Die Zahnarztpraxis als MVZ-GmbH – wie sinnvoll ist das?
D&W RedaktionImmer mehr Zahnärzte erwägen die Erweiterung ihrer Praxis mit Zweigniederlassungen oder Filialen. Die Gründung eines MVZ in Form einer GmbH ist eine Möglichkeit, eine umfassendere Unternehmensstruktur zu realisieren oder wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Rechtsanwalt Christian Erbacher und Wirtschaftsprüfer Felix Roth fassen die wichtigsten Aspekte zusammen.
Im Gesundheitswesen wächst der Bedarf nach effizienten Organisationsstrukturen stetig. Die aktuellen Zahlen und Fakten unterstreichen diese Relevanz. Laut Statistiken aus dem Jahr 2023 ist die Anzahl der MVZ in Deutschland kontinuierlich gestiegen. Dies verdeutlicht den anhaltenden Trend zur Etablierung größerer Versorgungseinheiten im Gesundheitswesen. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig und reichen von einer verbesserten Koordination der Patientenversorgung, bis hin zu wirtschaftlichen Vorteilen durch gemeinsame Ressourcennutzung und Spezialisierung.
In diesem Artikel beleuchten wir die Vor- und Nachteile einer MVZ-GmbH für Zahnarztpraxen genauer, um fundierte Einblicke in die Entscheidungsfindung für Zahnärzte zu bieten.
Dabei werden wir auf aktuelle Trends, regulatorische Rahmenbedingungen und die praktischen Aspekte eingehen, die bei der Gründung und Führung eines MVZ in Betracht gezogen werden sollten.
Rechtlicher Rahmen für die Gründung einer MVZ-GmbH
Ein MVZ kann als Personengesellschaft, als eingetragene Genossenschaft, als Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich-rechtlichen Rechtsform organisiert sein.
Für Zahnärzte, die allein Inhaber eines MVZ sein möchten, bietet sich die 1-Mann-MVZ-GmbH an.
Steuerliche Beurteilung der MVZ-GmbH
Eine MVZ-GmbH ist eine Kapitalgesellschaft und unterliegt der Körperschaftsteuer. Die Gewinne des MVZ werden auf Gesellschaftsebene besteuert. Der Körperschaftsteuersatz in Deutschland beträgt 15 %. Hinzu kommt die Gewerbesteuer, die je nach Standort des MVZ unterschiedlich hoch ist.
Exkurs: Die Gewerbesteuer wird von den Gemeinden erhoben; die Höhe richtet sich nach dem jeweiligen Hebesatz, der von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich ist.
Wenn die Gewinne der MVZ-GmbH vollständig an die oder den Gesellschafter ausgeschüttet werden, schneidet die GmbH betriebswirtschaftlich schlechter ab. Dies gilt allerdings nur dann, wenn tatsächlich alle Gewinne ausgeschüttet werden. Werden Gewinne nicht vollständig ausgeschüttet, sondern verbleiben – wie üblicherweise der Fall – auf dem Praxiskonto, ist die MVZ-GmbH in der Regel steuerlich günstiger als eine Einzel- oder Gemeinschaftspraxis.
Achtung Gewerbesteuer für Gemeinschaftspraxen: Rechtsprechung beachten
In der Rechtsprechung ist derzeit ein Aufweichen der Freiberuflichkeit zu beobachten:
In einem vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall wurde eine Gemeinschaftspraxis vollständig der Gewerbesteuer unterworfen. Dies deshalb, weil sich ein Zahnarzt der Gemeinschaftspraxis nicht bzw. nur in einem sehr geringen Umfang der Patientenbehandlung widmete, sondern organisatorische Aufgaben wahrgenommen hat. Im konkreten Fall hat dies zu einer gewerbesteuerlichen (Mehr-)Belastung in sechsstelliger Höhe geführt.
Risiko für Gewerbesteuer steigt mit zunehmender Bürokratisierung
Gerade in Zeiten der zunehmenden Bürokratisierung sinkt die Zeit der Patientenbehandlung der Zahnärzte, insbesondere der Praxisinhaber. Neben der Verwaltung und dem Personal hat sich der Praxisinhaber um unzählige weitere unternehmerische Dinge zu kümmern. Dadurch wird die Behandlungszeit denklogisch reduziert. Das Problem daran: Das Risiko der Gewerbesteuer wird erhöht.
Die Lösung kann hier eine MVZ-GmbH sein: Da eine GmbH per se der Gewerbesteuer unterliegt, existiert das oben beschrieben Risiko nicht.
Praxistipp für die Gründung einer MVZ-GmbH
Gerade auf Wachstum ausgelegte Praxen sollten darüber nachdenken, die Praxis als MVZ-GmbH zu führen. Häufig ist insbesondere die Gründung einer Zweigpraxis nicht mehr zeitgemäß und zulassungsrechtlich nur bedingt umsetzbar.
Zudem kann die MVZ-GmbH Vorteile bei der Praxisabgabe bieten, weil sich insbesondere flexible Arbeitszeitmodelle und Beteiligungen an der Praxis leichter umsetzen lassen.
Eine MVZ-Gründung ist ein umfangreicher Prozess, der eine enge Abstimmung von Rechtsanwalt und Steuerberater erfordert.
Unsere Autoren
*Christian Erbacher LL.M. ist Fachanwalt für Medizinrecht und Partner der Kanzlei Lyck+Pätzold.healthcare.recht. Er hält einen Master im Medizinrecht und ist Lehrbeauftragter an der Frankfurt University of Applied Sciences und der SRH Fernhochschule The Mobile University. Er berät v.a. niedergelassene Ärzte/Zahnärzte, Krankenhäuser, Healthcare-Unternehmen und Start-ups.
*Wirtschaftsprüfer Felix Roth MSc ist Geschäftsführer der Erbacher, Lyck + Pätzold Steuerberatungsgesellschaft mbH. Er hält einen Master in Auditing der Frankfurt School of Finance & Management. Mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Wirtschaftsprüfung unterstützt er Mandanten der Healthcare-Branche in steuerlichen und wirtschaftlichen Fragestellungen.
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