Private Kreditaufnahme: Pflichten der Banken
Dr. jur. Alex JanzenWer einen Kredit möchte, muss seiner Bank in der Regel tiefe Einblicke in seine persönliche und finanzielle Situation geben. Allerdings hat die Bank ebenfalls umfangreiche Informationspflichten, die man als Kunde kennen sollte.
In Deutschland unterliegen Banken zahlreichen Pflichten, wenn sie in Geschäftsbeziehungen mit Privatpersonen – diese werden im Gesetz Konsumenten oder Verbraucher genannt – treten. Diese Pflichten treten nicht erst auf, wenn eine Bank und ein Verbraucher ein Darlehensvertrag bzw. ein Kreditvertrag abschließen, sondern können auch Zeiträume davor betreffen. So kann bereits eine erste Kontaktaufnahme eines Verbrauchers mit einer Bank für die letzte mit zahlreichen Pflichten verbunden sein. In diesem Beitrag konzentrieren wir uns auf diese sehr praxisrelevanten Informationspflichten von Banken und auf die gesetzlich vorgeschriebene Kreditwürdigkeitsprüfung von Verbrauchern vor Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages seitens der Banken.
Vorvertragliche Informationspflichten von Banken
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine Bank gegenüber einem Verbraucher einen erheblichen Informationsvorsprung hat, sie muss deshalb einen Verbraucher, der mit ihr in eine Geschäftsbeziehung treten will, über bestimmte Umstände bereits im Vorfeld eines Vertragsabschlusses aufklären. In diesem Zusammenhang spricht der Gesetzgeber von vorvertraglichen Informationspflichten von Banken. Verletzt eine Bank schuldhaft diese Pflichten, muss sie unter bestimmten Voraussetzungen den Schaden ersetzen, der dem Verbraucher aufgrund dieser Pflichtverletzung entstanden ist. Diese Haftung der Banken besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob ein Verbraucher mit einer Bank einen Vertrag geschlossen hat oder ob Vertragsverhandlungen eines Verbrauchers mit einer Bank nicht in den Abschluss eines Vertrages mündeten.
Besonders umfangreiche Aufklärungs- und Informationspflichten können für eine Bank bei dem Abschluss oder bei den Verhandlungen eines Verbraucherdarlehensvertrages bestehen. Unter einem Verbraucherdarlehensvertrag versteht das Gesetz (§ 491 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) bestimmte Darlehensverträge zwischen einer Bank als Darlehensgeberin und einem Verbraucher als Darlehensnehmer. Bei Verbraucherdarlehensverträgen schreibt § 491a BGB zahlreiche vorvertragliche Informationspflichten vor, die eine Bank noch vor Abschluss des betreffenden Vertrages gegenüber dem Verbraucher als dem künftigen Darlehensnehmer erfüllen muss. Diese Informationspflichten hat eine Bank in Textform nach einem bestimmten amtlichen Muster zu erfüllen, eine nur mündliche Information an den Verbraucher wäre deshalb nicht ausreichend. Im Zweifelsfall muss eine Bank die ordnungsgemäße Erteilung der betreffenden vorvertraglichen Informationspflichten nachweisen.
Einzelne vorvertragliche Informationspflichten der Bank
So muss eine Bank dem Verbraucher eine Postadresse mitteilen, an welche der Verbraucher Schriftverkehr, wie Kündigungen, Anfragen, Beanstandungen etc., übermitteln kann. Dabei ist die Angabe einer bloßen Internethandschrift nicht ausreichend. Ferner muss eine Bank dem Verbraucher Angaben zur Art des abschließenden Vertrages und zu dessen näheren Ausgestaltung machen. Zu solchen Angaben gehören z. B., ob das Verbraucherdarlehen befristet ist, ob die Darlehenstilgung in periodischen Abständen oder am Ende der Vertragslaufzeit zu erfolgen hat, ferner ob dem Verbraucher eine Überziehung eines Kontos eingeräumt worden ist.
Der effektive Jahreszins bei einem Darlehen
Des Weiteren muss eine Bank dem Verbraucher den effektiven Jahreszins des abzuschließenden Darlehens für die vereinbarte Darlehenslaufzeit mitteilen. Unter dem effektiven Jahreszins verbirgt sich die Bezeichnung für die jährlichen Gesamtkosten eines Darlehensvertrages. Erst die Angabe des effektiven Jahreszinses ermöglicht es dem Verbraucher, Darlehensangebote unterschiedlicher Banken miteinander zu vergleichen. Der effektive Jahreszins muss konkret angegeben werden, es reicht nicht aus, wenn der effektive Jahreszins aufgrund anderweitiger Informationen, z. B. Tabellen, errechnet werden kann. Der effektive Jahreszins muss ferner anhand eines konkreten Beispiels erläutert werden. Wichtig ist, dass der mitgeteilte effektive Jahreszins die Gesamtkosten des Kredits widerspiegeln muss, insbesondere fließen etwaige Vermittlungskosten für den Abschluss des Darlehensvertrages in die Berechnung des effektiven Jahreszinses mit ein. Grundsätzlich sind auch Kosten einer Restschuldversicherung in die Berechnung eines effektiven Jahreszinses aufzunehmen, jedenfalls sofern der Abschluss einer Restschuldversicherung für die Vergabe des Darlehens vorausgesetzt wird.
Nettodarlehensbetrag und Sollzinssatz
Selbstverständlich muss eine Bank dem Verbraucher als dem künftigen Darlehensnehmer auch den Nettodarlehensbetrag mitteilen. Unter dem Nettodarlehensbetrag wird der Betrag verstanden, auf den der Verbraucher als künftiger Darlehensnehmer Anspruch hat. D. h. eine Bank ist nicht berechtigt, von dem mitgeteilten Nettodarlehensbetrag etwaige Kosten, wie Vermittlungsprovisionen, Versicherungsprämien etc. abzuziehen. Lediglich Kosten, die zwischen der Bank und dem Darlehensnehmer explizit vereinbart worden sind, können vom Nettodarlehensbetrag abgezogen werden. Weitere wichtige vorvertragliche Information, die der Bank gegenüber einem Verbraucher erfüllen muss, ist die Angabe des Sollzinssatzes. Unter dem Sollzinssatz versteht das Gesetz den Prozentsatz, der pro Jahr für das vereinbarte Darlehen geschuldet wird. Dabei muss die Höhe des Sollzinssatzes in Prozent angegeben werden, ferner ob der Sollzinssatz festgeschrieben oder abänderlich ist, schließlich müssen die Bedingungen und der Zeitraum für die Geltung des Sollzinssatzes und die Art und Weise der Anpassung des Sollzinssatzes mitgeteilt werden.
Vertragslaufzeit, Teilzahlungen und Auszahlungsbedingungen eines Darlehens
Ferner muss eine Bank die vereinbarte Vertragslaufzeit genau angeben, dabei kann entweder ein genaues Datum festgelegt oder die Laufzeit in Jahren oder Monaten festgeschrieben werden. Fehlt die Angabe der Vertragslaufzeit, gilt der Darlehensvertrag als unbefristet. Dies kann weitreichende Konsequenzen auf die Möglichkeit der Kündigung des Darlehensvertrages haben, sowie auf eine etwaige Vorfälligkeitsentschädigung, wenn eine Bank diese für die vorzeitige Kündigung des Darlehensvertrages verlangen kann. Sofern eine Tilgung des Darlehensvertrages in Teilzahlungen vereinbart worden ist, muss der Betrag, die Anzahl und die Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen genau bezeichnet werden. Neben den einzelnen Teilzahlungen muss auch der Gesamtbetrag des Verbraucherdarlehens angegeben werden. Des Weiteren muss eine Bank dem Verbraucher die Bedienungen für die Auszahlung des Darlehens mitteilen. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn das Darlehen nicht dem Verbraucher als dem Darlehensnehmer, sondern einem Dritten auszuzahlen ist. Erforderlich ist auch die Angabe sonstiger Kosten, die im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag anfallen. Zu diesen Kosten können z. B. Gebühren, Auslagen etc. gehören.
Verzugszinssatz, Widerrufsrecht und weitere Hinweispflichten
Weitere Informationspflichten vor Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages beziehen sich auf die Angabe des Verzugszinssatzes, die Art und Weise seiner Anpassung sowie auf die Angabe weiterer etwaiger Verzugskosten. Hierzu gehören insbesondere Mahnkosten oder Kosten für Rücklastschriften, die eine Bank dem Verbraucher in Rechnung stellen kann. Ferner muss eine Bank auf die Folgen ausbleibender Zahlungen aufgrund des Darlehensvertrages und auf ein bestehendes bzw. nicht bestehendes Widerrufsrecht des Verbrauchers hinweisen. Eine ganz wichtige Informationspflicht der Bank bezieht sich auf den Hinweis gegenüber dem Verbraucher als dem künftigen Darlehensnehmer, dass der Verbraucher das gesetzliche Recht hat (§ 500 Abs. 2 BGB), das Darlehen vor Fälligkeit gegen Entrichtung einer Vorfälligkeitsentschädigung (§ 502 BGB) zurückzahlen zu können. Ist der Verbraucher zum Abschluss eines Darlehensvertrages bereit, muss die Bank als Darlehensgeberin dem Verbraucher auch einen Vertragsentwurf aushändigen.
Neben den vorbezeichneten können bestimmte weitere vorvertragliche Hinweispflichten eine Bank treffen. Hierzu gehören zum Beispiel der Hinweis auf Notarkosten, sofern diese von Darlehensnehmer zu tragen sind, die genaue Angabe von Sicherheiten, der Hinweis auf eine vereinbarte Vorfälligkeitsentschädigung inklusive der Berechnungsmethode. Wie genau die betreffende Berechnungsmethode anzugeben ist, gehen die Meinungen auseinander. Nach der Entsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist es jedenfalls erforderlich, die wesentlichen Parameter der Berechnungsmethode in groben Grundzügen anzugeben.
Schadenersatzpflicht bei Verletzung der vorvertraglichen Informationspflichten
Verletzt eine Bank schuldhaft ihre vorvertraglichen Informationspflichten gegenüber einem Verbraucher, kann sie sich schadenersatzpflichtig machen. Über den Umfang des von einer Bank auszugleichenden Schadens bestehen unterschiedliche Meinungen die Auffassungen reichen von einem Anspruch des Verbrauchers auf die Rückabwicklung des Darlehensvertrages bis zur Unerheblichkeit der Pflichtverletzung seitens der Bank.
Obligatorische Kreditwürdigkeitsprüfung
Eine weitere Pflicht einer Bank vor Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages ist die obligatorische Kreditwürdigkeitsprüfung (§ 505a BGB). Nach dieser gesetzlichen Regelung muss eine Bank als Darlehensgeberin vor Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages die Kreditwürdigkeit eines Verbrauchers als den künftigen Darlehensnehmer prüfen. Die Bank darf den Verbraucherdarlehensvertrag nur abschließen, wenn die Kreditwürdigkeitsprüfung ergibt, dass bei einem Verbraucherdarlehensvertrag keine erheblichen Zweifel daran bestehen, dass der Darlehensnehmer seinen vertraglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen wird. Bei einem Immobiliar-Darlehensvertrag muss die ordnungsgemäße Vertragserfüllung durch den Darlehensnehmer wahrscheinlich sein. Das Gesetz ordnet explizit an, dass es einer Bank als der Darlehensgeberin verboten ist, einen Verbraucherdarlehensvertrag abzuschließen, sofern eine Kreditwürdigkeitsprüfung negativ ausfällt.
Eine Kreditwürdigkeitsprüfung seitens einer Bank wird regelmäßig anhand von Auskünften des Darlehensnehmers und soweit erforderlich aufgrund von Auskünften Dritter, wie zum Beispiel SCHUFA, vorgenommen. Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen bestehen in Bezug auf die Kredit-würdigkeitsprüfung wesentlich strengere gesetzliche Anforderungen. Der Darlehensgeber muss hier ausreichende Informationen zu Einkommen, Ausgaben sowie zu finanziellen und wirtschaftlichen Umständen des Darlehensnehmers einholen, diese eingehend prüfen und auf der Grundlage dieser Informationen zu einer Prognose der Kreditwürdigkeitsprüfung des Darlehensnehmers gelangen. Enthalten mitgeteilte Informationen konkrete Anhaltspunkte zu künftigen negativen Ereignissen, es kann sich dabei z. B. um eine Scheidung, Arbeitslosigkeit, Renteneintritt etc. handeln, müssen auch diese negativen Ereignisse in die Prognose der Kreditwürdigkeitsprüfung einfließen. Zur erfolgten Kreditwürdigkeitsprüfung muss eine Bank eine Dokumentation anfertigen und diese auch aufbewahren. Wie lange diese Dokumentation aufbewahrt werden muss, ordnet das Gesetz nicht an. In der Praxis wird die betreffende Dokumentation so lange aufbewahrt, bis ausgeschlossen werden kann, dass sie eine Relevanz für etwaige Ansprüche des Darlehensnehmers und bzw. oder von Dritten entfaltet.
Verletzt eine Bank die gesetzlich vorgeschriebene Kreditwürdigkeitsprüfung, ordnet das Gesetz eine Ermäßigung der Vertragszinses an. Daneben kann der Darlehensnehmer den rechtswidrig abgeschlossenen Darlehensvertrag jederzeit fristlos kündigen und das Darlehen ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig zurückzahlen. Insbesondere dieser letzten gesetzlichen Sanktion kommt in der Praxis eine besondere Bedeutung zu.