Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Versicherungsrecht

In dem verhandelten Fall ging es um einen Jungen, bei dem in allen vier Quadranten jeweils die zweiten und dritten Molaren nicht angelegt sind. Der Patient ist daher seit seiner Kindheit in kieferorthopädischer Behandlung. Die Behandlerin schaffte durch die Regulierung Plateaus für eine spätere Versorgung mit Implantaten. In einem Schreiben an die private Versicherung des Patienten führt sie schon frühzeitig aus: Eine spätere Versorgung mit Implantaten sei medizinisch notwendig, um die multiplen Lücken zu schließen. Die Eingriffe seien aber erst möglich, nachdem das Skelettwachstum des Jungen abgeschlossen sei.

Der Patient, der zu diesem Zeitpunkt privat krankenversichert war, beendete den Empfehlungen entsprechend zunächst seine kieferorthopädische Behandlung und ließ zu gegebener Zeit auch die empfohlenen Implantate setzen. Die Versicherung bezahlte.

Weitere Regulierungen nach Setzen der Implantate

Allerdings zeigte sich schnell, dass im Nachgang an das Setzen der Implantate weitere kieferorthopädische Maßnahmen erforderlich waren, um eine vollständige Kauffähigkeit herzustellen und zahnmedizinische Folgeprobleme zu vermeiden.

Seine Kieferorthopädin stellte für den inzwischen erwachsenen Patienten auch hierfür einen Heil- und Kostenplan auf. Dieser reichte das Papier bei der Assekuranz ein. Nun allerdings lehnte die Gesellschaft die Übernahme der Kosten ab.

Das Argument: Der Patient sei inzwischen volljährig geworden. Laut den Vertragsbedingungen müsse die Versicherung aber nur für kieferorthopädische Behandlungen aufkommen, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres geplant und begonnen wurden.  Zudem habe der junge Mann zwischenzeitlich eine Ausbildung begonnen und sei deshalb nun gesetzlich versichert. Schon deshalb sei die private Krankenversicherung nicht mehr zuständig.

Der Patient wollte das nicht hinnehmen und klagte. Mit Erfolg.

Gericht sah keine abgeschlossene Therapie

Das Amtsgericht Seligenstadt entschied: In der konkreten Konstellation geht es nach wie vor um einen Versicherungsfall, für den die Gesellschaft zahlen müsse. Dies sei unabhängig von der zwischenzeitlich eingetretenen Volljährigkeit des Patienten und dessen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung der Fall.

Die kieferorthopädische Behandlung des jungen Mannes stelle unstreitig eine Folgebehandlung der vorangegangenen zahnmedizinischen Versorgung mit Implantaten dar. Auf deren Notwendigkeit habe die Kieferorthopädin frühzeitig hingewiesen – auch gegenüber der Versicherung.  Diese habe deshalb kein Recht, die Kostenübernahme zu verweigern und müsse auch für die kieferorthopädische Folgebehandlung im Erwachsenenalter aufkommen (Az. 1 C 230/21 (3)).