Der Patienten-Behandlungsvertrag: Worauf Sie unbedingt achten sollten
Dr. jur. Alex JanzenGilt ein Behandlungsvertrag eines Arztes oder Zahnarztes als Dienstvertrag oder als Werksvertrag? Und wie grenzt sich der Dienstvertrag vom Werksvertrag ab? Rechtsanwalt Dr. Alex Janzen klärt über die Feinheiten und Fallstricke der Vertragsgestaltung auf.
Seit Jahrzehnten entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und der Instanzgerichte, dass Behandlungsverträge von Ärzten und Zahnärzten als Dienstverträge zu qualifizieren sind.
Unter einem Dienstvertrag versteht die Rechtsprechung einen Vertrag, nach dem der Auftragnehmer die Leistung von bestimmten vertraglich näher vereinbarten Diensten schuldet und der Auftraggeber für diese Leistung die Entrichtung einer Vergütung verspricht.
Parteien des Behandlungsvertrages: der Behandelnde
Beim zahnärztlichen Behandlungsvertrag wird unter einem Auftragnehmer, § 630a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) spricht hier vom „Behandelnden“, nicht unbedingt der behandelnde Zahnarzt verstanden. Unproblematisch ist dies zwar bei Zahnärzten, welche Patienten in eigener Praxis ambulant behandeln. Dies gilt auch dann, wenn eine zahnärztliche Behandlung von einer Urlaubsvertretung erbracht wird: auch in solchen Fällen kommt der Behandlungsvertrag mit dem Praxisinhaber und nicht mit der Urlaubsvertretung zustande.
Wird eine Zahnarztpraxis als eine Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) betrieben, kommt der Behandlungsvertrag mit allen Partnern (Gesellschaftern) der Berufsausübungsgemeinschaft zustande, es sei denn, ein Behandlungsvertrag ist explizit nur zwischen einem Gesellschafter und dem Patienten zustande gekommen. Aber auch in einem solchen Fall haften die übrigen Gesellschafter der Berufsausübungsgemeinschaft bei Behandlungsfehlern gegenüber dem geschädigten Patienten als Gesamtschuldner. Etwas anderes gilt nur wenn die Berufsausübungsgemeinschaft nicht in der Rechtsform einer GbR, sondern als eine Partnerschaftsgesellschaft betrieben wird. In einer solchen beschränkt das Gesetz (§ 8 Abs. 2 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, PartGG) die persönliche Haftung neben der Partnerschaftsgesellschaft auf denjenigen Gesellschafter, der die Pflichtverletzung zu vertreten hat.
Parteien des Behandlungsvertrages: der Patient
Die andere Partei des zahnärztlichen Behandlungsvertrages ist der Patient. Was als eine Selbstverstständlichkeit bzw. als eine Banalität klingt, erweist sich in der Praxis in manchen Fällen als schwierig zu bestimmen. Am einfachsten stellt sich die Rechtslage bei erwachsenen privatversicherten Patienten dar. Diese schließen mit dem Zahnarzt einen Behandlungsvertrag und schulden auch im eigenen Namen die Vergütung der vom Zahnarzt erbrachten Behandlungsleistungen.
Schwieriger ist die Bestimmung des konkreten Vertragspartners bei gesetzlich krankenversicherten Patienten. Der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet in ständiger Rechtsprechung, dass auch gesetzlich Krankenversicherte mit dem Zahnarzt einen privatrechtlichen Behandlungsvertrag abschließen. Hiervon geht auch das gesetzliche Krankenversicherungsrecht aus, dass nach § 76 Abs. 4 SGB V die Behandlung eines gesetzlich Krankenversicherten dem bürgerlichen Vertragsrecht unterstellt. Anders sieht es hingegen das Bundessozialgericht, das die Bestimmungen des BGB zum Behandlungsvertrag (§§ 630a ff. BGB) auf die Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten nur analog anwendet.
Bei Behandlungen von Ehegatten sowie von minderjährigen Kindern kann sich die Frage, wer rechtlich der Patient eines zahnärztlichen Behandlungsvertrages wird, ebenfalls als schwierig erweisen. Die Rechtsprechung geht nämlich davon aus, dass eine ärztliche oder zahnärztliche Behandlung als ein sogenanntes „Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs“ einzuordnen ist. Bei solchen Geschäften ordnet § 1357 Abs. 1 BGB bzw. § 8 Abs. 2 Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) die gesamtschuldnerische Haftung beider Ehegatten bzw. beider eingetragenen Lebenspartner. Bei medizinisch nicht gebotenen kostspieligen Wahlleistungen lässt die Rechtsprechung die Mithaftung des anderen Ehegatten entfallen, sofern dieser der Behandlung nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Bei minderjährigen privatversicherten Kindern ist nicht auf die Einwilligungsfähigkeit, sondern auf die Geschäftsfähigkeit abzustellen. Umstritten ist, ob das gleiche auch für gesetzlich mitversicherte Kinder gilt: diese sollen nach einigen umstrittenen Stimmen in der Fachkommentierung mit der Vollendung des 15. Lebensjahres ohne die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter einen Behandlungsvertrag abschließen können.
Abgrenzung zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag
Die Erbringung von Diensten im Rahmen eines Dienstvertrages ist von der Herbeiführung eines bestimmten Erfolges im Rahmen eines Werkvertrages zu unterscheiden. Es liegt auf der Hand, dass Behandlungsverträge von Ärzten als Dienstverträge und nicht als Werkverträge qualifiziert werden müssen, da bei einer medizinischen Behandlung in aller Regel kein Behandlungserfolg geschuldet werden kann.
Es sollte allerdings beachtet werden, dass die Qualifikation eines ärztlichen Behandlungsvertrages als ein Dienstvertrag nach herrschender Auffassung kein zwingendes Recht darstellt. Unter einem zwingenden Recht wird allgemein eine gesetzliche Bestimmung verstanden, die von Rechtsanwendern nicht abgeändert werden kann, sondern in allen Fällen obligatorisch anzuwenden ist. Manche gewichtigen Stimmen in der Kommentierung gehen davon aus, dass Parteien eines ärztlichen Behandlungsvertrages diesen einvernehmlich als einen Werkvertrag ausgestalten können. Selbstverständlich muss derjenige, der sich auf eine solche besondere Ausgestaltung eines Behandlungsvertrages beruft, den wirksamen Abschluss eines Werkvertrages beweisen. Es erscheint auch naheliegend, dass in aller Regel kein Arzt bereit wäre, einem Patienten den Erfolg seiner Behandlung zu versprechen. Andere nicht minder gewichtige Meinungen in Fachkommentierungen lehnen auch einvernehmliche Vereinbarungen werkvertraglicher Regelungen auf zahnärztliche Behandlungsverträge ab, indem sie auf berufsrechtliche Regelungen verweisen, nach denen es nicht zulässig ist, Heilungserfolge zuzusichern. Unabhängig von diesen juristisch unterschiedlichen Meinungen sollte darauf geachtet werden, dass gegenüber einem Patienten keine unüberlegten Äußerungen oder Zusicherungen erfolgen, die als ein verbindliches Versprechen eines bestimmten Behandlungserfolgs ausgelegt werden könnten.
Die Rechtsprechung des BGH für ärztliche Behandlungsverträge gilt auch für Zahnärzte: auch diese schließen mit ihren Patienten Behandlungsverträge grundsätzlich in Form von Dienstverträgen. Auch für diese gilt § 630a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), nachdem der Behandelnde zur Leistung der vereinbarten Behandlung verpflichtet ist und der Patient die Gewährung der vereinbarten Vergütung schuldet, soweit diese nicht von anderen Personen (z. B. von der Krankenversicherung) zu erbringen ist. Das Gesetz bestimmt auch nach § 630b BGB explizit, dass auf das Behandlungsverhältnis das Recht der Dienstverträge anzuwenden ist, soweit nicht die Bestimmungen über Behandlungsverträge nach §§ 630a ff. BGB Sonderregelungen treffen.
Werkvertragliche Bestandteile bei zahnärztlichen Behandlungsverträgen
Allerdings ergeben sich gerade bei zahnärztlichen Behandlungsverträgen bestimmte Fragestellungen, die von der Rechtsprechung und bzw. oder von der Kommentierung im Zusammenhang mit Werkverträgen behandelt werden. Der erste Fall betrifft die Anfertigung von Zahnersatz, der von der Rechtsprechung seit Jahrzehnten dem Werkvertragsrecht zugeordnet wird. Umfasst der zahnärztliche Behandlungsvertrag auch eine Anfertigung vom Zahnersatz, verpflichtet sich der behandelnde Zahnarzt nicht lediglich zu einer Tätigkeit, sondern es wird ein Erfolg, nämlich die Anfertigung eines vertraglich vereinbarten Zahnersatzes, geschuldet.
Unerheblich ist, dass der Zahnersatz, wie häufig, nicht vom behandelnden Zahnarzt, sondern in dessen Auftrag von einem Zahntechniker angefertigt wird. Auch in einem solchen Fall schuldet der behandelnde Zahnarzt dem Patienten die Verschaffung eines korrekten Zahnersatzes als eigene vertragliche Leistung. Insbesondere kann sich der behandelnde Zahnarzt nicht dadurch entlasten, dass der fehlerhafte Zahnersatz nicht von ihm, sondern von einer dritten Person angefertigt worden sei und der Patient deshalb seine Rechte gegenüber dem fehlerhaft leistenden Zahntechniker ausüben solle. Zu beachten ist hier, dass die Vertragsbeziehung innerhalb des zahnärztlichen Behandlungsvertrages nicht zwischen einem Patienten und dem Zahntechniker, sondern zwischen dem Patienten und dem behandelnden Zahnarzt besteht.
Bedient sich der behandelnde Zahnarzt bei der eigenen Leistungserbringung gegenüber dem Patienten Hilfe anderer Personen, muss er deren fehlerhafte Leistungen sich selbst zurechnen. Davon zu unterscheiden sind selbstverständlich etwaige Regressansprüche des behandelnden Zahnarztes gegenüber einem Zahntechniker, der einen fehlerhaften Zahnersatz angefertigt hat.
Wiederum anders ist die Einsetzung eines Zahnersatzes durch den behandelnden Zahnarzt in einer Behandlung zu sehen: Hier handelt es sich wiederum regelmäßig um eine Leistung, welche nach dem Dienstvertragsrecht und nicht nach dem Werkvertragsrecht zu bewerten ist, d. h. der Zahnarzt schuldet hier in aller Regel keinen Erfolg, sondern lediglich eine zahnärztliche Behandlung lege artis.
Kosmetische medizinisch nicht indizierte Behandlungen
Ein weiterer Bereich zahnärztlicher Behandlungen, in welchem die Anwendung des Werkvertragsrechts kontrovers diskutiert wird, sind nicht medizinisch indizierte kosmetische Eingriffe. Verpflichtet sich zum Beispiel ein Zahnarzt zu einer zahnmedizinischen Behandlung, die ausschließlich einen kosmetischen und medizinisch nicht indizierten Eingriff beinhaltet, vertreten manche Stimmen in der Fachkommentierung, ein solcher Eingriff sei nach den Regeln des Werkvertragsrechts zu bewerten.
Zur Begründung einer solchen Ansicht wird dabei vorgebracht, dass ein lediglich kosmetischer Eingriff vertraglich einen festen Leistungsumfang beinhalte, der regelmäßig zu einem bestimmten Erfolg führe, wenn der kosmetische Eingriff nach konkreten Vorstellungen eines Patienten lege artis durchgeführt werde. Andere gewichtige Stimmen in der Fachkommentierung lehnen eine solche Ausweitung des Werkvertragsrechts auf kosmetische zahnärztliche Eingriffe ab und verweisen dabei sowohl auf die Regelungen des BGB zum Behandlungsvertrag (§§ 630a ff. BGB) als auch auf die Gesetzesbegründung zum Patientenrechtegesetz aus dem Jahr 2013, mit dem die neuen Regelungen zum Behandlungsvertrag in das BGB eingeführt wurden. Unabhängig von diesen juristischen Meinungsverschiedenheiten sollte auch bei kosmetischen zahnärztlichen Eingriffen darauf geachtet werden, dass im Behandlungsvertrag mit dem Patienten in aller Klarheit vereinbart wird, dass bei einem kosmetischen Eingriff kein bestimmter Erfolg geschuldet wird.
Gewährleistung bei Zahnersatz und bei Füllungen
Bei der Versorgung mit Zahnersatz und bei Füllungen sieht § 136a Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB V vor, dass der Zahnarzt gegenüber gesetzlich Versicherten einer Gewährleistung von 2 Jahren unterliegt, ohne dass Behandlungen im Rahmen dieser Gewährleistung einen zusätzlichen Honoraranspruch des Zahnarztes nach sich ziehen würden. Der Umfang der betreffenden Gewährleistung bestimmt sich nach Qualitätskriterien für die Versorgung mit Füllungen und Zahnersatz, die vom gemeinsamen Bundesausschuss aufgestellt werden. Die Erbringung der betreffenden Gewährleistung ist häufig nur bei einer Mitwirkung eines betroffenen Patienten möglich, welchen eine Obliegenheit zur Mitwirkung trifft. Diese Obliegenheit geht allerdings nicht uneingeschränkt: Ist eine Mitwirkung dem Patienten nicht zumutbar, wird es dem behandelnden Zahnarzt nicht möglich sein, die gesetzlich vorgesehene Gewährleistung als einer Nachbesserung des Zahnersatzes zu erbringen. Die Folgen einer solchen Unzumutbarkeit können unterschiedlich sein: Dem Patienten können in solchen Fällen insbesondere Ansprüche auf Schadenersatz und bzw. oder auf die volle oder teilweise Rückzahlung des Honorars gegen den behandelnden Zahnarzt zustehen.