Zahnersatz: Wie Zahnärzte Planungsfehler vermeiden
Judith MeisterPlanungsfehler beim Zahnersatz sind eine besondere Variante des zahnärztlichen Behandlungsfehlers. Wer eine richtlinienkonforme Versorgung vorsieht, ist meist auf der sicheren Seite. In Ausnahmefällen kann eine solche Gesamtplanung aber auch entbehrlich sein.
Wie muss ein Zahnarzt die prothetische Versorgung eines Patienten planen, damit er sich nicht angreifbar macht und Honorarverluste vermeidet? Diese Frage hatte vor Kurzem das Sozialgericht (SG) München zu entscheiden.
Im fraglichen Fall hatte ein Zahnarzt seine Kassenärztliche Vereinigung verklagt, weil diese das Honorar für die Versorgung eines Patienten mit Kronen um gut 700 Euro gekürzt hatte. Die Versorgung war nicht in den Richtlinien abgebildet, allerdings sahen diese auch keine mögliche Alternativversorgung vor.
Im Vorfeld der Behandlung hatte der Zahnarzt zudem einen Heil- und Kostenplan mit einer Therapieplanung für die Kronenversorgung bei 14, 44 und 45 erstellt. Auch die entsprechenden Festzuschüsse hatte er beantragt und genehmigt erhalten.
Die Probleme begannen nach Abschluss der Behandlung, als der Patient gegenüber der Kasse Mängel bei seiner Versorgung monierte. Ein daraufhin erstelltes Erstgutachten kam zwar zu dem Ergebnis, dass bei 44 und 45 kein Approximalkontakt bestehe, weil die beiderseitigen Stützzonen fehlten. Einen Planungs- oder Ausführungsfehler verneinte der Sachverständige jedoch.
Das anschließende Obergutachten hingegen bejahte einen Planungsfehler und bemängelte zusätzlich eine Nonokklusion bei 45 mangels Kontaktpunkten. Im Ergebnis sei deswegen keine Nachbesserung möglich. Nötig sei vielmehr eine Neuanfertigung der Kronen 44 und 45 mit einer Gesamtplanung.
Planungsfehler ja oder nein? Welcher Gutachter hat Recht?
Die KV forderte daraufhin von dem Zahnarzt 711,94 Euro zurück und begründete dies mit Planungs- und Ausführungsmängeln der besagten Kronenversorgung.
Der Fall wurde streitig und endete vor dem Sozialgerichts München zugunsten des Zahnarztes (Az. S 38 KA 5028/21). Die Kammer kam – ebenso wie das Gericht in einem parallel laufenden Zivilverfahren des Patienten gegen den Zahnarzt – zu dem Ergebnis, dass diesem weder ein Planungs- noch ein Ausführungsfehler vorzuwerfen sei.
Wenn die Richtlinie schweigt…
Maßstab für einen Planungsfehler sind nach Ausführung des Gerichts insbesondere die Richtlinien für die Versorgung mit Zahnersatz C. 6. Danach liegt das Ziel der Versorgung mit Zahnersatz darin, eine ausreichende Funktionstüchtigkeit des Kauorgans wiederherzustellen oder ihre Beeinträchtigung zu verhindern und grundsätzlich sei deswegen eine Gesamtplanung notwendig.
Eine solche Gesamtplanung habe der Zahnarzt im konkreten Fall zwar nicht durchgeführt, was auf den ersten Blick für einen Planungsfehler spreche. Im Ergebnis lasse sich ein Fehler aber nur bejahen, wenn es nach den Richtlinien eine alternative Versorgung gebe. Das sei vorliegend gerade nicht der Fall gewesen.
Die mögliche Alternative wäre es also nicht gewesen, eine den Richtlinien entsprechende Planung vorzunehmen, sondern von einer Versorgung insgesamt Abstand zu nehmen.
Widersprüchliches Verhalten der Kasse
Abgesehen davon gab es im konkreten Fall einen genehmigten Heil- und Kostenplan, und zwar ausdrücklich mit dem Zusatz, dass Seitenzähne nicht versorgungsnotwendig seien und ein Härtefall vorliege. Da die Kasse somit keine Gesamtplanung genehmigt hatte, sei es als widersprüchliches Verhalten anzusehen, dass sie dem Arzt nun deren Fehlen vorwerfe.
Bezogen auf den nicht bestehenden Approximalkontakt bei 44 und 45 verneinte das Sozialgericht München überdies einen Ausführungsfehler und folgte damit der Auffassung des Erstgutachtens. Zudem wies es abschließend darauf hin, dass dem Vertragszahnarzt selbst bei Vorliegen eines solchen Fehlers ein Nachbesserungsrecht zukomme (vgl. BSG, Az. B 6 KA 15/16 R).
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