1000 Euro Bußgeld wegen Beleidigung des Kammerpräsidenten
Judith MeisterNicht nur in Berlin wird diskutiert, wie genau die politische Aufarbeitung der Corona-Pandemie aussehen sollte. Auch die Gerichte sind noch mit Fällen, die ihren Ursprung in der Pandemie-Zeit haben, beschäftigt. Das bekommt auch so mancher Mediziner zu spüren.
Die Corona-Pandemie war in jeder Hinsicht eine Ausnahme-Situation. Über die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen (Lockdown, Schulschließungen, Masken und einrichtungsbezogene Impfpflicht) wird bis heute erbittert gestritten. Auch innerhalb der Ärzteschaft.
Doch so sinnvoll eine intensive Debatte über den Umgang mit potenziell tödlichen Erregern und etwaige Freiheitsbeschränkungen auch ist, so gibt es doch Grenzen, die auch Kritiker einer strikten infektionsschutzrechtlichen Linie nicht überschreiten dürfen. Das gilt insbesondere, wenn ihre Aussagen nicht mehr allein persönliche Meinungen wiedergeben, sondern Werturteile enthalten, die, nicht mehr mit dem berufsrechtlichen Kollegialitätsgebot vereinbar sind.
Schmähkritik am Präsidenten der Ärztekammer nicht erlaubt
Diese Grenze überschritten hat nach einem Urteil des Berufsgerichts für Heilberufe am Verwaltungsgericht Münster auch ein Facharzt für Arbeitsmedizin. Dieser hatte auf dem Portal der Ärztekammer Westfalen-Lippe unter der Überschrift „Kommentare“ folgenden Beitrag veröffentlicht:
„Aufgrund der sogenannten Coronapandemie – in Wahrheit handelt es sich um eine Vergewaltigung der Wissenschaft aus politischen Gründen – habe ich aus nervlichen Gründen meine Kassenzulassung am 31.12.2020 zurück gegeben (sic!) und auch alle arbeitsmedizinischen Verträge gekündigt. Auch arbeite ich nicht in der Praxis meiner Frau, weil mich maskentragende Mitmenschen zur Weißglut bringen. Ich glaube nicht, dass dieser Schaden reparabel ist. Die Standesvertretungen haben sich so weit korrumpieren lassen, dass ein Widerstand nicht mehr zu erwarten ist. Erbärmlich! Besonders mitleiderregend ist das Verhalten des Ärztekammerpräsidenten S1., der aufgrund des auf ihn ausgeübten Drucks hätte zurücktreten müssen. Ich lehne es auch ab, in einem Faschismus zu arbeiten, und um einen solchen handelt es sich hier. Jeder der sich hier andient, wird zur Verantwortung gezogen werden, insbesondere Ärzte, die den Corona ‚Impfstoff‘ verabreichen. Diese dürfen sich als würdige Nachfolger Josef Mengeles sehen.“
Grenzen für Meinungsfreiheit der Heilberufler
Dieser Beitrag blieb nicht ohne Folgen. Auf Antrag der Kammer eröffnete das Berufsgericht das berufsgerichtliche Verfahren, erteilte dem Verfasser einen Verweis wegen eines Berufsvergehens und brummte ihm außerdem eine Geldbuße von 1000 Euro auf. Hiergegen wehrte sich der Arzt – allerdings ohne Erfolg.
Das Gericht entschied: Zwar müssten das Gebot des kollegialen Verhaltens und das Recht auf freie Meinungsäußerung gegeneinander abgewogen werden. Im Rahmen dieser Abwägung sei vorliegend aber den durch das Berufsrecht geschützten Interessen, einen hochstehenden Berufsstand und ein gedeihliches Verhältnis der Ärzteschaft untereinander zu erhalten der Vorrang einzuräumen (Az. 16 K 978/22.T).