Jung, fit und gesund? - Von wegen!
D&W RedaktionEine Studie zeigt: Wer heute jung ist, wird früher und häufiger ernsthaft krank als die Generationen davor. Vor allem zwei Krankheiten sind bei den Jungen auf dem Vormarsch.
Von den besseren Lebensbedingungen, dem medizinischen Fortschritt und dem Wissen, wie man gesund lebt, profitieren vor allem ältere Menschen. Das stellte eine Forschergruppe der Medizinsoziologie an der Medizinischen Hochschule Hannover fest.
Für die Übersichtsarbeit wertenden die Forschenden um Prof. Dr. Siegfried Geyer, Leiter der Medizinischen Soziologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), aus, wie sich der Gesundheitszustand unterschiedlicher Altersgruppen in der Bevölkerung entwickelte.
Die Medizinsoziologen kamen zu überraschenden Ergebnissen.
Ältere: bessere Gesundheit und längeres Leben
Von Morbiditätskompression sprechen die Fachleute, wenn Krankheiten oder Behinderung seltener oder im Lebensverlauf später auftreten. Bei einer Morbiditätsexpansion hingegen treten Erkrankung oder Behinderung häufiger oder im Laufe des Lebens früher auf. Ist das so, geht gesunde Lebenszeit verloren.
Wer heute in Rente geht, bzw. bis in die 1950er und 1960er Jahren geboren wurde, hat statistisch gesehen weitaus mehr Lebensjahre vor sich als seine Großeltern. Die ältere Generation profitiert von weniger schwerer körperlicher Arbeit, besserer Ernährung, besserer medizinischer Versorgung und mehr Gesundheitsbewusstsein seit dem zweiten Weltkrieg.
- Alle Arten von Herzkreislauferkrankungen nahmen ab oder verschoben sich in ein höheres Lebensalter.
- Das gleiche gilt für Schlaganfälle und Lungenkrebs, primär bei Männern.
- Auch demenzielle Erkrankungen treten in der Altersgruppe seltener oder später auf.
Es fand bei dieser Generation also eine deutliche Morbiditätskompression statt.
Jüngere haben schon früh Adipositas und Diabetes Typ 2
Zu den Erkrankungen, die über alle Altersgruppen hinweg zunahm, gehört Diabetes mellitus Typ 2. Hier stellten die Wissenschaftler also eine Morbiditätsexpansion fest. Besorgniserregend ist, dass die Erkrankung immer häufiger schon im frühen Erwachsenenalter auftritt. „Das ist mit einer verlängerten Erkrankungsdauer und einem erhöhten Risiko für Komorbiditäten verbunden“, stellt Prof. Geyer fest. Das zeige sich bereits in den Altersgruppen der 18- bis 45-Jährigen. Alarmierend ist auch die Entwicklung von Adipositas in jungen Lebensjahren. Der Anteil adipöser Menschen im Alter zwischen 25 und 55 Jahren hat sich zwischen 2004 und 2020 von 12,7 auf 23,4 % fast verdoppelt.
Die jungen Kranken als Gefahr für die Sozialsysteme
„Die heute ältere Generation ist wesentlich gesünder als die Generation ihrer Eltern und Großeltern. Diese positive Entwicklung setzt sich aber bei den später Geborenen nicht fort“, fasst Prof. Geyer die Ergebnisse der Übersichtsarbeit zusammen. Der schlechtere Gesundheitszustand gehe zudem einher mit einer Verkleinerung der Gruppe jüngerer Menschen. Dies könne enorme Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme und die Wirtschaft haben. „Die Krankheitsfälle werden zukünftig zunehmen und die Gesundheitskosten steigen“, befürchtet der Medizinsoziologe.
Sitzen und Kalorien: die neuen Risiken
Früher galten hauptsächlich körperliche Belastungen und Schadstoffexpositionen als Gesundheitsrisiko. Heute hingegen ergeben sich Risiken aus überwiegend sitzender Tätigkeit. Prof. Geyer: „Wir bewegen uns zu wenig. Es bedarf dringend präventiver Maßnahmen am Arbeitsplatz.“ Und auch bei der Ernährung läuft vieles falsch: Während der notwendige Kalorienbedarf über die Jahre gesunken ist, ist die Zufuhr an Kalorien ständig gestiegen.
Einen Fachbeitrag über die Studie aus Hannover finden Sie hier.
Quelle: Medizinische Hochschule Hannover (über idw)