Warum (fast) jeder verheiratete Zahnarzt einen Ehevertrag braucht
Judith MeisterSchon vor der Hochzeit über Geld zu sprechen, mag unromantisch sein. Für niedergelassene Zahnärzte ist es aber zwingend. Wer die Folgen einer etwaigen Scheidung nicht frühzeitig klärt, riskiert nicht weniger als seine wirtschaftliche Existenz.
Die Ehe in Deutschland landet in jedem vierten Fall vor dem Familiengericht. Im Durchschnitt erfolgt die Scheidung nach 14,5 Jahren. In dieser Zeit haben sich die Partner auch wirtschaftlich einiges aufgebaut, das nun aufgeteilt werden muss. Und damit gehen die Probleme oft erst los. Denn auch wenn die Ehe beendet ist, können die finanziellen Auswirkungen noch sehr lange spürbar sein. Teils sogar lebenslang.
Zahnärzte, die eine eigene Praxis haben, sollten sich daher keinesfalls auf die gesetzlichen Standardregelungen verlassen. Stattdessen empfiehlt es sich – am besten schon vor der Trauung – einen wasserdichten Ehevertrag zu schließen. Er verhindert im Idealfall nicht nur einen langwierigen Rosenkrieg, sondern sichert die Praxis auch vor dem Zugriff eines potenziell rachsüchtigen (Ex)-Partners.
Warum die Standard-Regeln für Zahnärzte ungünstig sind
Praxisinhaber, die ohne Ehevertrag heiraten, leben mit ihrem Partner im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das kann im Fall einer Trennung zu massiven Problemen führen. Zwar bleiben die beiden Eheleute in dieser Konstellation Alleineigentümer aller Dinge, die sie vor und während der Ehe erworben haben. Wenn die Verbindung scheitert, müssen die angehenden Ex-Gatten aber einen Vermögensausgleich vornehmen – den sogenannten Zugewinnausgleich.
Grob vereinfacht funktioniert das so: Wer während der Ehe das größere Finanzpolster aufbauen konnte, muss dem anderen Partner bei der Scheidung die Hälfte des Überschusses abgeben. Das kann einem erfolgreichen Freiberufler das Genick brechen. Denn wenn die Praxis gut läuft, wird in der Regel er es sein, der einen Überschuss erwirtschaftet hat und einen Ausgleich zahlen muss.
Damit steht der Zahnarzt womöglich vor den Trümmern seines Lebenswerkes: Hat er die Praxis nach erst nach der Hochzeit eröffnet, kann der Ex-Partner nach der Scheidung 50 Prozent des Praxiswertes verlangen. Und selbst wer bereits als Praxischef zum Standesamt gegangen ist, muss vielfach zahlen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich der Wert der Praxis im Laufe der Jahre gesteigert hat.
Dieser Mechanismus ist nicht nur unerfreulich, weil schon die Methoden zur Wertermittlung extrem umstritten sind. Der Zugewinnausgleich ist für Zahnärzte auch deshalb problematisch, weil das Geld an den oder die Ex in bar fließen muss. Und zwar in dem Moment, in dem die Scheidung rechtskräftig wird. Wer nicht über erhebliche Barschaften verfügt, wird daher einen Kredit aufnehmen oder andere Habseligkeiten versilbern müssen.
Vertrag kommt von vertragen
Wer solche Unbilden vermeiden will, sollte daher einen Ehevertrag schließen und den gesetzlichen Güterstand durch eine andere Regelung ersetzen. Im Wesentlichen stehen Zahnärzten dabei zwei Varianten zur Verfügung.
- Die Gütertrennung. Sie gilt vielen als die sauberste Lösung, weil sie den Zugewinnausgleich am Ende der Ehe ausschließt. Nach der Scheidung bekommt jeder Partner also nur, was ihm ohnehin schon gehört. Das klingt gut. Doch wenn die Ehe bis ans Lebensende hält, ist die Gütertrennung deutlich ungünstiger als der gesetzliche Güterstand. Nach dem nämlich erhalten der Witwer oder die Witwe nach dem Tod des Partners ein Viertel von dessen Vermögens steuerfrei als Zugewinn. Bei der Gütertrennung hingegen bekommt der überlebende Ehegatte seinen Anteil am Nachlass als Erbschaft ausgezahlt. Das kann schmerzhaft sein, da er oder sie die komplette Summe, abzüglich der Freibeträge, versteuern muss.
- Die modifizierte Zugewinngemeinschaft. Sie verbindet die Vorteile der Gütertrennung mit denen des gesetzlichen Güterstandes und ermöglicht maßgeschneiderte, flexible Lösungen. Die Partner können zum Beispiel vereinbaren, dass der Zugewinnausgleich nur bei einer Scheidung entfallen soll. Denkbar ist es aber auch, nur bestimmte Werte (etwa die Praxis) vom Zugewinnausgleich bei einer Scheidung auszunehmen. Das macht die modifizierte Zugewinngemeinschaft etwas aufwendiger und fehleranfälliger als Eheverträge nach Schema F. Dennoch dürfte sie sich oft als die günstigste Spielart erweisen – egal, ob die Ehe hält oder nicht.
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