Was bedeutet eigentlich „Quiet Quitting“?
Judith MeisterÜberstunden gehören im Gesundheitswesen zum guten Ton – oder nicht? Gerade jüngere Arbeitnehmer scheinen wenig Lust zu haben, mehr Zeit als nötig in ihren Job zu investieren. Für Zahnärzte kann das zum Problem werden.
Zaidleppelin hat einen Nerv getroffen. Ein junger Mann hat unter diesem Namen einen kurzen Clip auf der Videoplattform TikTok gepostet. Sein Thema: Quiet Quitting. Mehr als 3,5 Millionen Zuschauer haben das Video inzwischen gesehen – die meisten Kommentare sind positiv.
Etlichen Arbeitgebern dürfte das den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Denn im Wesentlichen sind die Aussagen ein Plädoyer für „Dienst nach Vorschrift“. Unaufgeregt verkündet zaidleppelin, was ihn an der Idee des Quiet Quitting überzeugt: „Du kündigst zwar nicht, aber du arbeitest auch nicht mehr, als dein Vertrag vorsieht.“ Arbeit sei nicht das Leben, der Wert eines Menschen definiere sich nicht über seine Produktivität.
Und was ist in Notfällen?
Sollte sich dieser Ansatz auch im Gesundheitswesen durchsetzen, bekommen Zahnarztpraxen, vor allem aber auch die Patienten, ein ernstes Problem. Denn in Zeiten von Pandemie und Fachkräftemangel gehören Überstunden – auch und gerade im Medizinbetrieb – bisher zum Tagesgeschäft.
Zwar haben viele Praxischefs inzwischen auch die Erfahrung gemacht, dass gerade die jüngere Generation („Gen Z“) nur wenig Drang verspürt, in der Arbeit aufzugehen oder gar ein Leben lang für denselben Chef zu arbeiten. Ohne engagierte Mitarbeiter lässt sich aber gerade in schwierigen Zeiten der Praxisbetrieb nur schwer bestreiten. Was also können Zahnärzte tun, um dem Trend des Quiet Quitting zu begegnen?
Kein Grund zur Panik
Wichtig ist es zunächst, das Phänomen nicht falsch zu verstehen. Es geht beim Quiet Quitting nicht darum, dem Arbeitgeber zu schaden oder Unmut über einen langweiligen Job zum Ausdruck zu bringen. Das Ziel des beschränkten Engagements ist es vielmehr, Stress zu vermeiden und ein Höchstmaß an Freizeit zu haben.
Anders als bei der sogenannten „inneren Kündigung“ ist das Personal also durchaus mit Freude bei der Sache. Es fehlt nur die Bereitschaft, mehr Zeit und Mühe in den Beruf zu stecken als unbedingt nötig.
Hinschauen und zuhören
Wer sich ein Team wünscht, das im Ernstfall trotzdem über sich hinauswächst, sollte daher in erster Linie auf ein gutes Betriebsklima achten – und seine Mitarbeiter wertschätzend behandeln. Lob und Anerkennung für gute Leistungen müssen ebenso selbstverständlich sein wie eine regelmäßige kritische Überprüfung der Arbeitsbedingungen. Praxischefs, die ihrem Team das Gefühl geben, dass es gesehen wird, verleihen der Arbeit damit etwas Sinnstiftendes. Im Gegensatz dazu kann der Eindruck, nur ein kleines Rädchen im Getriebe zu sein, die Tendenz zum Quiet Quitting noch verstärken.
Auch ein klug gestalteter Dienstplan, eine attraktive Überstundenvergütung oder zusätzliche Urlaubstage für geleistete Mehrarbeit können die Motivation der Mitarbeiter erhöhen. Denkbar ist es auch, dem Stresslevel in der Belegschaft mit bestimmten Benefits entgegenzuwirken – zum Beispiel über eine vom Chef gesponserte Mitgliedschaft im Fitness- oder Yoga-Studio.