Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ): Grundsätze der Gebührenabrechnung
Dr. jur. Alex JanzenNeben dem Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA) kommt der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) in der täglichen Abrechnungspraxis von Zahnärzten eine immer größere Bedeutung zu. Rechtsanwalt Dr. Alex Janzen erklärt, was Zahnärzte darüber wissen sollten.
Die Fokussierung der gesetzlichen Krankenversicherung auf die Dämpfung von Ausgaben- und Honorarsteigerungen führt nahezu zwangsläufig dazu, dass Kosten für Patienten und Leistungserbringer immer mehr in die GOZ verlagert werden. Ein Ende dieser bedenklichen Entwicklung ist nicht in Sicht.
I. Rechtsnatur der GOZ
Die GOZ ist eine Rechtsverordnung auf der Ebene des Bundes, erlassen durch die Bundesregierung und gestützt auf § 15 Zahnheilkundegesetz (ZHG). Dies ist sehr bezeichnend: Während Honorarordnungen für viele andere sog. Freiberufler, wie Rechtsanwälte, Steuerberater etc., durch ein Parlamentsgesetz ergangen sind, wurde die GOZ durch die Exekutive erlassen. Der Unterschied mag für Betroffene, wie Zahnärzte und Patienten, nicht von Relevanz erscheinen, und dennoch ist dieser nicht zu unterschätzen. Bei Gebührenordnungen in der Form eines Parlamentsgesetzes ist von Verfassung wegen das transparente Gesetzgebungsverfahren vorgeschrieben. Die GOZ musste ohne eine solche Transparenz auskommen, sodass sie manche Abrechnungstatbestände vermissen lässt, die in einem transparenten Gesetzgebungsverfahren wahrscheinlich hinzugekommen wären, ferner wären andere Tatbestände möglicherweise anders gefasst worden.
II. Regelungsbereich der GOZ
Nach § 1 Abs. 1 GOZ können Zahnärzte ihre Leistungen nur dann nach der GOZ abrechnen, wenn durch Bundesgesetz nicht etwas anderes bestimmt ist. Diese Regelung verdeutlicht, dass die GOZ als eine Auffang-Gebührenordnung konzipiert ist, die nur dann zur Anwendung kommt, wenn keine anderen Gebührenordnungen greifen. Eine solche andere Gebührenordnung ist in erster Linie der Einheitliche Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA-Z), die für gesetzlich Krankenversicherte vorrangig anzuwenden ist. Der Anwendungsvorrang der anderen Gebührenordnungen gilt allerdings nicht absolut: z. B. Mehrkostenvereinbarungen für Zahnfüllungen und Zahnersatz sind nach der GOZ abzurechnen, sofern die Patienten Leistungen über die Regelversorgung in Anspruch nehmen. In diesen Fällen besteht zwischen der GOZ und dem BEMA kein Ausschließlichkeitsverhältnis, sondern die GOZ ist dann anzuwenden, wenn die Leistungen dem Grunde oder dem Umfang nach nicht (mehr) zum Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören.
1. Abrechnung von GOZ-Leistungen
Gemäß § 5 Abs. 1 GOZ ist die Höhe einer Gebühr nach einem Steigungsfaktor zu berechnen, der von 1,0 bis 3,5 beträgt. Innerhalb dieses Gebührenrahmens sind die Gebühren nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ ausgehend von der Schwierigkeit der erbrachten Leistung, dem Zeitaufwand und nach den Umständen der Leistungsausführung zu bemessen. Hieraus kann man folgern, eine Mittelgebühr zwischen 1,0 und 3,5, d. h. eine 2,25 Gebühr, würde einer durchschnittlichen Leistung entsprechen. Diese Ansicht wird durch § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ bestätigt: danach stellt der 2,3fache Gebührensatz eine durchschnittliche Leistung dar. Diese Bestimmung geht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zurück, der 2007 in einem Urteil den 2,3fachen Gebührensatz bei Abrechnung von ärztlichen Leistungen als durchschnittlich billigte. Hieraus ergibt sich allerdings auch, dass unterdurchschnittliche Leistungen mit einem Gebührensatz abzurechnen sind, der unter dem 2,3fachen liegt. Der obligatorische Ansatz von Gebührensätzen unten dem 2,3fachen Gebührensatz für unterdurchschnittliche Leistungen ist mittlerweile unter § 5 Abs. 2 Satz 4 letzter Halbsatz GOZ festgeschrieben.
Eine Abweichung nach unten von einem durchschnittlichen oder auch unter 1,0fachen Gebührensatz wird auch für Zahnärzte überwiegend für zulässig erachtet, sofern die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Musterberufsordnung-Ärzte (MBO-Ä) analog vorliegen. Danach dürfen Ärzte bei Verwandten, Kollegen, Angehörigen von Kollegen und bei mittellosen Personen das Honorar herabsetzen oder ganz erlassen. Bezeichnenderweise fehlt in der Musterberufsordnung-Zahnärzte (MBO-Z) eine entsprechende Bestimmung. Gleichwohl ist nicht anzunehmen, dass Zahnärzte bei Honorarabrechnungen nicht auf verwandtschaftliche oder kollegiale Verhältnisse wie auch auf die Bedürftigkeit von Patienten keine Rücksicht nehmen dürften. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass die MBO-Z eine sog. planwidrige Regelungslücke enthält und deshalb die Parallelbestimmung in der MBO-Ä (§ 12 Abs. 3) auch auf Zahnärzte anzuwenden ist.
2. Überschreiten des 2,3fachen Gebührensatzes
Ein Überschreiten des 2,3fachen Gebührensatzes ist nach § 5 Abs. 2 Satz 4 zweiter Halbsatz GOZ nur zulässig, wenn die Bemessungskriterien der Honorarabrechnung, wie diese unter § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ geregelt sind – die GOZ spricht hier von der Schwierigkeit, dem Zeitaufwand und den Umständen der konkreten Leistung – einen höheren Gebührenansatz rechtfertigen.
Hieraus ergibt sich, dass die Abrechnung über dem 2,3fachen Gebührensatz zwingend einer einzelfallbezogenen Begründung des abzurechnenden Zahnarztes bedarf. Wie detailliert bzw. wie ausführlich eine solche Begründung sein muss, richtet sich nach einem konkreten Einzelfall. Nach der Rechtsprechung und den Erläuterungen der Bundesärztekammer muss die Begründung auf die Schwierigkeit und den Zeitaufwand einer betreffenden Leistung eingehen. Dabei muss konkret dargelegt werden, inwiefern sich der konkrete Fall „vom einfachen und durchschnittlichen Fall unterscheidet“.
3. Individuelle Honorarvereinbarung
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GOZ kann durch eine Vereinbarung zwischen einem Zahnarzt und dessen Patienten als Zahlungspflichtigem eine Gebührenhöhe vereinbart werden, die den 3,5fachen Gebührensatz überschreitet. Allerdings legt § 2 Abs. 2 GOZ die Hürden für eine solche wirksame Vereinbarung hoch. Danach muss eine solche Vereinbarung zwischen Zahnarzt und Patient vor der Leistungserbringung und nach persönlicher Ansprache schriftlich getroffen werden. Die betreffende Vereinbarung „muss neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem vereinbarten Steigerungssatz und dem sich daraus ergebenden Betrag auch die Feststellung enthalten, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist“, daneben darf die Vereinbarung keine weiteren Erklärungen enthalten. Es versteht sich von selbst, dass der Patient der Vereinbarung zustimmen muss. Dem Patienten muss darüber hinaus ein „Abdruck“ der Honorarvereinbarung ausgehändigt werden.
Die größte Hürde für eine wirksame Honorarvereinbarung nach § 2 Abs. 2 GOZ besteht jedoch darin – und hierzu sagt die GOZ nichts – dass jede Honorarvereinbarung nicht vorformuliert bzw. vorgefertigt sein darf, damit sie nicht als eine sog. allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren ist, an deren Wirksamkeit das Gesetz und die Rechtsprechung weitere über den § 2 GOZ hinausgehende strenge Anforderungen stellen. Neben dem Erfordernis individueller Vereinbarungen ist es streitig, ob bzw. inwiefern eine Honorarvereinbarung zwischen einem Zahnarzt und seinem Patienten ausgehandelt werden muss. Neuere Rechtsprechung, gestützt auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2004, verlangt über das Erfordernis von individueller Honorarvereinbarung hinaus regelmäßig kein Aushandeln von Honorarvereinbarungen im Sinne § 2 GOZ zwischen einem Zahnarzt und seinem Patienten.
4. Abrechnung von Analogie-Leistungen
Nach § 6 Abs. 1 GOZ können zahnärztliche Leistungen, die in den Katalog der GOZ nicht aufgenommen wurden, so abgerechnet werden, wie eine „nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung des Gebührenverzeichnisses“ abgerechnet werden würde. Die Vergleichskriterien zwischen einer nicht geregelten Leistung und einer GOZ-Katalogleistung sind damit vorgegeben: Es sind „Art, Kosten- und Zeitaufwand“, die in beiden Fällen „gleichwertig“ – nicht lediglich gleichartig – sein müssten, damit eine analoge Abrechnung einer nicht geregelten Leistung erfolgen kann.
Beide Leistungen sind dann ihrer Art nach gleichwertig, wenn sie auf das gleiche Behandlungsziel ausgerichtet sind. Ob einzelne Zwischenschritte bei den beiden Leistungen ebenfalls gleichwertig sind, ist hingegen nicht erforderlich. Der Kostenaufwand beider Leistungen meint die gesamten Kosten der konkreten Leistung im Sinne § 4 Abs. 3 GOZ, d. h. Praxiskosten, apparative Kosten, Sprechstundenaufwand und auch Kosten von Dritten, sofern diese in die Erbringung dieser Leistung einbezogen worden und selbst nicht liquidationsberechtigt sind. Der Zeitaufwand der nicht geregelten Leistung muss darüber hinaus mit einer GOZ-Leistung gleichwertig sein.
Bei der Abrechnung von Analogie-Leistungen müssen Vorgaben des § 10 Abs. 4 GOZ beachtet werden: Eine Analogie-Leistung muss als „entsprechend“ bezeichnet werden, die Nummer und die Bezeichnung der gleichwertigen Leistung ist in der Abrechnung anzugeben und die Analogieleistung in der Abrechnung ist für den Zahlungspflichtigen verständlich zu beschreiben. Eine Hilfe für praktizierende Zahnärzte, welche Leistungen als Analogieleistungen in Betracht kommen, ist der 9-seitige „Katalog selbstständiger zahnärztlicher, gemäß § 6 Abs. 1 GOZ analog zu berechnender Leistungen“ der Bundeszahnärztekammer, der allerdings nicht alle nach § 6 Abs. 1 GOZ analogiefähigen Leistungen, sondern lediglich Beispiele, enthält. In jedem Einzelfall sollte deshalb in eigenem Interesse geprüft werden, ob eine Leistung, auch wenn sie nicht im vorbezeichneten Katalog der Bundeszahnärztekammer enthalten ist, nach § 6 Abs. 1 GOZ abgerechnet werden kann.
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