Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Praxisübergabe

Zahnärztinnen oder Zahnärzte, die ihre Zahnarztpraxis an die nachfolgende Generation übertragen möchten, haben häufig den Wunsch, die Praxis nicht komplett unentgeltlich zu übertragen, sondern gegen die Zahlung eines Entgelts abzugeben, der deutlich unter dem Verkehrswert der Praxis liegt. Diese Überlegung trägt einerseits der wirtschaftlichen Absicherung des Praxisübergebers Rechnung und ermöglicht andererseits der nachfolgenden Generation die Praxisfortführung ohne eine große wirtschaftliche Belastung, die mit der Zahlung des Verkehrswerts einer Zahnarztpraxis regelmäßig verbunden ist.

Eine solche teilentgeltliche Veräußerung einer Praxis kann auch bedeutende steuerliche Vorteile mit sich bringen. Am besten kann das in einem Beispiel illustriert werden.

Nehmen wir an, ein 70-jähriger niedergelassener Zahnarzt möchte seine Zahnarztpraxis an seinen approbierten Sohn übertragen. Der Verkehrswert der betreffenden Praxis soll 1 Million € betragen. Die Buchwerte der betrieblichen Wirtschaftsgüter der Praxis sollen insgesamt 300.000 € und das steuerliche Kapitalkonto der Zahnarztpraxis 200.000 € betragen. Das betreffende Kapitalkonto wird ermittelt, indem von den Buchwerten der aktivierten Wirtschaftsgüter betriebliche Verbindlichkeiten abgezogen werden.

Würde der Zahnarzt in unserem Beispiel seine Praxis komplett unentgeltlich an seinen Sohn übertragen, müssten die Buchwerte der betrieblichen Wirtschaftsgüter der Praxis nach § 6 Abs. 3 EStG zwingend fortgeführt werden. Eine Aufdeckung der stillen Reserven der übernommenen Praxis durch den Nachfolger ist ausgeschlossen. Würden die Beteiligten stattdessen vereinbaren, dass die Zahnarztpraxis gegen eine Zahlung von 200.000 € übernommen wird, müssten auch in diesem Fall die Buchwerte der Wirtschaftsgüter der Praxis fortgeführt werden, da der Veräußerungspreis für die Zahnarztpraxis hier genau dem steuerlichen Kapitalkonto entspricht. Einen solchen Fall behandelt die Finanzverwaltung als eine unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG. Hierdurch wird erreicht, dass bei dem übergebenden Zahnarzt kein Veräußerungsgewinn entsteht. Der Veräußerungsgewinn wird ermittelt, indem vom Veräußerungspreis der Buchwert der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter der Praxis sowie Veräußerungskosten (zum Beispiel Notar- oder Rechtsanwaltskosten) abgezogen werden. Sofern die Übertragung der Praxis, wie regelmäßig, mit Veräußerungskosten verbunden ist, kann der Veräußerungspreis der steuerlichen Kapitalkonto plus Veräußerungskosten entsprechen. Auch in diesem Fall wird die Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich sein.

Wesentlich interessanter sind die Fälle, in denen der Veräußerungspreis für eine Zahnarztpraxis zwischen dem steuerlichen Kapitalkonto und dem Verkehrswert der Praxis liegt. In unserem Beispielsfall wäre das der Fall, wenn der Veräußerungspreis, Veräußerungskosten nicht miteingerechnet, zwischen 200.001 € und 999.999 € betragen würde. In diesem Fall würde der Veräußerungspreis über dem Buchwert der Praxiswirtschaftsgüter liegen. Eine solche teilentgeltliche Veräußerung behandelt die Finanzverwaltung insgesamt als entgeltlich, d. h. die Veräußerung der Praxis wird nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt.

Bei einer teilentgeltlichen Veräußerung einer Praxis muss die Differenz zwischen dem Veräußerungspreis und dem steuerlichen Kapitalkonto der Praxis aktiviert werden. Hierzu müssten zuerst die gesamten stillen Reserven der betrieblichen Wirtschaftsgüter der Zahnarztpraxis ermittelt werden.

Angenommen die aktiven Wirtschaftsgüter der Zahnarztpraxis in unserem Beispielsfall würden zum Zeitpunkt der Praxisveräußerung wie folgt bilanziert:

Aktive Wirtschaftsgüter

 

Grundstück

100.000 €

Gebäude

50.000 €    

Medizinische Gerätschaften

100.000 €

Praxiseinrichtung

50.000 €

Summe

300.000 €

Die passiven Wirtschaftsgüter der Praxis würden zum gleichen Zeitpunkt wie folgt bilanziert:

 

Passive Wirtschaftsgüter

 

Betriebliches Darlehen

100.000 €

Kapital    

200.000 €

Wir unterstellen, dass die Teilwerte aller Wirtschaftsgüter der Zahnarztpraxis – diese sind nämlich bei der Veräußerung einer Praxis maßgeblich – insgesamt dem Verkehrswert der Praxis entsprechen und 1 Million € betragen würden. Damit würden die gesamten stillen Reserven der Wirtschaftsgüter der Zahnarztpraxis in unserem Beispiel 700.000 € (steuerliches Kapitalkonto bei Einsatz von Teilwerten in Höhe von 900.000 € ./. steuerliches Kapitalkonto bei dem Buchwertansatz in Höhe von 200.000 €) betragen.

Angenommen der Kaufpreis für die Praxis würde 400.000 € betragen. Der Veräußerungsgewinn des Zahnarztes in unserem Beispiel würde in diesem Fall 200.000 € (400.000 € Veräußerungspreis ./. 200.000 € steuerliches Kapitalkonto) betragen. Die stillen Reserven der Praxis müssten in diesem Fall in dem Verhältnis des Veräußerungspreises zu den gesamten stillen Reserven in Bezug auf die gesamten Wirtschaftsgüter der Praxis gleichmäßig aufgedeckt werden, d. h. 200.000 € zu 700.000 €, (2/7 oder abgerundet zu 28,57 %).

Damit wären die gesamten aufzudeckenden stillen Reserven in unserem Beispielsfall wie folgt verteilt:

Wirtschaftsgut der Praxis

100 % stille Reserven

2/7 stiller Reserven

Grundstück

300.000 €

85.714 €

Gebäude

100.000 €    

28.572 €

Medizinische Gerätschaften

150.000 €

42.857 €

Praxiseinrichtung

70.000 €

20.000 €

Firmenwert

80.000 €

22.857 €

Betriebliches Darlehen

0 €

0 €

Nach der Praxisübernahme müssten die aktiven Wirtschaftsgüter der Zahnarztpraxis nach der teilweisen Aufdeckung der stillen Reserven wie folgt bilanziert werden:

Aktive Wirtschaftsgüter

 

Grundstück

185.714 €

Gebäude

78.572 €

Medizinische Gerätschaften    

142.857 €

Praxiseinrichtung

70.000 €

Firmenwert

22.857 €

Summe

500.000

Die passiven Wirtschaftsgüter der Zahnarztpraxis wären nach der Übernahme wie folgt zu bilanzieren:

Passive Wirtschaftsgüter

 

Betriebliches Darlehen

100.000 €

Kapital    

400.000 €

Bei der Bilanzierung der betrieblichen Wirtschaftsgüter der Zahnarztpraxis nach der Übernahme muss auch der selbstgeschaffene Firmenwert nach § 5 Abs. 2 EStG bilanziert werden, da dieser teilentgeltlich erworben worden ist.

Damit offenbart der von uns gebildete Beispielsfall die Vorteile einer teilentgeltlichen Veräußerung. Bei dem Übernehmer der Zahnarztpraxis ist ein Abschreibungsvolumen in Höhe von 114.286 € (200.000 € Veräußerungsgewinn ./. stille Reserven in Höhe von 85.714 € für das Grundstück) geschaffen worden, das den Gewinn des Übernehmers in den künftigen Jahren aus dem Betrieb der Zahnarztpraxis erheblich mindern wird. Die aufgedeckten stillen Reserven in Höhe von 85.714 €, die auf das Grundstück entfallen, wirken sich zwar nicht unmittelbar auf den Gewinn des Praxisübernehmers durch eine Abschreibung aus, da Grund und Boden keiner regulären Abschreibung unterfällt. Allerdings wird sich der aktivierte Buchwert des Grundstücks bei der späteren Veräußerung der Praxis durch den Übernehmer auswirken, da der Buchwert des Grundstücks vom Praxisveräußerungspreis abgezogen wird und den Veräußerungsgewinns dadurch mindert.

Bei dem Praxisübergeber entsteht zwar durch den Veräußerungspreis in Höhe von 400.000 € ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 200.000 €. Allerdings wird dieser Veräußerungsgewinn in unserem Beispielsfall nach § 34 Abs. 3 Satz 1, 2 EStG ermäßigt besteuert. Nach dieser Regelung unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Betrieben, wie z. B. Zahnarztpraxen, als außerordentliche Einkünfte einem ermäßigten Steuersatz von 56% des persönlichen Steuersatzes des Praxisveräußerers, wenn dieser das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im Sinne des Sozialversicherungsrechts dauernd berufsunfähig ist. Wichtig ist, dass der ermäßigte Steuersatz des § 34 Abs. 3 Satz 1, 2 EStG nach § 34 Abs. 3 Satz 4 EStG nur einmal im Leben auf Antrag in Anspruch genommen werden kann. Sofern mehrere Praxen oder Teilbetriebe zu verschiedenen Zeitpunkten veräußert werden, sollte deshalb gut überlegt werden, für welche Veräußerung der ermäßigte Steuertarif des § 34 Abs. 3 EStG in Anspruch genommen wird.

Angenommen der laufende Gewinn des Praxisübergebers würde in unserem Beispielsfall im Jahr der Praxisveräußerung 300.000 € betragen. Dieser Gewinn müsste regulär nach dem Einkommensteuergesetz versteuert werden. Bei einem unterstellten durchschnittlichen Steuersatz des Praxisübergebers von 35 % würde der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG, der auf den Gewinn aus der Veräußerung der Zahnarztpraxis anzuwenden wäre, 56 % von 35 % und damit lediglich 19,6 % betragen. Die Einkommensteuer auf den Gewinn aus der Veräußerung der Zahnarztpraxis würde bei dem Praxisübergeber deshalb nur 39.200 € (19,6 % auf 200.000 €) betragen.

Bei einer regulären Versteuerung des Veräußerungsgewinns würde sich die Einkommensteuer darauf in unserem Beispielsfall hingegen auf 70.000 € (35 % auf 200.000 €) belaufen. Die steuerlichen Vorteile einer teilentgeltlichen Veräußerung sowohl für den Praxisübergeber als auch Praxisübernehmer liegen deshalb auf der Hand.

Selbstverständlich sollte eine teilentgeltliche Veräußerung nicht nur in Bezug auf die Einkommensteuer betrachtet werden, sondern auch alle anderen möglichen steuerlichen Auswirkungen sollten berücksichtigt werden. So kann bei einer teilentgeltlichen Veräußerung im Verhältnis zwischen dem Verkehrswert der Praxis und dem Veräußerungspreis eine Schenkungssteuer anfallen, sofern für die Praxisübergabe keine Steuerbefreiungen nach dem Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG), z. B nach §§ 13a, 13b ErbStG in Anspruch genommen werden können. Bei der Übertragung von Grundstücken kann die Grunderwerbsteuer anfallen, sofern keine Steuerbefreiungen nach dem Grunderwerbsteuergesetz greifen.

Für weitere mögliche Steuerarten, etwa für Umsatzbesteuerung nach dem Umsatzsteuergesetz bei nicht steuerbefreiten Tätigkeiten von Zahnärzten, sollte ebenfalls geprüft werden, ob eine Praxisveräußerung zu etwaigen Steuertatbeständen, z. B. zu einer Umsatzsteuerberichtigung, führen kann.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen
Dr. jur. Alex Janzen ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht sowie für Bank- und Kapitalmarktrecht in Düsseldorf. Er berät Unternehmen im Steuerrecht, Kapitalmarktrecht sowie im Medizinrecht, insbesondere in Fragen der Steueroptimierung, Besteuerung von Ärzten und Praxisgemeinschaften, Vertretung in Einspruchs- und Klageverfahren, in Fragen der Praxisfinanzierung sowie im ärztlichen und zahnärztlichen Honorarrecht.

info@rechtsanwalt-dr-janzen.de

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