zu rügen. In solchen Fällen wird der Bundestag oder ein Landtag allerdings regelmäßig eine betreffende Petition an die zuständige Sachbehörde, wie den Vorsteher eines Finanzamts oder die Landesfinanzdirektion, zur Sachbehandlung und Entscheidung weiterleiten.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen
Dr. jur. Alex Janzen ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht sowie für Bank- und Kapitalmarktrecht in Düsseldorf. Er berät Unternehmen im Steuerrecht, Kapitalmarktrecht sowie im Medizinrecht, insbesondere in Fragen der Steueroptimierung, Besteuerung von Ärzten und Praxisgemeinschaften, Vertretung in Einspruchs- und Klageverfahren, in Fragen der Praxisfinanzierung sowie im ärztlichen und zahnärztlichen Honorarrecht.

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