Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Persönliche Vorsorge
Inhaltsverzeichnis

Fast jeder Zahnarzt hat sie: eine Lebens- oder Rentenversicherung für die Altersvorsorge. Und das, obwohl die Rendite weit hinter dem zurückbleibt, was der Vermittler beim Abschluss vorgerechnet hat. Schuld daran sind hohe Abschlusskosten und schlechte Anlagerenditen. Etwa die Hälfte der Verträge werden vorzeitig beendet. Doch bei vorzeitiger Kündigung gibt es nur den Rückkaufswert und dieser liegt oft unter den einbezahlten Beiträgen. Mehr Geld kann es geben, wenn man den Vertrag widerruft und die Rückabwicklung des Vertrags beantragt.

Einmal im Jahr kommt Post von der Lebens- bzw. Rentenversicherung mit der Mitteilung des aktuellen Standes vom Vertrag. Neben den prognostizierten Hochrechnungen und Ablaufleistungen zum Vertragsende wird auch über den Rückkaufswert bei vorzeitiger Kündigung informiert. Dieser entspricht in der Regel dem Vertragsstand, wenn man auf sein Geld jetzt zugreifen würde und den Vertrag auflöst. Die Enttäuschung ist allerdings durchgehend hoch. Denn kaum ein Vertrag ist stark im Plus. Die meisten haben noch nicht einmal die einbezahlten Beiträge erwirtschaftet und das nach vielen Jahren.

Warum Lebensversicherungen oft im Minus sind

Aber warum ist das so?

  • Hohe Abschluss- und Verwaltungskosten, die nicht selten 20 bis 30 Prozent ausmachen, wirken sich direkt auf den Vertragswert aus

  • schlechte Gesamtrenditen, denn die Versicherer investieren zu viel Geld in sichere Anleihen und Zinspapiere

  • oder der Versicherer setzt häufig teure, hauseigene Fonds und Finanzprodukte ein

Auch die Aufsichtsbehörde BaFin ist inzwischen auf das Problem aufmerksam geworden und untersucht gerade die Kosten von fondsgebundenen Versicherungen. Dabei hat sich herausgestellt, dass einige Versicherungen so hohe Kosten hatten,dass die Kunden von Anfang an keine Chance hatten, eine positive Rendite zu erzielen –trotz der versprochenen Steuervorteile.

Urteil: Ewiges Widerrufsrecht für Versicherungskunden

Vor 10 Jahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) dann ein bahnbrechendes Urteil gesprochen. Dieses Urteil gewährt zahlreichen Versicherungskunden ein „ewiges Widerrufsrecht“.Das bedeutet, Versicherungen können noch viele Jahre nach Abschluss widerrufen und dann rückabgewickelt werden, weil die Versicherer bestimmte gesetzliche Vorschriften nicht eingehalten haben.

Der Clou: Auch Versicherungen, die bereits gekündigt oder regulär ausgelaufen sind, können unter Umstände viele Jahre später noch rückabgewickelt werden. Eine Rückabwicklung ist in der Regel finanziell immer vorteilhafter als eine Kündigung, denn Sie erhalten in vielen Fällen die Abschluss- und Verwaltungskosten zurück sowie ggf. eine sogenannte Nutzungsentschädigung.

Welche Versicherungsverträge können widerrufen werden?

Bei Vertragsabschlüssen zwischen dem 29.April 1994 und dem 31. Dezember 2007 gab es statt einer Widerrufsmöglichkeit ein Widerspruchs- und Rücktrittsrecht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte mehrfach für diese Altverträge entschieden,dass Lebensversicherungskunden noch Jahre später ihre Verträge rückabwickeln können, da die Versicherungen damals gar nicht oder fehlerhaft über diese Rechte belehrt hatte Diese Möglichkeit, den Vertrag rückabwickeln zu lassen, wird auch„Widerrufsjoker“ genannt. Eine Rückabwicklung kann sich also lohnen, denn bei einem Widerspruch muss der Versicherer regelmäßig wesentlich mehr zurückzahlen als im Fall einer Kündigung und der Versicherte profitiert von folgenden Punkten:

  • er/sie kann zwischen 10 und 80% mehr Geld aus der Versicherung erhalten

  • er/sie kann eventuell aus einer unkündbaren Rürup-Rente herauskommen

  • er/sie kann bei gekündigten Verträgen einen „Nachschlag“ bekommen.

Aktuelles Beispiel: Im folgenden realen Fall wurden Beiträge in eine Rentenversicherung, die im Jahr 2006 abgeschlossen wurde,in Höhe von 67.200 Euro einbezahlt. Der Zahnarzt kündigte diesen Vertrag zu einem Rückkaufswert von 54.800 Euro, welchen ihm die Gesellschaft ausbezahlen wollte. Da die Widerrufsbelehrung im Vertrag fehlerhaft war, konnte der Versicherungsnehmer den Vertrag widerrufen und rückabwickeln. Die Gesellschaft musste dem Zahnarzt 0.600 Euro nachträglich überweisen und somit bekam er am Ende durch den Widerspruch 75.400 Euro aus dem Vertrag ausbezahlt.

© Honorarfinanz

Bedeutung für Rürup-Rente

Besonders interessant kann der „Widerrufsjoker“ für Basisrenten („RürupRenten“) sein. Rürup-Renten werden oft mit dem Versprechen hoher Steuervorteile verkauft. Doch Rürup-Renten sind sehr teure und extrem unflexible Finanzprodukte. Nicht selten versickern 15 bis 40 Prozent der Beiträge als Kosten.

Basisrente mit BU-Versicherung kombinieren: Die Nachteile

Oft werden Basisrenten mit Berufsunfähigkeitsversicherungen kombiniert. Das ist der unrühmliche Gipfel der Kundenknebelung, denn viele Kunden führen die Verträge nur deshalb fort, weil sie den BU-Schutz nicht verlieren wollen. Die Rückabwicklung bietet jetzt einen Notausgang aus dieser finanziellen Zwangsjacke.

Davor Horvat, Vorstand der Honorarfinanz AG. Foto: privat

Davor Horvat

Gründer und Vorstand, Honorarfinanz AG

d.horvat@honorarfinanz.ag