Diese 5 Punkte sollten Zahnärzte beachten, wenn sie ein Praxislabor gründen wollen
D&W RedaktionZahnersatz mit CAD/CAM-Technologie in der eigenen Praxis herzustellen, bietet Zahnärzten durchaus Vorteile. Rechtsanwältin Katharina Lieben-Obholzer* erklärt, worauf bei der Gründung eines Praxislabors rechtlich und steuerlich zu achten ist.
Vorteile eines Praxislabors für Zahnärzte
„Dank CAD/CAM braucht es nicht mehr unbedingt ein Fremdlabor, Daten können in der Praxis verbleiben und die Rentabilität der Praxis verbessert sich in der Regel. Ein Eigenlabor zu gründen, kann eine Option sein“, erklärt Katharina Lieben-Obholzer. Sie berät in ihrer Kanzlei Zahnärzte zur rechtlichen Gestaltung und Wirtschaftlichkeitsberechnung rund um CAD/CAM.
In diesem Beitrag klärt sie die fünf wichtigsten Punkte rund um die Gründung eines Praxislabors.
1. Dürfen Zahnärzte ein Praxislabor führen?
Zahnärzte sind in der Regel berechtigt, ein zahnärztliches Eigenlabor in ihrer Praxis zu betreiben oder sich an einem gemeinschaftlichen zahntechnischen Labor mehrerer Zahnarztpraxen zu beteiligen (§ 11 Musterberufsordnung Zahnärzte MBO-2). Das Berufsbild des Zahnarztes beinhaltet auch die Herstellung von Zahnersatz. Genau diese Option wird jedoch teilweise wegen der neuen Approbationsordnung ZApprO 2019 und der Prüfungsschwerpunkte in Frage gestellt. Es wird darauf abgestellt, dass Zahnärzte, die nach der neuen Approbationsordnung ihre Approbation erhalten, keine hinreichenden Qualifikationen für die handwerksmäßige Herstellung zahntechnischer Produkte wie Zahnkronen, Inlays usw. mitbringen und damit auch nicht die Qualifikation für den Betrieb eines Praxislabors.
Rechtsaspekte bei der Gründung eines Eigenlabors
Durch die Einführung von Praxislaboren entstehen den gewerblichen Dentallaboren, die unter der Leitung eines Zahntechnikermeisters geführt werden, Konkurrenz. Gewerbliche Dentallabore werden nicht der Zahnarztpraxis zugerechnet und unterliegen der Handwerksordnung mit strengeren Zulassungsvoraussetzungen. Wenn immer mehr Zahnärzte ein Eigenlabor betreiben, ist möglicherweise zu erwarten, dass zukünftig Dentallabore dagegen vorgehen und sich dabei auf die nicht hinreichenden Qualifikation der Zahnärzte berufen könnten.
2. Können sich Zahnarztpraxen für die Gründung eines Praxislabors zusammenschließen?
Wenn die Investition in eine CAD/CAM-Technologie für eine Praxis zu hoch ist, besteht die Möglichkeit, eine Praxislaborgemeinschaft zu gründen. Dabei ist zu beachten, dass die Praxislaborgemeinschaft Leistungen nur für die in der Laborgemeinschaft zusammengeschlossenen Zahnarztpraxen erbringen darf. Die erbrachten Leistungen dürfen nur durch den beauftragenden Zahnarzt abgerechnet werden und nicht durch die Laborgemeinschaft. Auch muss eine engmaschige Kontrolle durch den Zahnarzt, für dessen Patienten die zahntechnische Leistung erbracht wird, gewährleistet sein.
Achtung: Laborleistungen an Dritte sind nicht möglich. Denn bei der Erbringung von Leistungen an Dritte würde eine gewerbliche Tätigkeit vorliegen. Dies wäre nur in einem Handwerksbetrieb möglich.
3. Darf der Zahnarzt in seinem Eigenlabor einen Zahntechniker anstellen?
Ist eine Anstellung eines Zahntechnikers durch den Zahnarzt in seiner Praxis geplant, hat der Zahnarzt den Zahntechniker permanent und engmaschig zu überwachen und anzuleiten, da ansonsten die Tätigkeit des Zahntechnikers nicht als zahnärztliche Tätigkeit qualifiziert werden kann. Kann die Überwachung und Anleitung im Praxisbetrieb nicht gewährleistet werden, liegt im Eigenlabor die Ausübung eines Zahntechnikerhandwerkes vor. Dann wird ein Zahntechnikermeister erforderlich, der entweder selbst die Arbeiten im Eigenlabor ausführt oder diese permanent überwacht und anleitet.
Muss es ein Zahntechnikermeister sein?
Auch ist zu prüfen, ob eventuell ein sogenannter Ausnahmetatbestand vorliegen könnte: Dann würde die oben genannte Meistererfordernis samt der handwerksrechtlichen Überwachungspflichten nicht gelten.
Für einen Ausnahmetatbestand müsste mindestens einer der drei Ausnahmefälle vorliegen:
Ausnahmefall 1: Ausnahmebewilligung erlaubt Eintrag in der Handwerksordnung
Der Zahnarzt wird aufgrund einer Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO mit dem Zahntechnikerhandwerk in der Handwerksordnung eingetragen, obwohl er die Meisterprüfung nicht abgelegt hat.
Die erfolgreich abgelegte zahnärztliche Prüfung könnte die von § 8 Abs. 1 Handwerksordnung (HwO) verlangten Nachweis meistergleicher Kenntnisse und Fähigkeiten dokumentieren. Die Tätigkeit im Praxislabor unterliegt dann aber konsequenterweise auch den strengen Anforderungen der Meisterpräsenz: Wenn der Zahnarzt eine Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO besitzt und deshalb einem Zahntechnikmeister gleichsteht, muss er als „Meister“ die aus der strengen Meisterpräsenz abgeleiteten permanenten Kontroll- und Anleitungspflichten erfüllen.
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Vorteile der CAD/CAM-Technologie für Zahnarztlabore
Die CAD/CAM-Technologie ermöglicht eine schnelle und präzise Herstellung von Zahnersatz in der Praxis, was die Rentabilität erhöht, indem externe Laborgebühren vermieden werden.
Ausnahmefall 2: Das Praxislabor ist ein bloßer handwerklicher Hilfsbetrieb der Zahnarztpraxis (nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 HwO)
Für den Hilfsbetrieb könnte sprechen, dass ein zahnärztliches Eigenlabor den wirtschaftlichen Zweck der Praxis fördert und über keinen unmittelbaren Kundenkontakt verfügt, sofern sich die Tätigkeit auf die eigene Praxis beschränkt.
Dagegen könnte sprechen, dass im Eigenlabor ein zulassungspflichtiges Handwerk (Zahnersatzherstellung) ausgeübt wird, weil die Weitergabe von handwerklichen Arbeiten und Produkten im Wesen unverändert an die Patienten des Hausbetriebes sowie an die Zahnarztpraxis erfolgt. Hierdurch könnte der Betriebsteil nicht mehr als meisterfreier Hilfsbetrieb angesehen werden.
Die in einem Labor – egal ob in einem externen gewerblichen Labor oder in einem Eigenlabor – hergestellten zahntechnischen Produkte werden vom Zahnarzt im Wesentlichen unverändert in den Mund des Patienten eingefügt. Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung kann in einem gewerblichen Dentallabor ein Meister verlangt werden und im Eigenlabor/Praxislabor hingegen nicht. Die Rechtslage dazu ist noch nicht abschließend geklärt.
Ausnahmefall 3: Das Praxislabor ist ein bloßer unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb der Zahnarztpraxis (nach § 3 Abs. 1 und 2 HwO)
„Bloße Unerheblichkeit des Eigenlabors“ setzt nach § 3 Abs. 2 HwO voraus, dass die Jahresarbeitszeit im Eigenlabor die durchschnittliche Jahresarbeitszeit eines gewerblichen Ein-Mann-Dentallabors nicht übersteigt. Beschäftigt der Zahnarzt in seinem Praxislabor eine Vollzeitkraft oder mehrere Teilzeitkräfte im Gesamtumfang einer Vollzeitkraft, ist diese Grenze des § 3 Abs. 2 HwO nach überwiegender Auffassung überschritten. In der Regel wird bei einem Praxislabor die Grenze der Unerheblichkeit bei Einzelpraxen nicht überschritten.
4. Darf der Zahnarzt Gewinne durch ein Praxislabor generieren?
Eine weitere Frage, die immer wieder aufkommt: Darf ein angemessener Gewinnanteil durch den Zahnarzt abgerechnet werden? Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 17.03.2022 (Aktenzeichen: 6 U 51/21) entschieden, dass Zahnärzte, die zahntechnische Leistungen in einem Eigenlabor erbringen, nach § 9 Abs. 1 Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) einen angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteil abrechnen können. In dem Urteil bezieht sich der Sachverhalt darauf, dass der Zahnarzt als Unternehmer auf eigene Verantwortung und Risiko den Zahnersatz mit eigenen Geräten und Angestellten herstellt. Der Zahnarzt ist nicht verpflichtet, kostenfrei zu arbeiten. Anderenfalls würde nämlich ein Verlust beim Betrieb des eigenen Praxislabors entstehen. Der Zahnarzt, der über ein Eigenlabor verfügt, würde schlechter stehen als der Kollege, der mit einem Fremdlabor zusammenarbeitet. Dies ist nicht Sinn und Zweck der Vorschrift § 9 GOZ.
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5. Umsatzsteuer im Praxislabor
Die Umsatzsteuer im Praxislabor erfordert eine enge Abstimmung zwischen dem Zahnarzt und dem steuerlichen Berater. In vielen Zahnarztpraxen spielt die Umsatzsteuer zwar keine Rolle, denn zahnärztliche Heilbehandlungen nach § 4 Nr. 14 UStG sind umsatzsteuerfrei. Aber von der Umsatzsteuerbefreiung des 4 Nr. 14 UStG explizit ausgenommen ist die Lieferung bzw. Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten, wenn diese im Eigenlabor der Zahnarztpraxis hergestellt wurden. Die im Eigenlabor erstellte Zahnprothetik unterliegt dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Die Nutzung der intraoralen Kamera für diagnostische Zwecke ist hingegen als Teil der Heilbehandlung umsatzsteuerbefreit.
Welche Leistungen des Zahnarztes sind umsatzsteuerpflichtig?
Die Heilbehandlungen des Zahnarztes sind von der Umsatzsteuer befreit. Aber auch Implantate, nicht individuell hergestellte künstliche Zahnwurzeln, auf welche Zahnersatz angebracht wird, sind umsatzsteuerlich als Bestandteil der chirurgischen Leistung zu werten, welche umsatzsteuerbefreit ist. Die zahntechnischen Leistungen im Eigenlabor des Zahnarztes sind jedoch umsatzsteuerpflichtig.
Die Umsatzsteuer von 7 % im Eigenlabor greift bei:
Herstellung von Zahnprothesen, Brücken, Kronen, individuell hergestellte Provisorien, Inlays, Onlays, Veneers, Funktionslöffel, Modelle, Bissschablonen und -wälle, sofern in Zusammenhang mit Zahnprothetik
CEREC-Verfahren, z. B. Brücken, Kronen, Inlays, Onlays, Veneers (Dokumentation wichtig, um z. B. medizinische und diagnostische Zwecke von der Keramikherstellung abgrenzen zu können.)
Ausgeschlossen von der Umsatzsteuer-Ermäßigung:
Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen, anderen Waren der Zahnprothetik und kieferorthopädische Apparate (z. B. Zahnspangen) und Vorrichtungen die der Fehlbildung entgegenwirken sollen.
Materialbeistellung, z. B. Gold
Die Umsatzsteuer von 19 % im Eigenlabor greift:
Für nicht medizinisch notwendige Maßnahmen, wie z.B.:
Bleaching
Zahnschmuck anbringen
Anbringung von Veneers, die lediglich aus kosmetischen und nicht therapeutischen Gründen erfolgen
Verkauf von Zahnpflegeprodukten
Überlassung von Geräten an andere Zahnärzte
Verkauf von Geräten aus dem Anlagevermögen
Von diesen Regeln ausgenommen sind die sogenannten Kleinunternehmer. Die Kleinunternehmer-Regelung besagt vereinfacht, dass man auf die Anwendung der Umsatzsteuer- und Vorsteuerregelungen verzichten kann, sofern die Summe aller umsatzsteuerpflichtigen Leistungen im Vorjahr weniger als 22.000 Euro und im laufenden Jahr voraussichtlich weniger als 50.000 Euro betragen. Der Zahnarzt kann auf die Kleinunternehmerregelung verzichten und für die Umsatzsteuerpflicht optieren (Beachte: 5-Jahres-Bindung an die Entscheidung): Damit kann er die Chancen nutzen, die gezahlte Vorsteuer aus Eingangsrechnungen vom Finanzamt wiederzuholen.
Fazit für die Gründung eines Praxislabors
Die Einführung eines Eigenlabors in die eigene zahnärztliche Praxis ist bis zur Überschreitung der Unerheblichkeitsgrenze in der Regel unproblematisch. Wird ein Zahntechniker eingestellt, entsteht möglicherweise das Erfordernis eines Zahntechnikermeisters, sofern die oben genannten Ausnahmetatbestände nicht greifen sollten. Die Problematik der Umsatzsteuer sollte stets eng mit dem steuerlichen Berater abgestimmt werden.
Unsere Autorin:
*Katharina Lieben-Obholzer ist Rechtsanwältin und Gründerin der Kanzlei KMW. Sie ist zudem zertifizierte Datenschutzbeauftragte (TÜV Süd). Die Kanzlei berät in allen medizin- und steuerrechtlichen Angelegenheiten. Schwerpunkte von Frau Lieben-Obholzer sind das Vertrags(zahn)arztrecht, Kooperationen im Gesundheitswesen/Gesellschaftsrecht, die Sanierungsberatung, Praxis- und Unternehmensübertragung, Berufs- und Approbationsrecht sowie das Steuerrecht. www.medizinrecht-aerzte.com, info@medizinrecht-aerzte.com