Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Praxis

Während die wiedereingeführte Budgetierung vertragszahnärztliche Leistungen massiv deckelt,
die Inflation zuschlägt und Marktpreise weiter steigen, kämpfen Praxisinhaber gegen die roten Zahlen:
Zinsen, Mieten, Material und Energie, alles ist teurer geworden.

Mitarbeiterbindung statt Neueinstellung in der Zahnarztpraxis

Besonders aber schlägt der Personalbereich zu Buche. Inzwischen sind Löhne über dem Tarif die Regel. Der Mangel an qualifizierten Fachkräften verschärft die Situation. Jede Neueinstellung kostet mehr Geld.

In diesem Spannungsfeld kommt der Mitarbeiterbindung eine immer größere Bedeutung zu, um die unternehmerische Stabilität Ihrer Zahnarztpraxis zu sichern.

Ob Personaldienstleister, Marketingagenturen, Ihre Mitbewerber oder Ihre Praxis selbst: Alle werben um zahnmedizinische Fach- und Führungskräfte. Beim Erstellen von Recruiting-Kampagnen oder der Pflege eines ansprechenden Außenauftritts geht der Blick für das vorhandene Personal schon mal verloren. Nach dem Motto: „Läuft doch!“ werden Optimierungsmaßnahmen in der bestehenden Belegschaft vernachlässigt.

Personalbindung durch Aufmerksamkeit und Wertschätzung

Werden aber Mitarbeiterbedürfnisse nicht gehört und berücksichtigt, steigt die Frustration – bei einzelnen Angestellten oder gar im ganzen Team. Ist erst der Zustand der „inneren Kündigung“ erreicht, zeigen Ihre Arbeitnehmerinnen keine Eigeninitiative mehr, leisten nur noch „Dienst nach Vorschrift“ und verlassen eher früher als später die Praxis. Jedes Ausscheiden eines Teammitglieds erhöht für andere die Arbeitsbelastung.

Das Stresslevel steigt, die Atmosphäre ist angespannt und im schlechtesten Fall folgt eine Kündigungs-Kettenreaktion. Denn selten schwelt die Unzufriedenheit nur in einer einzelnen Person.

Wer die Mitarbeiterorientierung in den Fokus nimmt, kann personelle Krisenentwicklungen vermeiden und die wichtigste Arbeitsgrundlage einer Zahnarztpraxis – das Personal – langfristig sichern. Widmen
Sie Ihren Mitarbeitenden die Aufmerksamkeit und Wertschätzung, die es bedarf, um eine verlässliche Personalstruktur zu schaffen.

Was ist teurer, Mitarbeiterbindung oder Fluktuation?

Es mag auf den ersten Blick verwunderlich erscheinen, in Zeiten des enormen Kostendrucks die Mitarbeiterbindung in den Fokus zu nehmen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, wie stark die Mitarbeiterfluktuation die Kostenstruktur einer Praxis beeinflusst.

Die finanziellen Belastungen durch Mitarbeiterwechsel sind vielfältig:

  • Durch den Verlust erfahrener Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter sinkt zunächst die Produktivität in Ihrer Praxis.
  • Bis ein neues Teammitglied in die Fußstapfen der Vorgängerin hineingewachsen ist, braucht es viele zeitliche und monetäre Ressourcen.
  • Der Rekrutierungsprozess erfordert ein nicht unerhebliches Marketingbudget.
  • Auswahlverfahren, Bewerbungsgespräche und administrative Tätigkeiten binden Kapazitäten.
  • Gehälter werden höher verhandelt.
  • Oftmals braucht es Schulungen und Einarbeitungsphasen, die zusätzliche Kosten verursachen.

Abgesehen von den direkten Aufwendungen, entstehen auch sogenannte indirekte Kosten:

  • Eine hohe Mitarbeiterfluktuation bringt Unruhe in Ihr Team.
  • Sie gefährdet den reibungslosen Arbeitsablauf.
  • Sie hat Auswirkungen auf die Mitarbeitermotivation und die Patientenbeziehung.
  • Häufig wechselnde Ansprechpartner in der Praxis schwächen die Patientenbindung und können sich negativ auf den Behandlungserfolg auswirken.
  • Die Folge sind schlechte Praxisbewertungen, weniger Patienten und ausbleibende Bewerberinnen und Bewerber.

Alles für die Patienten – und wo bleiben die Mitarbeiter?

Noch immer steht in vielen Zahnarztpraxen die Patientenorientierung vor der Mitarbeiterorientierung. Für ein aufwendig gestaltetes Wartezimmer wird gern einmal viel Geld in die Hand genommen. Der Patient soll sich schließlich wohlfühlen und die Praxis etwas hermachen. Der Pausenraum für Mitarbeitende ist dagegen oft nicht mehr als eine lieblos und spärlich eingerichtet Abstellkammer.

Social-Media-Agenturen werden beauftragt, um die Online-Kanäle mit attraktivem Content für die Patienten-Zielgruppe zu bespielen. Es werden Patienten-Veranstaltungen organisiert und Infoabende durchgeführt. Für die Mitarbeitenden gibt es jedoch weder ein ansprechendes Intranet noch interne Informationsveranstaltungen. Auch Team-Events kommen oft zu kurz und in Praxisfortbildungen geht es immer noch mehr um die Patientenkommunikation als um die Gesprächskultur innerhalb der Praxis.

Mitarbeiterorientierung ist die Grundlage der Patientenorientierung

Praxisinhaberinnen und -inhaber vergessen oft, dass die Mitarbeiterorientierung die Grundlage für die Patientenorientierung bildet. Nur wenn sich auch Ihre Angestellten wohlfühlen, werden die Patienten ein gutes Praxiserlebnis haben. Patientenorientierte Marketingmaßnahmen können noch so gut sein, wenn sich der Eindruck in der Praxis nicht bestätigt – oder die Unzufriedenheit schon durch den Telefonhörer schwappt. Patienten bestätigen immer wieder, dass sie sehr feine Antennen für die Stimmung in einer Zahnarztpraxis haben.

Mitarbeiter, die zufrieden, engagiert und loyal sind, sind am besten in der Lage, Patienten zu begeistern und zu binden. Ebenso, wie Sie sich das Vertrauen Ihrer Patienten verdienen müssen, müssen Sie als Führungskraft auch das Vertrauen Ihres Praxisteams gewinnen, damit dieses bleibt. Das Verhältnis zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden beruht auf Geben und Nehmen.

Mit Mitarbeiterbindung die Krisen-Resilienz der Praxis stärken

In einer Zeit, in der Kostendruck und Fachkräftemangel die medizinische Landschaft prägen, kann eine gezielte Mitarbeiterbindung einen entscheidenden Unterschied machen. Mit innerem Zusammenhalt und einem stabilen Mitarbeitergefüge stärken Sie die Krisen-Resilienz Ihres Unternehmens. In turbulenten Zeiten oder bei unerwarteten Herausforderungen können gut eingespielte Teams effektiver zusammenarbeiten und flexibler auf Veränderungen reagieren.

Die Investition in Mitarbeiterbindung ist somit eine strategische Maßnahme, die langfristig die Stabilität und Qualität Ihrer Zahnarztpraxis sicherstellen kann.

5 Maßnahmen für die Mitarbeiterbindung in der Zahnarztpraxis

Für die Mitarbeiterorientierung bedeutet das, dass die Arbeitsbeziehung vor allem wertschätzend, involvierend und transparent gestaltet werden sollte. Mit welchen Maßnahmen das gelingen kann, haben wir hier für Sie zusammengetragen:

1. Bindungs-Maßnahme: Zeit für Gespräche

Mitarbeitergespräche spielen eine entscheidende Rolle bei der Stärkung der Mitarbeiterbindung. Ob Feedback-, Entwicklungs- oder Motivationsgespräch: Nutzen Sie die Gelegenheit, sich die Bedürfnisse, Anliegen und Ziele Ihrer Mitarbeitenden anzuhören. Ein regelmäßiger Austausch zeigt Wertschätzung für die individuellen Beiträge und fördert das Gefühl der Zugehörigkeit. In solchen Gesprächen können Karriereentwicklungen, betriebliche Herausforderungen und persönliche Themen besprochen werden. Wichtig ist, dass die Gespräche offen, transparent und respektvoll geführt werden. Als Arbeitgeber sollten Sie aktiv zuhören, auf die Anliegen Ihrer Mitarbeitenden eingehen und konkrete Schritte zur Lösung von Problemen oder zur Unterstützung der beruflichen Entwicklung anbieten.

2. Bindungs-Maßnahme: Attraktive Arbeitsorganisation und Arbeitsumgebung

Schaffen Sie eine Umgebung und eine Atmosphäre, in der man gut und gerne arbeiten kann und möchte. Dazu gehören flexible Arbeitsmodelle: Jobsharing, Teilzeit oder (nach Möglichkeit) mobiles Arbeiten sind vor allem für Eltern und Pflegende überzeugende Bindungsargumente. Darüber hinaus wissen Mütter und Väter auch Angebote zur Kinderbetreuung oder eine Beteiligung an den Kita-Kosten zu schätzen.

Ihre angestellten Zahnärzte und ZFA erwarten professionelles und zeitgemäßes Praxis-Equipment für die medizinische Versorgung. Zudem nehmen eine verlässliche Praxisorganisation und eine funktionierende, digitale Infrastruktur weiter an Bedeutung zu. Sorgen Sie für eine moderne und mitarbeiterfreundliche Praxisausstattung, in der auch die Pausenzeiten an Wertschätzung gewinnen: Stellen Sie Getränke, Obst und ansprechende Rückzugsräume zur Verfügung.

3. Bindungs-Maßnahme: Weiterbildung und Stärkung individueller Fähigkeiten

Investieren Sie in die Weiterentwicklung Ihrer Praxismitarbeiter. Fortbildungen und Schulungen nicht nur zur fachlichen Spezialisierung, sondern auch zur persönlichen Entwicklung tragen dazu bei, das Engagement zu stärken. Zeigen Sie, dass Ihnen an der individuellen Förderung gelegen ist, indem Sie den Kompetenzgewinn mit Coaching- und Mentoringprogrammen unterstützen.

Führen Sie Zielvereinbarungsgespräche, um Leistungsanreize zu schaffen und zu bewirken, dass sich Ihre Mitarbeitenden mit der Gestaltung ihres eigenen beruflichen Fortkommens auseinandersetzen. Stellen Sie
Aufstiegschancen oder Gehaltssteigerungen in Aussicht.

Sorgen Sie – auch für den Fortbestand Ihrer Praxis – für einen strategisch geplanten Wissenstransfer innerhalb des Teams und nutzen Sie zum Beispiel das Prinzip der Jobrotation, um ihre Mitarbeitenden
genau dort einzusetzen, wo sie mit ihren Kompetenzen am besten aufgehoben sind. Wenn individuelle Potenziale gesehen und gefördert werden, fühlen sich Mitarbeitende stärker im Unternehmen verankert.

4. Bindungs-Maßnahme: Werte und Wertschätzung

Zahnarztpraxen, die ihre kommunizierten Werte auch leben, bieten Identifikationsfläche und tragen dazu bei, dass Mitarbeitende ihren Beitrag als sinnhaft erachten. Etablieren Sie eine Kultur, in der eine offene Kommunikation und ein wertschätzender Umgang gepflegt werden.

Regelmäßige Anerkennung für die Leistung fördert nicht nur das Selbstwertgefühl, sondern stärkt auch die emotionale Bindung. Organisieren Sie Team-Events und Teambuilding-Maßnahmen, um den Zusammenhalt und das Zugehörigkeitsgefühl zu unterstützen. Eine harmonische Arbeitsatmosphäre und ein starker Teamgeist zählen zu den stärksten Argumenten für den Verbleib in einem Unternehmen.

5. Bindungs-Maßnahme: Finanzielle Anreize und langfristige Perspektiven

Ob Gehaltserhöhungen oder Benefits in anderer Form: Umsatzbeteiligungen, Bonuszahlungen, Zuschüsse oder Vorsorgeaufwendungen setzen weitere Bindungsanreize für Ihr Praxispersonal.
Lesen Sie hierzu auch diesen Artikel: Eine Nettolohnoptimierung für die Mitarbeiter ist auch für den Praxischef attraktiv

Bieten Sie Ihren Mitarbeitenden eine langfristige Perspektive in der Praxis, indem Sie Karrierepfade entwickeln und Stufenmodelle für die Gehaltsentwicklung etablieren. Auch Partizipation und Mitsprachemöglichkeiten binden Ihr Personal stärker an die Praxis. Ermöglichen Sie Ihren Teammitgliedern, sich aktiv an Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Dies fördert das Wir-Gefühl und stärkt das Interesse, langfristig an einer erfolgreichen Unternehmensentwicklung teilzuhaben.

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Mit einem Praxisleitbild der Personallücke begegnen

Jonas Kock

Geschäftsführer, Kock + Voeste Existenzsicherung für die Heilberufe GmbH

jonas.kock@kockundvoeste.de