Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Vorsorge & Finanzen

Zahnarzt Maximilian Müller (45) ist Eigentümer einer überdurchschnittlich gut laufenden Praxis, in die er sehr viel Zeit, Arbeit und Engagement investiert. Mit seinem zu versteuernden Einkommen von durchschnittlich 300.000 Euro jährlich hat er einen guten Lebensstandard für sich und seine Familie aufgebaut. Er lebt in einem Einfamilienhaus, hat zwei Kinder, die wahrscheinlich in etwa acht Jahren studieren werden, seine Frau kümmert sich um die Familie und arbeitet auf Basis eines Mini-Jobs in der Praxis organisatorisch mit.

Wo ist Platz für die Vermögens- und Finanz-Fahrplan?

Diese beschriebene Situation ist konstruiert, beschreibt aber ein weitverbreitetes Phänomen. Der Praxis und dem Familienleben ist alle Aufmerksamkeit gewidmet. Der Zahnarzt oder die Zahnärztin haben
generell immer zu wenig Zeit für Privates, das über diese beiden Verpflichtungen hinausgeht.

Eine Finanz- oder Vermögensplanung empfinden sie meist als Belastung und schieben sie weit vor sich her. Geschätzte drei Prozent ihrer Zeit widmen Zahnmediziner ihren Finanzen. Sie fühlen sich in Finanzfragen oft nicht souverän und delegieren sie an ihren Steuerberater und Bankberater. Einen Finanz-Fahrplan gibt es in der Regel nicht.

Aktueller Fahrplan für Schulden, Vorsorge und Immobilien

Einmal jährlich verlangt die Bank von Herrn Müller eine Vermögensaufstellung. Die Verbindlichkeiten für sein Haus betragen noch über 757.000 Euro, welche er unter anderem mit einem Bausparvertrag
finanziert. Beim Praxisdarlehen liegt der Schuldenstand konstant bei 340.000 Euro, da er dieses Darlehen endfällig über eine Lebensversicherung anspart. Herr Müller geht davon aus, dass alle Darlehen zum 60. Lebensjahr zurückbezahlt sind.

Parallel will Herr Müller mehr in seine Altersvorsorge investieren, als nur Beiträge an das Versorgungswerk und in diverse Lebensversicherungen abzuführen. Er plant, nicht bis zum offiziellen Rentenalter auf dem aktuellen Belastungsniveau weiterzuarbeiten. Aktuell beschäftigt ihn der Gedanke, zusätzlich noch in eine Immobilie als Kapitalanlage zu investieren.

Sein Wunsch ist, noch vor dem regulären Ruhestand von den Früchten seiner Arbeit zu profitieren und sich seinen gewohnten Lebensstandard zu erhalten, um eben später auf nichts verzichten zu müssen.

Wenn er jährlich die Nachweise und Finanzstände seiner Policen bekommt, erscheinen ihm diese wenig rentabel und sinnvoll. Er ist verunsichert – reagiert aber in einem solchen Moment wie viele: Er legt die Papiere ab und spart fleißig weiter wie gehabt.

Nicht vorbereitet auf Veränderungen

Müllers gesamtes Engagement – das Versorgungswerk, Lebensversicherungen, Fondsparpläne und nun eventuell die Immobilie zur Vermietung – sind nur finanzierbar, wenn seine Praxiszahlen auf dem bisherigen Niveau bleiben. Was aber, wenn die Planzahlen nicht aufgehen, wenn eine Krankheit ihn zwingt, die Praxisleistung zu reduzieren, und die Finanzverträge ihre Prognosen am Ende nicht erfüllen? Was, wenn eine Zinswende die Darlehen am Ende der Zinsfestschreibung teurer machen?

Um diese Fragen in den Finanz-Fahrplan einbeziehen zu können, ist ein finanzielles Röntgenbild, welches das gesamte finanzielle Engagement von Herrn Müller abbildet und in die Zukunft simuliert, unumgänglich. Solch eine Röntgenbild zu erstellen, erfordert einen unabhängigen Finanzanalysten, der keine Produkte verkauft, sondern Beratung anbietet.

Röntgenbild auf die Einnahmen und Ausgaben

Ein unabhängiger Analyst geht wie folgt vor: Ziel ist es, die gesamte Einnahmen-und Ausgabensituation zu erfassen.

Einnahmen auflisten

Die Basis bildet auf der Einnahmenseite das letzte zu versteuernde Jahreseinkommen. Zu ermitteln ist der tatsächliche Cash-Flow einschließlich der Abschreibungen. Aus konstanten Praxisgewinnen kann der durchschnittliche Gewinn als Basis für die langfristige Liquiditätsentwicklung herangezogen und daraus auch die steuerliche Durchschnittsbelastung ermittelt werden.

Zur Einnahmenseite zählen überdies Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, Kapitaleinkünfte wie
Zinsen und Dividenden, das Kindergeld sowie Einnahmen des Partners.

Ausgaben notieren

Die Ausgabenseite ist im Gegenzug viel komplexer: Zins- und Tilgungsleistungen für das Immobilien- und Praxisdarlehen bilden mit den höchsten Liquiditätsabfluss, gefolgt von den Beiträgen für diverse
Altersvorsorge- und Sparverträge. Der Beitrag für das Versorgungswerk, die private Krankenversicherung und diverse Risikoabsicherungen für das Haus und die Familie sind weitere Ausgabenpositionen.

Bei den Lebenshaltungskosten sollten neben den Ausgaben rund um das Haus, Lebensmittel und Kleidung nicht die Ausgaben für den jährlichen Urlaub, Hobby und Freizeitgestaltung vergessen werden.

Simulieren unterschiedlicher Szenarien im Finanz-Fahrplan

Diese Einnahmen und Ausgaben kann ein kompetenter Finanzplaner auf die gesamte Zeitachse bis zur Rente und darüber hinaus simulieren. Er errechnet, welche freie Liquidität nach allen Ausgaben langfristig
zur Verfügung steht. Auch künftige Sonderausgaben, wie Studienkosten der Kinder fließen mit in die Planung ein. Anhand dieser Planung kann der Finanzplaner zudem erkennen, ob sich sein Kunde zusätzlich eine Immobilie als Kapitalanlage überhaupt leisten kann.

Und so bekommt der Zahnarzt oder die Zahnärztin die notwendige Sicherheit für zukünftige Entscheidungen und können diese bewusst treffen.

Röntgenbild auf das Vermögen und die Verbindlichkeiten

Immobilien

Die Vermögenswerte setzen sich zum einen aus den Verkehrswerten von Immobilien zusammen. Ein unabhängiger Analyst bleibt in der Bewertung realistischer als der Eigentümer, der vielleicht doch der Versuchung erliegt, seine Vermögenssituation schönzurechnen. Auch eine Wertsteigerung einer eigengenutzten Immobilie anzunehmen, sollte der Anleger eher vermeiden.

Lebens- und Rentenversicherungen

Im nächsten Schritt gilt es, alle Rückkaufswerte von privaten Lebens- und Rentenversicherungen zu erfassen, die entweder zur Finanzierung oder Altersvorsorge dienen. Diese lassen sich direkt bei den Gesellschaften erfragen.

Kapitalvermögen

Bankguthaben, Wertpapierdepots, Bausparverträge und sonstige Kapitalwerte, die über eine Verzinsung und Renditeentwicklung verfügen, sollten unter dem Bereich Kapitalvermögen erfasst werden.

Praxiswert

Der geschätzte Praxiswert setzt sich aus den materiellen und immateriellen Werten zusammen. Auch hier rechnet der Finanzanalyst eher mit moderaten und realistischen Zahlen. Ein grober Maßstab ist der durchschnittliche Gewinn, der mit 70 bis 80 % für den immateriellen Wert als Bemessung dient. Den materiellen Wert liefert das Inventarverzeichnis.

Verbindlichkeiten

Die Verbindlichkeiten teilen sich in drei Kategorien auf: in Immobiliendarlehen von eigengenutzten und fremdvermieteten Objekten sowie in Betriebs- bzw. Praxisdarlehen. Sonstige Darlehen sind in der Regel private Verbindlichkeiten. Wichtig ist es, zu unterscheiden, welche Darlehen steuerlich verwertbar sind und bei welchen die Zinsen absetzbar sind.

Für den Finanz-Fahrplan die gesamte Zeitachse im Blick behalten

Entscheidend ist hier, dass man die Entwicklung der Vermögenswerte und der Verbindlichkeiten auf die gesamte Zeitachse simuliert und somit erkennt, wann der Zahnarzt z. B. frühestens entschuldet ist und welche Vermögenswerte zum Rentenbeginn realistisch sind. Nicht zu unterschätzen ist dabei die Inflation, die Einfluss auf die Entwicklung der Vermögenswerte nimmt. Denn am Ende ist das Realvermögen unter Berücksichtigung der Inflation für die Planung entscheidend.

Gesamtrechnung als Basis für den Finanz-Fahrplan

Erst wenn die vorliegenden Werte auf den gesamten Planungszeitraum hochgerechnet werden, lassen sich die Auswirkungen aller zusammenhängenden Zahlungsströme erkennen und analysieren.

Entscheidend ist einerseits, die tatsächliche Liquidität, die nach Abzug aller Ausgaben zur Verfügung steht, und andererseits, wann die Schuldenfreiheit und finanzielle Unabhängigkeit eintreten.

Festzuhalten ist hierbei, dass eine Investition in eine fremdvermietete Immobilie die Liquidität deutlich strapaziert – und ein möglicher Umsatzrückgang zu einem großen Risiko werden kann. Nur mit einer strategischen Finanzplanung sind solche Erkenntnisse und Entscheidungen möglich. Ruhestandsplanung verlangt nach Sicherheit.

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(c) Davor Horvat

Unser Autor:
* Davor Horvat ist Gründer und Vorstand der Honorarfinanz AG. Als Finanzfachwirt (FH) ist er seit 1995 in der Finanzbranche tätig und berät Kunden als unabhängiger Honorarberater. Er ist Autor des Buches „Finanzprophylaxe – Finanzstrategie für Zahnärzte“. www.honorarfinanz-ag.de