Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Recht & Steuern
Inhaltsverzeichnis

Betriebsübergang samt Arbeitsverträgen beim Praxiskauf

Mit einer Praxisübernahme geht mehr über als die vorhandenen Gegenstände. Meist geht der gesamte Praxisbetrieb über und damit auch das angestellte zahnärztliche und nicht-zahnärztliche Personal. Aus rechtlicher Sicht stellt die Praxisübernahme nämlich einen sogenannten Betriebsübergang dar, für den § 613 a Abs. 1 BGB vorsieht, dass der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten der bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt. Die Arbeitsverträge der Mitarbeitenden gelten also unverändert fort und können auch nicht im Zusammenhang mit dem Praxisübergang wirksam gekündigt werden.

Zur Vorbereitung eines Praxiskaufs sollten also unbedingt die bereits bestehenden Arbeitsverträge fachgerecht überprüft werden. Nur so ist eine verlässliche Einschätzung möglich, auf welche Verpflichtungen man sich langfristig einlässt. Denn entscheidet man sich für die Praxisübernahme, entscheidet man sich auch für das Praxispersonal.

Informationsschreiben an die Mitarbeiter vor Praxisübergabe

Noch vor der tatsächlichen Übergabe der Praxis sollten die betroffenen Mitarbeitenden entweder durch den bisherigen oder durch den neuen Praxisinhaber und Arbeitgeber über den Wechsel schriftlich unterrichtet werden. Falls der oder die„Neue“ dem Personal noch nicht durch eine vorherige Mitarbeit in der Praxis bereits bekannt ist, bietet sich hier eine gute Gelegenheit, sich vorzustellen und das Interesse an der Praxisfortführung im vorhandenen Team zu bekunden.

Was sagt das BGB zum Thema Praxisübergang?

§ 613 a Abs. 5 BGB gibt vor, worüber schriftlich informiert werden muss:

  • Zeitpunkt des Übergangs

  • Grund für den Übergang

  • rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Praxisübergangs und

  • die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

Mitarbeiter können der Übernahme durch neuen Arbeitgeber widersprechen

Für den Erwerber oder die Erwerberin gibt das Gesetz die Übernahme des Personals vor. Dieses hat die Wahl: mitmachen oder widersprechen. Widerspricht jemand dem Übergang des Arbeitsverhältnisses binnen eines Monats, bleibt das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Praxisinhaber bestehen. Dieser hat dann die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zu kündigen, wenn er nach der Praxisabgabe keine zahnärztliche Praxis mehr betreiben wird, also faktisch keine Weiterbeschäftigung bieten kann.

Fortbestand der Arbeitsverträge nach Praxisverkauf

Gehen die Arbeitsverhältnisse ohne Widerspruch über, gelten alle Regelungen aus dem jeweiligen Arbeitsvertrag unverändert fort. Dies gilt auch für vielleicht ungünstige Vereinbarungen, wie z.B. einer hohen Anzahl an Urlaubstagen, prozentuale Umsatzbeteiligungen sowie sonstige Gratifikationen. Auch beweisbare mündliche Absprachen oder Vergünstigungen, die vielleicht über die Jahre durch betriebliche Übung gewachsen sind, finden weiterhin Anwendung.

Was tun, wenn es mit den „neuen“ Mitarbeitern nicht passt?

Für die erfolgreiche Fortführung der Praxis kann das Bestandspersonal einen sehr hohen Stellenwert haben. Nicht selten verfügen die vorhandenen Mitarbeiter über jahrelange Erfahrung und kennen die eingespielten Abläufe. Doch manchmal hilft alles nichts und die Chemie passt einfach nicht.

An sich gelten neben den anderen vertraglichen Regelungen die gleichen Kündigungsvoraussetzungen wie bisher weiter. Die Kündigung der Arbeitsverhältnisse ist bei Vorliegen der entsprechenden Kündigungsgründe und unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten – je nach Betriebszugehörigkeit teils langen – Kündigungsfristen also weiterhin möglich. Die Kündigung darf allerdings gerade nicht im Zusammenhang mit dem Übergang stehen und sollte besonders gut begründet und vorbereitet werden. Findet sich kein belastbarer Kündigungsgrund kann letztendlich noch ein Aufhebungsvertrag mit entsprechenden Abfindungszahlungen verhandelt werden.

Mitarbeitende in Elternzeit bei Betriebsübergang

Schließlich sollten bei Betrachtung der bestehenden Arbeitsverhältnisse diejenigen Mitarbeitenden nicht vergessen werden, deren Arbeitsverhältnisse beispielsweise aufgrund von Elternzeit vor, während und nach der Praxisübernahme noch ruhen. Auch diese Arbeitsverhältnisse bleiben mitsamt einem Anspruch auf Rückkehr an den Arbeitsplatz bestehen.

Fazit zu Personal bei Praxisübernahme

Personalkosten sind ein wesentlicher Teil der Praxisausgaben und die bestehenden arbeitsvertraglichen Verpflichtungen sollten vor einer Praxisübernahme fachlich kompetent überprüft werden. Denn sind die Verträge einmal übergegangen, ist eine spätere Veränderung meist mit erheblichen Kosten verbunden. Wird allerdings ein eingespieltes Team mit fairen Konditionen übernommen, kann dies der entscheidende Faktor für eine erfolgreiche Weiterführung der Praxis selbst in Zeiten des drastischen Personalmangels sein.

Nadine Ettling

Nadine Ettling

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht, Lyck+Pätzold healthcare.recht

ettling@medizinanwaelte.de