Adressat unbekannt: Kündigung per WhatsApp ist unwirksam
Judith MeisterEin Arbeitnehmer erscheint betrunken zum Dienst. Als der Chef ihm kündigen will, taucht er ab – und verheimlicht seine neue Adresse. Der Arbeitgeber wird daraufhin kreativ und verschickt ein Foto der Kündigung per Messenger. Damit allerdings hat er sich keinen Gefallen getan …
Die Digitalisierung in allen Ehren: Aber manchmal verlangt der Gesetzgeber im Geschäftsverkehr noch immer die gute alte Schriftform. So zum Beispiel bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen (§ 623 BGB). Mündliche Kündigungen sind damit ebenso unmöglich wie solche per Fax oder E-Mail. Auch eine elektronische Signatur gemäß § 126a BGB reicht nicht aus, um ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Dementsprechend müssen auch Aufhebungsverträge stets schriftlich geschlossen werden.
Ein Arbeitgeber aus Bayern wollte offensichtlich die alte und die neue Welt zusammenbringen, um einen Arbeitnehmer vor die Tür zu setzen. Weil der Mann betrunken zur Arbeit erschienen war, kündigte der Arbeitgeber ihm außerordentlich fristlos. Das Kündigungsschreiben, das auf den 2. September 2020 datiert und unterschrieben war, versendete der Chef allerdings nicht per Post. Stattdessen fotografierte er es ab und versendete die Datei per WhatsApp.
Wenn eine Postadresse fehlt….
Der Arbeitnehmer erhob daraufhin Kündigungsschutzklage. Er monierte, dass die Kündigung nicht der geforderten Schriftform entspreche und daher unwirksam sei. Der Arbeitgeber hingegen wandte ein, der geschasste Arbeitnehmer dürfe sich nicht auf den Formmangel der Kündigung berufen. Er habe vielmehr den Zugang einer schriftlichen Kündigung vereitelt, da er dem Arbeitgeber seine aktuelle Anschrift nicht mitgeteilt habe. Selbst auf mehrfache telefonische Anfragen seines Chefs habe sich der Mann geweigert, seine Adresse mitzuteilen.
Vor dem Arbeitsgericht Augsburg konnte sich der Arbeitgeber mit seiner Rechtsauffassung allerdings ebenso wenig durchsetzen, wie vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) München.
Auch hier erklärte man das als Foto per WhatsApp-Messengerdienst verschickte Kündigungsschreiben für unwirksam. Grund hierfür war die fehlende Schriftform der Kündigung. Aus Sicht des Gerichts konnte diese Form der Kündigungserklärung der Schriftformerfordernis des § 126 Abs. 1 BGB nicht genügen. Dazu wies das Gericht darauf hin, dass es insbesondere an der erforderlichen Originalunterschrift fehle.
Eine fotografierte eigenhändige Unterschrift ist keine eigenhändige Unterschrift
Wenn der Arbeitgeber eine WhatsApp-Nachricht mit einem Foto des Kündigungsschreibens schicke, gebe das lediglich die Ablichtung der Originalunterschrift des Arbeitgebers wieder. Da für die Kündigungserklärung die Schriftform erforderlich ist, werde sie erst in dem Moment wirksam, in dem sie dem Arbeitnehmer in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zugeht. Dies war vorliegend nicht der Fall. Es reiche nicht aus, den Arbeitnehmer durch ein Foto über die Existenz einer Kündigung in Kenntnis zu setzen.
Dass dem Arbeitgeber nach eigenen Angaben die Adresse des Arbeitnehmers nicht genau bekannt war, ändere daran nichts. Erstens hätte der Chef auch über WhatsApp – als dem bevorzugten Kommunikationskanal – nach der Anschrift seines Mitarbeiters fragen können, so das Gericht. Zudem sei persönliche Übergabe der Kündigung oder die Zustellung per Post oder Gerichtsvollzieher zumindest später möglich gewesen. Denn nachdem der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben hatte, sei seine Adresse bei Gericht bekannt gewesen – und hatte damit auch vom Arbeitgeber genutzt werden können (LAG München, Az: 3 Sa 362/21).