Rechtliche Aspekte bei der Trennung von Gemeinschaftspraxen
Nadine EttlingDie Auflösung einer Gemeinschaftspraxis bringt komplexe rechtliche Fragestellungen mit sich, die bestenfalls schon bei Gründung im Blick behalten werden. Im Folgenden gibt es einen Überblick über die wichtigsten Punkte der Trennung.
Die Zusammenarbeit in einer Gemeinschaftspraxis bietet zahlreiche Vorteile – von der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen bis hin zum fachlichen Austausch. Doch was passiert, wenn sich die Wege wieder trennen?
Abfindung bei Kündigung und Realteilung
Scheidet ein Praxispartner durch Kündigung aus und wird die Praxis von den verbleibenden Gesellschaftern fortgeführt, stellt sich regelmäßig die Frage nach einer angemessenen Abfindung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) erfolgt bei fehlender vertraglicher Regelung eine Realteilung. Das bedeutet, dass die Sachwerte aufgeteilt werden und jeder Gesellschafter rechtlich uneingeschränkt die Möglichkeit hat, seine bisherigen Patienten mitzunehmen.
In diesem Fall gilt der Geschäftswert als abgegolten, und ein zusätzlicher Abfindungsanspruch besteht grundsätzlich nicht. Für die Fortführung der Praxis kann die Mitnahme eines Patientenstamms erhebliche Schwierigkeiten bedeuten und sollte daher im Vorfeld bedacht werden.
Gesellschaftsvertragliche Regelungen zur Abfindung
Die Gesellschafter können im gesetzlichen Rahmen hierzu abweichende Regelungen im Gesellschaftsvertrag treffen. Soll der ausscheidende Gesellschafter also lieber eine Abfindung erhalten, ist es wichtig, dass im Gesellschaftsvertrag genau festgelegt wird, wie sich der Abfindungsanspruch berechnet. Die Abfindung umfasst dabei regelmäßig den Anteil am materiellen ebenso wie am ideellen Wert der Praxis, wobei Letzterer maßgeblich durch den Patientenstamm bestimmt wird.
Bei der Berechnung des ideellen Praxiswertes hat sich die modifizierte Ertragswertmethode als gängige Bewertungsmethode etabliert und ist auch von der Rechtsprechung anerkannt. Sie berücksichtigt die Erwartungen des Nachfolgers oder des fortführenden Gesellschafters, die Umsätze und Erträge der Praxis künftig fortführen zu können.
Auflösung der Gemeinschaftspraxis: Wettbewerbsverbot und Abfindung
Die Zahlung einer Abfindung sollte stets mit der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verknüpft werden. Dieses stellt sicher, dass der ausscheidende Gesellschafter seine Patienten auch tatsächlich nicht in eine neue Praxis mitnimmt. Die Zulässigkeit eines Wettbewerbsverbots ist durch die Rechtsprechung anerkannt, jedoch muss es inhaltlich angemessen sein und darf keinem faktischen Berufsverbot gleichkommen.
In städtischen Gebieten darf das Wettbewerbsverbot meist nur wenige Kilometer umfassen, während es in ländlichen Regionen großzügiger ausgelegt werden kann. Maßgeblich ist der tatsächliche Einzugsbereich der Praxis. In zeitlicher Hinsicht sollte eine maximale Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Eine längere Zeitspanne kann zur Gesamtnichtigkeit des Wettbewerbsverbots führen.
Die Auswirkungen der Trennung auf Praxisverträge
Neben gesellschaftsrechtlichen Fragen ist auch die Behandlung laufender Praxisverträge ein zentraler Aspekt bei der Trennung.
Bestehende Arbeitsverhältnisse gehen üblicherweise bei Fortführung der Praxis durch einen Partner auf diesen allein über. Die Mitarbeiter sind vorab in Textform über den Betriebsübergang zu unterrichten und haben ein Widerspruchsrecht innerhalb eines Monats.
Der Mietvertrag der Praxisräumlichkeiten muss unbedingt angepasst oder neu abgeschlossen werden, da der verbleibende Partner nun alleiniger Mieter werden muss. Hier ist es wichtig, frühzeitig mit dem Vermieter Kontakt aufzunehmen, um die Modalitäten zu klären. Auch an dieser Stelle kann es sinnvoll sein, diese Möglichkeit bereits bei Praxisgründung zu bedenken und dies bereits bei Abschluss des Mietvertrages als Option mit aufzunehmen.
Auch sonstige Verträge, wie laufende Versicherungsverträge, insbesondere Berufshaftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen, Leasingverträge und Kooperationen müssen überprüft und gegebenenfalls umgestellt oder neu abgeschlossen werden. Auch Verträge mit externen Dienstleistern sollten hinsichtlich Übernahme oder Kündigung geprüft werden.
Checkliste für die Trennung von Gemeinschaftspraxen
Was ist zu tun?
Frühzeitige Planung:
Alle bestehenden Verträge sollten frühzeitig geprüft und Anpassungen geplant werden, um rechtliche Unsicherheiten und Nachhaftungen zu vermeiden.Kommunikation:
Eine transparente Kommunikation mit Mitarbeitern, Vermietern und Vertragspartnern erleichtert den Übergang und minimiert potenzielle Konflikte.Rechtliche Beratung:
Die Komplexität der rechtlichen Aspekte bei der Trennung von Gemeinschaftspraxen macht eine fachkundige rechtliche Beratung empfehlenswert – am besten von Anfang an.