Nachlässigkeit bei der Dokumentation kann Honorar kosten
D&W RedaktionWird eine ärztliche Behandlung nicht sachgemäß dokumentiert, können Krankenkassen davon ausgehen, dass die Praxis die Leistungen nicht erbracht hat. Sie dürfen die Abrechnungen ablehnen.
Was das Sozialgericht München im Fall eines Arztes entschied, erklärt Verena Alvez, Rechtsanwältin bei Ecovis in München.
Nur die Abrechnungsziffer ist zu wenig Dokumentation
Das Sozialgericht (SG) München hatte in einem Abrechnungsfall zu entscheiden, bei dem außer der Angabe der Leistungsziffer keine weitere Dokumentation erfolgte (Urteil vom 4. Mai 2023, S 38 KA 180/20). Das SG entschied, dass die Angabe einer Gebührenordnungsposition nicht ausreicht.
Aus dem bloßen Ansatz folge nicht, dass der Arzt die Leistung erbracht hat. Ärztinnen und Ärzte müssen so dokumentieren, dass ein fachkundiger Außenstehender ohne Weiteres die Lage beurteilen kann – insbesondere, ob die jeweiligen Leistungsbestandteile erfüllt sind.
Die Richter des SG München entschieden auch: Schickt ein Arzt nachträglich Unterlagen ein, löst er damit nicht automatisch den Beginn der Jahresfrist für eine Rücknahme des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit aus.
Erforderlich für den Fristbeginn ist nämlich die positive und vollständige Kenntnis aller Tatsachen im weitesten Sinn, die für die Entscheidung der Behörde relevant sind. Das ist jedoch erst dann der Fall, wenn die Behörde die Unterlagen vollständig gesichtet und ausgewertet hat. Je komplexer die Sach- und Rechtslage ist, umso länger darf die Behörde auch die Unterlagen prüfen.
Nicht dokumentiert heißt nicht gemacht
Im Zweifel können die Richter bei fehlender oder unvollständiger Dokumentation unterstellen, dass ein Arzt medizinisch gebotene wesentliche Maßnahmen nicht eingeleitet und Ergebnisse nicht eingeholt hat.
Überdies folgt daraus die Beweislastumkehr – und zwar in dem Sinne, dass die Leistungen des Arztes als nicht erbracht gelten. In diesem Fall muss dann der Mediziner beweisen, dass er doch geleistet hat.
„Behandelnde sollten zeitnah alle durchgeführten Maßnahmen vollständig dokumentieren. Nur so kommen sie ihren Dokumentationspflichten nach und können bei Streitigkeiten – sei es mit Patientinnen und Patienten oder mit den Krankenkassen – die durchgeführten Maßnahmen beweisen“, erklärt Dr. Verena Alvez, Rechtsanwältin bei Ecovis in München.
Sie müssen sonst damit rechnen, dass sie nachträglich darlegen müssen, dass sie alle Maßnahmen eingeleitet und durchgeführt haben. „Im Fall des Falles kann das ein Problem sein“, sagt Alvez.
Was gehört zu einer vollständigen Dokumentation?
Eine vollständige Dokumentation muss in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Behandlung erfolgen. Sie muss sämtliche für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse enthalten.
- Anamnese,
- Diagnosen,
- Untersuchungen und deren Ergebnisse,
- Befunde,
- Therapien sowie Eingriffe und ihre Wirkungen,
- Einwilligungen und Aufklärungen.
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Quelle: Ecovis