Landeszahnärztekammer beschwert sich erfolgreich über Werbung für Telemedizin
Judith MeisterZahnärzte dürfen, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt für Fernbehandlungen werben. Das müsse auch für Versicherungen gelten, fand die LZK Baden-Württemberg. Sie wehrte sich gegen das Marketing der HanseMerkur für deren Telemedizin-App „Dentinostic“ – mit Erfolg.
Die HanseMerkur Krankenversicherung darf nicht mehr für ihre App „Dentinostic“ werben. Die Gesellschaft hat eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben, nachdem die Wettbewerbszentrale sie abgemahnt hat. Das berichtet die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, die sich bei der Wettbewerbszentrale über das Angebot des Versicherers beschwert hatte.
„Dentinostic“ ist eine App, über die Patienten innerhalb eines Tages nicht nur eine professionelle Diagnose und eine personalisierte Therapieplanung erhalten sollen. Bei Bedarf wird den Patienten sogar ein Privatrezept von qualifizierten Zahnärzten versprochen.
Dafür warb die Versicherungsgesellschaft mit einem E-Mail-Newsletter an ihre Kunden. In dem Schreiben hieß es unter anderem:
„Über die innovative Anwendung Dentinostic können Sie ganz einfach einen digitalen Fragebogen ausfüllen, in einem 3D-Kopf/Kiefer-Modell die betroffene Stelle markieren, vor dem Spiegel ein kurzes Video von der betroffenen Stelle im Mund erstellen und an Dentinostic senden.“
Dieses Verhalten stieß bei der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg auf wenig Gegenliebe. Deren Vertreter beschwerten sich bei der Wettbewerbszentrale und monierten einen Verstoß gegen § 9 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Die Vorschrift schränkt die Werbung für medizinische Fernbehandlungen stark ein und erlaubt sie lediglich für Verfahren, „die unter Verwendung von Kommunikationsmedien erfolgen, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.“
Eine solche Ausnahme konnte die Wettbewerbszentrale im Fall Dentinostic allerdings nicht erkennen. Ein digitales zahnärztliches Primärversorgungsmodell entspreche eben gerade nicht allgemein anerkannten fachlichen Standards. Zudem sei in der Ausnahmevorschrift von ärztlichen, nicht von zahnärztlichen Kontakten die Rede.
Verschläft Deutschland in Sachen Telemedizin die Zukunft?
Das Verfahren wirft – einmal mehr – ein Schlaglicht auf die großen Probleme, die man gerade in Deutschland mit dem Thema Telemedizin hat. Denn auch wenn ärztliche und zahnärztliche Fernbehandlungen inzwischen grundsätzlich erlaubt sind: Die Werbung dafür bleibt weitgehend verboten.
Bereits im Jahr 2021 entschied denn auch der Bundesgerichtshof, dass der Versicherer Ottonova nicht mit solchen Behandlungen werben darf. Die Begründung: Es fehle für „digitale Arztbesuche“ an den allgemein anerkannten fachlichen Standards. Sie zu entwickeln, sei die Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).
Bis dahin bleibt es wohl dabei, dass Deutschland im Bereich der Tele-(Zahn)-Medizin sowie bei E-Health-Anwendungen eher zu den Nachzüglern als zu den Vorreitern gehört: Beim Digital-Health-Index 2018 der Bertelsmann Stiftung belegte die Bundesrepublik den vorletzten Platz.
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