Risikomanagement: Was passiert nach dem Tod des Praxisinhabers?
D&W RedaktionWer denkt schon gern über den eigenen Tod nach…? Doch eine „Nach mir die Sintflut“-Mentalität kann aus Sicht von Autor Holger Nentwig* fatale Folgen haben. Anhand eines imaginären Falls erklärt er, was selbstständige Zahnärzte für den Fall ihres Todes regeln sollten.
Der Besuch der Polizei bei Frau B. war kurz. „Aquaplaning. Ihr Mann war nicht der Verursacher, aber er hatte in dieser Gemengelage auf der Autobahn keine Chance.“ Frau B. ist fassungslos ob der plötzlichen persönlichen Tragödie. Und ihr Entsetzen reißt nicht ab. Denn sie stellt fest: Ihr Mann hat kein Testament verfasst. Und die Sache mit der General- und Betreuungsvollmacht hat er immer vor sich hergeschoben.
Tod des Praxisinhabers = Führungslose Praxis
Das offensichtlichste Problem: Die Zahnarzt-Praxis ist führungslos. Frau B. ist keine Zahnärztin und darf die Praxis auch mit den Assistenz-Zahnärzten nicht allein weiterführen. Die Assistenzärzte wollen die Praxis nicht übernehmen. Frau B. muss einen Käufer finden, doch aktuell stehen viele Praxen zum Verkauf, weil die Inhaber in den Ruhestand gehen – und sind allein schon deshalb attraktiver, weil der Verkäufer noch lebt und Unterstützung leisten kann.
Falls der Verkauf der Praxis nicht gleich gelingt und sie vorläufig schließen muss, stehen Personalfragen an: Wer kann wann gekündigt werden? Wieviel Gehälter müssen gezahlt werden? Und ist überhaupt genügend Liquidität vorhanden? Denn Frau B. darf keine Abrechnungen durchführen.
Frau B. muss nach dem Tod des Praxisinhabers alle laufenden Verträge der Praxis sichten. Welche Laufzeiten stehen noch an? Wann müssen, wann können Verträge gekündigt werden? Welche Zahlungen sind noch zu leisten?
Mit der Meldung bei der KZV Verfahrensfehler vermeiden
Weil sie Kontakt zur Kassenzahnärztlichen Vereinigung aufgenommen und den Tod des Praxisinhabers gemeldet hat, vermeidet Frau B. in enger Abstimmung mit der KZV mögliche kritische Verfahrensfehler gleich im Vorhinein. Die Praxis kann mit den Assistenzärzten für ein paar Wochen vorläufig weiterlaufen.
Praxisimmobilie, Haus und Vermögen: Wie geht es weiter?
Spätestens drei Monate nach dem Tod ihres Mannes muss Frau B. beim Finanzamt eine Erbschaftssteuererklärung abgeben. Also muss sie den Wert der Praxis ermitteln lassen: Wie viele Schulden gibt es in der Praxis, sind diese Schulden durch eine Risiko-Lebensversicherung abgesichert? Wieviel bleibt übrig für die Erben? Die Antworten darauf sind wichtig, denn danach richtet sich die Höhe der Erbschaftssteuer. Frau B. kann einen Steuerfreibetrag von 500.000 € für sich geltend machen, jedes Kind darf 400.000 € steuerfrei erben. Und dann gibt es noch das Familienvermögen: ein Einfamilienhaus, bei dem noch 600.000 € Schulden ausstehen.
Frau B. fragt sich, ob sie mit ihren beiden minderjährigen Kindern weiterhin im Haus bleiben und über eine weitere Risiko-Lebensversicherung den Schuldendienst am Haus leisten kann. Sie bekommt zwar eine Witwen-Rente aus dem Versorgungswerk und eine Halbwaisen-Rente für die Kinder, aber angesichts der finanziellen Dimensionen, die sich vor ihr auftürmen, ist das eher ein Tropfen auf den heißen Stein.
Stolpersteine im Erbrecht
Als sie über den Verkauf des Hauses nachdenkt, erfährt sie: Obwohl sie im Grundbuch des Einfamilienhauses steht, kann sie das Haus als Mutter nicht einfach verkaufen, um sich und ihre Kinder aus der prekären Situation zu retten.
Da Dr. B. kein Testament verfasst hat und die Kinder ebenfalls im Grundbuch stehen, wird vom Familiengericht ein Betreuer bestellt, der staatlicherseits die Vermögens-Interessen der minderjährigen Kinder in Bezug auf den Hausverkauf vertritt. Das bedeutet: Frau B. kann nicht frei über das Vermögen entscheiden, das sie gemeinsam mit ihrem Mann durch ihre Care- und Familien-Arbeit zu Lebzeiten erwirtschaftet hat. Nachforschungen ergeben außerdem, dass Dr. B. noch ein attraktives Depot hielt. Vom Steuerberater erfährt Frau B., dass sie bei einem Erbe von bis zu 6 Millionen Euro 19 % Erbschaftssteuer zahlen muss. Ob der Rest für alle Verpflichtungen reicht und sie damit auch die Familie durchbringen kann, muss Frau B. am Ende durchrechnen.
Den Ernstfall „Tod des Praxisinhabers“ durchdenken und planen
Wie in den anderen Artikeln der Serie „Risikomanagement“ (Strategien gegen die Insolvenz der Zahnarztpraxis und Wenn der Praxisinhaber geschäftsunfähig wird – Vorsorgen mit Vollmachten) handelt es sich hier zum Glück nur um ein imaginäres Szenario.
Fazit aber ist: Nach dem plötzlichen Tod des Unternehmer-Zahnarztes kann die Familie in Schwierigkeiten geraten. Dr. B. bucht bei seinem Berater ein “Probesterben”-Gespräch und ist entsetzt, wie nachlässig er bislang war. Sofort setzt er Testament auf, durch das die Kinder ausschließlich den gesetzlichen Pflichtteil des Erbes erhalten, was den Anspruch beinhaltet, dass sie ihren Teil in bar erhalten. Damit Frau B. im Ernstfall die Möglichkeit hat, frei über das Vermögen zu verfügen, stehen die Kinder nicht mehr im Grundbuch.
Dr. B. stellt sich endlich dem Szenario „eigener Tod“ und analysiert, was in Bezug auf Praxis und Familie unbedingt geregelt sein muss. Er kümmert sich auch um das Thema Notfallmappe, die er jetzt mindestens einmal im Jahr aktualisiert und in der Frau B. im Falle eines Falles alle wesentlichen Informationen in Bezug auf Firma und Privatvermögen findet und handlungsfähig bleibt.
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Unser Autor:
* Holger Nentwig, auch „Mister Asset Protection“ genannt, ist Spezialist für den Bereich Vermögensaufbau, Vermögenssicherung und Vermögensnachfolge und hat mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Beratung von Unternehmern und selbstständigen Zahnärzten. Als ausgebildeter Dipl.-Kaufmann, Certified Estate Planner und Master of NLP Coaching berät er seit 1986 Zahnärzte und Zahnärztinnen im DACH-Raum. www.gfmsnentwig.de
Holger Nentwig ist Autor des Finanz-Podcasts „Lass Dich nicht abzocken. Finanzen: Lernen – planen – leben“ und des Business-Podcasts „Aufgebohrt & Nachgehakt: Unternehmen Zahnarztpraxis“.