Keine Approbation für Brillenträger?
Judith MeisterDie Approbation als (Zahn)-Arzt ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft: Neben dem erfolgreichen Studienabschluss verlangen die Behörden auch die persönliche und gesundheitliche Eignung des Antragstellers. Doch welche Maßstäbe sind gerade beim letzten Punkt anzulegen?
Ein junger Mann hat sein Medizin-Studium mit der Gesamtnote „gut“ abgeschlossen. Er beantragt die Approbation und legt seinem Schreiben – da er bekanntermaßen sehr schlecht sah – das Attest einer Allgemeinärztin bei, die ihm in gesundheitlicher Hinsicht bescheinigte, „nicht ungeeignet“ für den Beruf des Arztes zu sein.
Muss jeder Arzt für alle Fachrichtungen geeignet sein?
Auf Nachfragen der Behörde wurde ein Gutachten erstellt. Aus diesem ging hervor, dass der Antragsteller an einer erblich bedingten beidseitigen juvenilen Makuladystrophie vom Typ Morbus Stargardt leidet. Seine Sehschärfe beträgt auf dem rechten Auge 0,1 und auf dem linken Auge 0,3. Beidseitig bestehen absolute und relative Ausfälle im zentralen 8° Gesichtsfeld.
Aus augenärztlicher Sicht spreche jedoch nichts gegen die Erteilung der ärztlichen Approbation, so das Gutachten. Es kämen viele medizinische Fächer in Frage, deren volle Ausübung auch mit einer Sehbehinderung möglich sei. Dazu zählten Fächer, die weniger „visuell-morphologisch“, sondern überwiegend durch Gespräch, Beratung und Textverarbeitung geprägt seien.
Unbeschränkte Approbation wegen Augenleiden verweigert
Auf Basis dieser und weiterer Experten-Einschätzungen versagte die Behörde jedoch die Approbation als Arzt und erteilte dem Antragsteller nur eine vorübergehende Berufserlaubnis. Diese war zudem auf Tätigkeiten beschränkt, für die keine visuellen, nicht ausgleichbaren Fähigkeiten (z.B. durch eine Lesehilfe) erforderlich sind.
Der Mann wollte das nicht hinnehmen und klagte auf Erteilung der unbeschränkten Approbation. In erster Instanz hatte er damit Erfolg. Die Berufungsinstanz, das Hamburgische Oberverwaltungsgericht indes befand, dass der Kläger aufgrund seiner Augenprobleme keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Zulassung habe.
Künftige (Zahn)Ärzte müssen gesetzlich fixiertem Berufsbild entsprechen
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass für den Arztberuf ein gesetzlich fixiertes Berufsbild bestehe: Dieses bestimme notwendigerweise auch der Rahmen, auf den sich die berufsrechtlichen Zugangsvoraussetzungen beziehen. Entsprechend müssten körperliche und geistige Kräfte in einem Maße vorhanden sein, das den Anforderungen des Berufsbildes entspricht und sie ausfüllt (vgl. BVerwG, ) Da die Approbation als Arzt zur umfassenden Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsgebiet der BÄO ermächtigt, müsse ein Antragsteller daher geeignet sein, im Grundsatz sämtliche der BÄO unterfallenden Heilkundetätigkeiten auszuüben.
Ausnahmen davon seien angesichts der umfassenden Wirkung der Approbation im Einzelfall nur in engen Grenzen rechtfertigen: Mindestvoraussetzung sei in quantitativer Hinsicht, dass der jeweilige Antragsteller zumindest für den weit überwiegenden Teil der Gebiete ärztlicher Tätigkeit die gesundheitliche Eignung aufweise; in qualitativer Hinsicht müsse er jedenfalls die gesundheitliche Eignung zur Ausübung elementarer Tätigkeiten innerhalb des Arztberufs haben. (OVG Hamburg, Az. 3 ).
Letzte Instanz Oberverwaltungsgericht
Das letzte Wort in der Sache ist jedoch noch nicht gesprochen. Da die für Rechtsstreit entscheidungserhebliche Frage höchstrichterlich bislang nicht geklärt ist, hat das Gericht die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
Das Verfahren ist auch und gerade für Zahnmediziner interessant, deren Tätigkeit es regelmäßig auf eine präzise optische Wahrnehmung und Beurteilung von Details, Strukturen, Farben und Formen ankommt