Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
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Seit Längerem schon spielte Sarah Keßler mit dem Gedanken, sich als Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde niederzulassen. In der Klinik war es für die angestellte Ärztin immer schwieriger geworden, Berufliches und Privates unter einen Hut zu bringen. Trotz einer Teilzeitstelle gingen 24-Stunden-Dienste und Überstunden regelmäßig zulasten der Familienzeit. Ihrer Kollegin Johanna-Maria Regener erging es ähnlich. Auch sie wünschte sich, als Ärztin praktizieren und gleichzeitig ihre Arbeitszeit besser auf die beiden Kinder und die Familie abstimmen zu können.

Beiden Frauen war klar: Sie waren an einem Wendepunkt für ihr berufliches und privates Leben angelangt. Der Entschluss fiel nicht schwer: Gemeinsam wollten sie mit einer Jobsharing-BAG den Weg in die Selbstständigkeit wagen. Von der ersten vagen Idee bis zur Eröffnung der gemeinsamen HNO-Praxis Anfang 2023 in der Karlsruher Innenstadt dauerte es nicht einmal ein Jahr. Was den beiden Frauen vor allem eine Hilfe war: Zuverlässige und erfahrene Partnerinnen und Partner wie Steuerberater, Rechtsanwalt und Finanzberaterin an der Seite zu haben, die sie mit professioneller Beratung unterstützten, und natürlich der Rückhalt der Ehepartner und Familie.

Was genau ist eine Jobsharing-BAG?

Beim Jobsharing teilen sich zwei Ärztinnen oder Ärzte derselben Fachrichtung einen Kassenarztsitz. Die beiden nutzen Räume, Geräte und Personal gemeinsam. Als Kooperationsform eignet sich das Jobsharing zur Praxisübergabe. Eine weitere Motivation kann auch die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein.

Grundsätzlich gibt es beim Jobsharing zwei Kooperationsformen: die Jobsharing-Anstellung und die Jobsharing-Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). In einer Jobsharing-BAG sind alle beteiligten Ärzte gleichberechtigte Partner der Berufsausübungsgemeinschaft. Der Leistungsumfang einer Jobsharing-Praxis ist festgeschrieben, und zwar auf das, was die Praxis in der Vergangenheit abgerechnet hat. Eine Leistungsausweitung ist um maximal drei Prozent erlaubt. „Das ist der Wermutstropfen“, erklärt Manuela Gerau. „Der Umsatz einer Praxis lässt sich hinsichtlich der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung kaum steigern, da beide Vertragspartner verpflichtet sind, strikte Punktzahlobergrenzen einzuhalten. Das mindert zumindest in den ersten Jahren die finanzielle Attraktivität dieses Modells.“ Leistungen, die nicht unter die Budgetierung fallen und über die GOÄ abgerechnet werden können, sind davon nicht betroffen.

Immer häufiger suchen angestellte Ärztinnen und Ärzte einen Weg aus der Klinik. Die Jobsharing-BAG eignet sich für viele als Einstiegsmodell, um sich den Traum von einer eigenen Praxis zu erfüllen. In den meisten Fällen lässt sich Jobsharing gut mit der Familie vereinbaren und bietet zudem die Perspektive, nach einigen Jahren seine berufliche Tätigkeit problemlos auszubauen.

 Manuela Gerau, Beraterin db HealthCare

Die Vorteile einer Jobsharing-BAG auf einen Blick

  • Junge Ärztinnen und Ärzte haben die Möglichkeit, sich einen Kassenarztsitz zu teilen.

  • Sie profitieren von einer Arbeitsentlastung, familienfreundlichen Arbeitszeiten und einer verbesserten Work-Life-Balance.

  • Die Jobsharing-BAG ist ein Einstiegsmodell mit Perspektive. Wird ein Vertragsarztsitz frei, hat die Jobsharing-Partnerin oder der Jobsharing-Partner nach fünf Jahren Anspruch darauf, bevorzugt berücksichtigt zu werden. Nach zehn Jahren steht der Partnerin oder dem Partner automatisch eine eigene Vollzulassung zu.

Jobsharing-BAG: Erfahrungen und Tipps aus erster Hand

Ein Interview mit den Karlsruher HNO-Ärztinnen und Jobsharing-Partnerinnen Dr. Sarah Keßler und Dr. Johanna-Maria Regener.

Von der Idee zur Umsetzung einer eigenen Arztpraxis als Jobsharing-Modell ist es ein weiter Weg. Was waren Ihre ersten Schritte? Die Suche nach einer passenden Jobsharing-Partnerin oder nach einer geeigneten Praxis?

Sarah Keßler: Das ging Hand in Hand. Für mich stand schon seit Längerem fest, dass ich eine eigene Praxis gründen wollte. Daher hatte ich mich auf Praxisbörsen nach Ausschreibungen umgesehen. Dann kam ich mit Johanna ins Gespräch. Wir kannten uns aus der Klinik und verstanden uns auch privat gut. So entstand die Idee, sich gemeinsam mit einer Praxis selbstständig zu machen. Das Modell einer Jobsharing-BAG schien ideal zu unserer beruflichen und privaten Lebenssituation zu passen. Wir wünschten uns mehr berufliche Planbarkeit und eine bessere Work-Life-Balance.    

Johanna-Maria Regener: Gemeinsam intensivierten wir dann die Suche nach einer geeigneten Praxis. Über Mundpropaganda erfuhren wir von der Karlsruher HNO-Praxis. Der Praxisinhaber suchte schon seit Längerem nach einem Nachfolger. Wir nahmen umgehend Kontakt mit ihm auf und schlossen schließlich einen Übernahmevertrag. Parallel setzten wir unseren BAG-Vertrag auf und stellten die Finanzierung sicher. Dabei halfen uns ein Rechtsanwalt und Manuela Gerau, Beraterin bei der db HealthCare. Schließlich bewarb sich jede von uns für den Kassenarztsitz, allerdings unter der Prämisse, dass wir die Praxis gemeinsam führen wollten.

S. Keßler: Als feststand, dass ich die Kassenzulassung erhalte, zog Johanna ihre Bewerbung zurück und wurde Juniorpartnerin unserer Jobsharing-BAG. Eine Jobsharing-BAG besteht immer aus einem „Seniorpartner“, der den Kassensitz innehat, und einem „Juniorpartner“, der Ansprüche auf einen Kassensitz erwirbt. Im Praxisalltag sind beide Partner gleichberechtigt.

Was waren Ihre größten Herausforderungen bei der Gründung der Jobsharing-BAG?

J.-M. Regener: In der Planungs- und Gründungsphase mussten viele grundlegende Entscheidungen getroffen werden. Das war eine sehr herausfordernde Zeit für uns. Daher war es wichtig, Partner an unserer Seite zu haben, die Erfahrung mit einer Jobsharing-BAG hatten und die uns persönlich betreuten und berieten. Das galt vor allem für die Ausgestaltung des BAG-Vertrags und die Finanzierung.Gern hätten wir von Anfang an einen Mentor an der Seite gehabt. Denn für uns war fast alles Neuland: einen Businessplan erstellen, Förderanträge ausfüllen, eine Praxis einrichten. Wir mussten viel Zeit und Energie in die Gründung stecken. Fast jeder Schritt war für uns „Learning by Doing“. Zwar gibt es Mentoring-Programme für die Gründung von Hausarztpraxen, aber nicht für unsere Fachrichtung.

Wer trägt die Gründungskosten einer Jobsharing-BAG und was ist bei der Finanzierung zu beachten?

S. Keßler: Da wir gleichberechtigte Partnerinnen sind, teilen wir uns sämtliche Gründungskosten. Jede von uns hat mit db HealthCare einen individuellen Finanzierungsvertrag über die Hälfte des Kaufpreises abgeschlossen. Darüber hinaus bestehen gemeinsame Kreditverträge über den Investitionsbedarf in die Praxisausstattung, die Renovierung der Räumlichkeiten sowie die Digitalisierung der Praxis. Dabei war es uns wichtig, so flexibel wie möglich zu bleiben. Denn es ist extrem schwierig, den exakten Investitionsbedarf vorab zu kalkulieren.

J.-M. Regener: Für die Finanzierung ist es immer ratsam, mehrere Banken anzufragen und sich eine Zweitmeinung einzuholen. Wir haben sehr schnell die Erfahrung gemacht, dass sich die Bankhäuser in ihren Produkten und in ihrem Service deutlich unterscheiden. Uns war es vor allem wichtig, einen Finanzberater an der Seite zu haben, der erfahren mit Praxisgründungen ist und der schnell und zuverlässig reagiert. Wir wollten mit unseren Ideen und Wünschen ernst genommen werden. All das hat unsere Beraterin von db HealthCare eingelöst. Letztlich haben wir uns für eine Finanzierung entschieden, die unseren jeweiligen Anforderungen gerecht wird und mit der wir uns beide wohlfühlen.

Was bedeutet ein geteilter Kassensitz für den Praxisalltag?

J.-M. Regener: Wir teilen alles: die Räumlichkeiten, die Geräte, das Personal, die Arbeitszeit, aber auch das, was wir erwirtschaften, wird durch zwei geteilt. Gemeinsam haben wir uns verpflichtet, die Praxis für eine wöchentliche Sprechstundenzeit von 32 Stunden zu öffnen. All das ist im BAG-Vertrag festgehalten. Dort ist auch geregelt, was passiert, wenn eine von uns schwer krank wird oder aus der Praxis aussteigen möchte.

Das hört sich an wie ein Ehevertrag.

S. Keßler: Tatsächlich, es ist wie ein Ehevertrag. (Sie lacht.) Schließlich haben wir die Praxis – unseren beruflichen Lebensraum – auch gemeinsam eingerichtet. Das bedarf vieler gemeinsamer Entscheidungen wie in einer Ehe. Auch die organisatorischen Aufgaben haben wir unter uns aufgeteilt. Während ich mich um die Personalangelegenheiten wie Dienstpläne und die Zeiterfassung kümmere, ist Johanna für die Abrechnung und die IT zuständig.

Konnten Sie das Praxisteam übernehmen?

S. Keßler: Ja, es war für uns sehr wertvoll, mit einem eingespielten Team starten zu können. Insbesondere in den ersten Wochen war das eine große Entlastung. Die Praxismitarbeiterinnen kennen sich mit den Untersuchungsgeräten aus und verfügen über umfangreiche Erfahrungen in einer HNO-Praxis. Es macht uns viel Spaß, die Praxis mit einem so kompetenten Team weiterführen zu können.

Im Januar 2023 haben Sie Ihre eigene Praxis eröffnet. Wie war Ihr erster Arbeitstag?

S. Keßler: Sehr aufregend. Wir waren gespannt auf die Patienten und wie wir im Team zusammenarbeiten. Viele Patienten haben sich bei uns bedankt und gefreut, dass wir die Praxis weiterführen. Wir sind als Ärztinnen gut angenommen worden.

J.-M. Regener: Ich hatte mir vor allem Sorgen darum gemacht, ob die IT reibungslos funktioniert. Wir hatten die Infrastruktur von Grund auf neu aufbauen müssen. Inzwischen habe ich gelernt, dass IT-Ausfälle zum Praxisalltag dazugehören, und habe die nötige Erfahrung, um eine rasche Lösung herbeizuführen. All das ist ein Prozess.

Stand heute: Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Jobsharing-BAG? Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

J.-M. Regener: Eine Praxis zu führen, ist komplex. Ich empfinde es daher als sehr hilfreich, mich mit Sarah austauschen zu können und gemeinsam Lösungen zu finden. Manchmal sind wir unterschiedlicher Meinung. Dann kann es natürlich anstrengender sein. Aber das haben wir bislang immer ganz gut hinbekommen. Wir haben beide sehr ähnliche Vorstellungen, was die Patientenversorgung und den Verdienst betrifft. Wir waren uns von vornherein einig, welche Leistungen wir anbieten wollten und welche individuellen Gesundheitsleistungen unser Angebot ergänzen sollten. Zudem befinden wir uns beide in einer ähnlichen Lebenssituation. Wir sind beide Mütter und haben somit Verständnis dafür, wenn mal ein Kind krank wird. Überrascht hingegen hat uns der hohe Verwaltungsaufwand in der Praxis.

S. Keßler: Auch wenn wir in der Anfangsphase mehr als 25 Stunden arbeiten, können wir uns jetzt unsere Zeit freier einteilen. Das ist ein großer Vorteil. Für die Verwaltungsaufgaben können wir uns beispielsweise von zu Hause aus über einen Laptop in das Praxisnetz einwählen. Auch unsere Arbeitszeiten haben wir selbst festgelegt. Das ist sehr wertvoll. Es ist ein gutes Gefühl, seine eigene „Frau“ zu sein. Außerdem schätze ich es, meine eigenen Patienten zu haben, die mich immer wieder aufsuchen. So kann ich sie besser begleiten und verstehen. In der Klinik hingegen kommen die Patienten oftmals nur einmalig im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs. Es ist alles anonymer.

J.-M. Regener: Das geht mir genauso. Das Verhältnis zu den Patienten ist in der eigenen Praxis persönlicher. Zudem gibt es feste Sprechstundenzeiten. Das ermöglicht es mir, meine Woche besser planen zu können.

S. Keßler: Und wir haben jetzt freie Wochenenden. Das ist schön für die Familie und bedeutet für mich ein großes Stück Lebensqualität.

Was empfehlen Sie jungen Ärztinnen und Ärzten, die sich mit einer Jobsharing-BAG selbstständig machen möchten?

S. Keßler: Sie sollten sich gut auf die Selbstständigkeit vorbereiten, z. B. Praxisvertretungen machen. Dort erfährt man viel über den Betrieb einer Praxis und kann Kontakte zu Praxisinhabern knüpfen. Ein interessantes Konzept ist es außerdem, mit dem Praxisabgeber über einen gewissen Zeitraum in seiner Praxis zusammenzuarbeiten. Das ermöglicht einen besonders weichen Einstieg in die ambulante Patientenversorgung. Außerdem rate ich jedem, sich mit Fort- und Weiterbildungen auf die bevorstehende Niederlassung vorzubereiten. Wir haben uns beispielsweise schon während unserer Zeit in der Klinik zu dem Thema „psychosomatische Grundversorgung“ weitergebildet. Heute können wir unsere Patienten entsprechend versorgen und behandeln und die erbrachten Leistungen auch abrechnen. Wer gut vorbereitet ist, wird rasch die Vorzüge einer Selbstständigkeit erleben können. Mit den richtigen Beratern an der Seite kann ich es nur empfehlen!

Vielen Dank für den Einblick in Ihre Erfahrungen mit der Jobsharing-BAG und die wertvollen Tipps. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

 

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Quelle:

Deutsche Bank, db HealthCare-News,https://www.deutsche-bank.de/ms/healthcare/db-healthcare-news.html

Kathrin Kolbe

Kathrin Kolbe

Direktorin db HealthCare, Deutsche Bank
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