Arbeitszeit: Fristlose Kündigung wegen erschlichener Kaffeepause ist rechtens
Judith MeisterNach einem Urteil des EuGH müssen alle Arbeitgeber in Deutschland die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter erfassen – oder erfassen lassen. Schummelt ein Beschäftigter bei diesem Vorgang, können Praxischefs mit drakonischen Maßnahmen reagieren.
Ob in einer Excel-Liste, per App oder mit der guten alten Stechuhr: Auch Zahnärzte sind inzwischen verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter genau zu erfassen. Das mag einerseits lästig sein. Praxischefs erhalten dadurch aber auch die Möglichkeit, etwaige Schummeleien ihrer ZFA und angestellten Kollegen zu erkennen – und bei Bedarf zu ahnden.
Dabei reichen oft schon vermeintlich kleine Verfehlungen des Mitarbeiters, um drastische Maßnahmen zu rechtfertigen. So auch in einem Fall, den vor Kurzem das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm zu entscheiden hatte (Az. 13 Sa 1007/22).
Arbeitszeitszeit: Ein Fehler zu viel
Im konkreten Fall hatte eine Frau gegen ihren Arbeitgeber verklagt, weil dieser ihr nach mehr als acht Jahren in seinen Diensten fristlos gekündigt hatte. Der Grund für den Rauswurf: Die Arbeitnehmerin hatte sich für etwa zehn Minuten mit einem Bekannten zum Kaffeetrinken im gegenüberliegenden Café getroffen – ohne vorher auszustempeln. Stattdessen hatte sie gegenüber Kollegen ihre Abwesenheit damit erklärt, dass sie etwas aus dem Keller holen gehe.
Als ihr Chef sie mit dem Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs konfrontierte, stritt die Frau den Café-Besuch ab und versicherte, den Betrieb nicht verlassen zu haben. Erst, als der Arbeitgeber ankündigte, ihr ein Beweisfotos auf seinem Handy zu zeigen, gab sie zu, sich zur Kaffeepause nicht ausgeloggt zu haben – und erhielt noch am selben Tag die fristlose Kündigung.
Fristlose Kündigung wegen fehlender Zeiterfassung
Hiergegen klagte die Frau. Sie argumentierte, sie habe keinen Arbeitszeitbetrug begehen wollen, sondern nur vergessen, ihre Pause in der Zeiterfassung einzutragen. Zudem seien zehn Minuten unerlaubte Kaffeepause wohl kaum ein Grund, sie nach mehr als acht Jahre fristlos vor die Tür zu setzen. Dies gelte umso mehr, als es in all diesen Jahren nie Probleme zwischen ihr und ihrem Chef gegeben habe. Ihr Arbeitgeber habe daher zunächst eine Abmahnung aussprechen müssen, statt ihr sofort zu kündigen.
Irreparabler Vertrauensverlust rechtfertigt fristlose Kündigung
Mit diesem Vortrag hatte die Frau aber weder vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen noch vor dem LAG Hamm Erfolg. Beide Instanzen gaben dem Arbeitgeber Recht: Dadurch, dass die Frau die Pause im Café nicht im Arbeitszeiterfassungssystem eingetragen hat, sei die Arbeitszeit für den Arbeitgeber auch insgesamt nur schwer dokumentierbar.
Den Ausschlag gab allerdings der schwere und irreparable Vertrauensbruch, der dadurch entstanden sei, dass die Frau im Gespräch mit ihrem Chef ihr Fehlverhalten geleugnet hatte. Aufgrund dieser Lüge und der Schwere der Pflichtverletzung bedürfe es keiner vorherigen Abmahnung – die fristlose Kündigung war rechtens.
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