Wenn die Altersvorsorge zum Renditegrab wird
D&W RedaktionKaum ein Zahnarzt zahlt nicht für die Altersvorsorge in eine oder mehrere Lebens- und Rentenversicherungen ein. Die Versicherungsindustrie hat dafür viele kreative Ideen parat. Finanzexperte Davor Horvat* erklärt, warum er solche Verträge für gar keine gute Idee hält.
Nicht nur der Zahnarzt spart sein Geld in solche Lösungen, sondern jeder Deutsche hat im Durchschnitt zwei solcher Verträge in seinem Bestand. Von der steuerlich absetzbaren Basis-(Rürup-)Rente über die fondsgebundene Rente mit Garantie und der Index-Rente, mit der man angeblich nie Geld verlieren kann, bis hin zur innovativen britischen Rentenversicherung mit Höchststands-Garantie: Die Liste solcher Altersvorsorgen könnte man unendlich verlängern.
Banken und Finanzdienstleister in Deutschland empfehlen den Abschluss einer solchen Versicherung immer noch als wichtiger Baustein einer soliden Altersvorsorge. Das ist aus meiner Sicht und Erfahrung nicht nachvollziehbar und nicht vertretbar.
„Steuervorteil“ als Argument
Ein Grund für den erfolgreichen Verkauf dieser Art von Versicherungen sind hohe Gewinne, die Versicherer mit den Produkten erzielen, und hohe Provisionen, die Finanzvermittler für den Vertrieb der Produkte erhalten. Dem Zahnarzt werden insbesondere die steuerlichen Vorteile mit einer Versicherungslösung als Hauptargumentationsgrund präsentiert. Und wer will denn keine Steuern sparen?
Was die wenigsten wissen: Bei solchen Altersvorsorgeprodukten kumulieren sich alle Nachteile, die ein Finanzprodukt haben kann.
Nachteil 1 für die Altersvorsorge: Unvorteilhaftes Koppel-Produkt
Bei kapitalbildenden Lebensversicherungen werden zwei Produkte miteinander kombiniert, die eigentlich überhaupt nichts miteinander zu tun haben: Risikovorsorge und Kapitalbildung.
Dafür gibt es nur einen Grund: Intransparenz. Denn die wahren Kosten einer solchen Police lassen sich so besser verschleiern. Wie viel Geld in die Vermögensbildung fließt und wie teuer die Risikoabsicherung ist, wird den Kunden gegenüber nur unzureichend aufgeschlüsselt. Finanzvermittler können sich darauf verlassen, dass sich kaum ein Kunde die Mühe macht, einmal nachzurechnen, was alternativ der Abschluss einer separaten Risikoabsicherung und eines Sparplans kosten würde. Dabei würde sich das lohnen. So werden nämlich transparent die Kostenanteile getrennt. Zudem führt eine Trennung von Risikoschutz und Ansparprozess in der Regel zu erheblich vorteilhafterem Endergebnis.
Nachteil 2 für die Altersvorsorge: Lange Lebenserwartung
Rentenversicherungen sind aus Sicht des Versicherers eine Wette auf den Tod der versicherten Person. Stirbt der Zahnarzt kurz nach Rentenbeginn, hat er ein schlechtes Geschäft gemacht. Das restliche Vorsorgekapital verfällt nach der Rentengarantiezeit. Mögliche Erben des Verstorbenen gehen leer aus.
Nur, wenn der Zahnarzt lange lebt, in der Regel weit über die statistische Lebenserwartung hinaus, dann macht der Policen-Inhaber ein gutes Geschäft.
Tipp: In der Regel besteht die Möglichkeit, zu Rentenbeginn das angesparte Kapital zu entnehmen und so die Verrentung zu umgehen. Diese Alternative ist angesichts der von den Versicherern angebotenen Mini-Renten ausnahmslos zu empfehlen.
Nachteil 3 für die Altersvorsorge: Ausfallrisiko des Versicherers
Die Vermögensanlagen, die in einer Lebens- oder Rentenversicherung stecken, sind in einem sogenannten Versicherungsmantel verpackt. Das von Ihnen angesparte Vermögen gehört im Außenverhältnis faktisch der Versicherung und Sie als Kunde Zahnarzt haben lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch darauf.
Dies führt zum Risiko, dass im Falle einer Insolvenz des Versicherers das im Deckungsstock gebildete Vermögen Teil der Insolvenzmasse wird. Mit anderen Worten: Ist die Versicherung pleite, ist Ihr Geld, das in einer solchen Versicherung steckt, mit hoher Wahrscheinlichkeit teilweise oder komplett verloren. Das ist ein Risiko, das nicht zu unterschätzen ist. Schließlich laufen solche Policen in der Regel über Jahrzehnte und sind nur mit hohen Verlusten für den Kunden kündbar. Wer kann über diesen Zeitraum hinweg schon die Existenz eines Versicherungsunternehmens garantieren?
Nachteil 4 für die Altersvorsorge: Hohe Kosten
Sie zahlen bereits jahrelang Ihr Geld in Versicherungsverträge ein und stellen nach vielen Jahren fest, dass noch nicht einmal das einbezahlte Geld vorhanden ist. Ist es Ihnen auch schon so ergangen? Die Gründe
dafür liegen auf der Hand: hohe Vertragskosten.
Besonders teuer ist die Konstruktion sogenannter Fonds-Policen. Das sind de facto Investmentfonds, die in einen Versicherungsmantel verpackt sind. Hier wird aus einem vergleichsweise einfachen Produkt, nämlich dem regelmäßigen Kauf von Fondsanteilen, ein kompliziertes Produkt gemacht, in dem gleich an mehreren Stellen unnötig hohe Kosten verschnürt sind: Erstens kostet der Versicherungsmantel, zweitens wählen Versicherer für Fonds-Policen regelmäßig besonders teure Fonds als Ansparprodukte aus. Kein Wunder: Die Versicherer kassieren von den entsprechenden Fondsanbietern schließlich Verkaufs- und Bestandsprovisionen für die Berücksichtigung ihrer Fonds in den Policen. Und die Versicherer geben diese sogenannten Kickbacks ihren Kunden meist überhaupt nicht oder nur teilweise zurück.
Unser Autor:
* Davor Horvat ist Gründer und Vorstand der Honorarfinanz AG. Als Finanzfachwirt (FH) ist er seit 1995 in der Finanzbranche tätig und berät Kunden als unabhängiger Honorarberater. Er ist Autor des Buches „Finanzprophylaxe – Finanzstrategie für Zahnärzte“. www.honorarfinanz-ag.de
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