Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Vorsorge & Finanzen
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Nach den Erfahrungswerten aus den letzten paar tausend Jahren und der aktuellen medizinischen Studienlage gibt es eine Gewissheit im Leben: den Tod. Statistisch gesehen ereilt uns dieser zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit immer erst am Ende unseres Lebens, aber leider nicht immer zu Ablauf der statistischen Lebenserwartung. Da ist eine Frage berechtigt: Warum haben trotzdem zwei Drittel der über 50-Jährigen für diesen Fall noch nicht vorgesorgt?

Typische Schwierigkeiten bei der Nachlassplanung

Aufräumen endet in 90 % der Fälle damit, dass man irgendwo sitzt und mit Sachen rumspielt, die man beim Aufräumen gefunden hat. Kommt Ihnen das bekannt vor? So ähnlich ging es vielen unserer Mandanten in Bezug auf das Thema Nachlassplanung. Sie gingen die Sache zwar an – irgendwie blieben Sie aber an irgendeinem Punkt oder Umstand hängen und hatten am Ende kein fertiges Ergebnis. Oft bekommen wir auch geschildert, dass die meisten gar nicht wissen, wie oder wo sie anfangen sollen. Klar, das Thema ist so angenehm, wie ein Abszess in der Mundhöhle. Wer beschäftigt sich schon gerne mit dem eigenen Ableben oder dem Tod von Angehörigen.

Gute und schlechte Informationsquellen für Erbschafts- bzw. Nachlassplanung

Um dem Denkprozess eine Struktur zu geben, hat sich eine eigene Beratungsdisziplin etabliert, die sich speziell mit dem Thema Erben und Schenken auseinandersetzt: die Erbschafts- bzw. Nachlassplanung. Qualitativ hochwertige, praxisnahe und brauchbare Beratung hängt aber extrem von der Qualifikation und Erfahrung des Beraters ab. Und jetzt müssen Sie stark sein: YouTube ist hier leider definitiv die falsche Quelle für brauchbare Informationen.

Am Anfang der Planung steht immer die Ist-Analyse

Lassen Sie uns hierfür gemeinsam in See stechen. Stellen Sie sich vor, Sie sind unterwegs auf einem Segelboot und schippern die Küste entlang. Sie haben ein oder mehrere Ziele, die Sie ansteuern wollen. Dafür müssen Sie aber erst mal wissen: Wo bin ich eigentlich? Es geht also immer mit der Standortbestimmung los. Wenn Sie nur Ihre Seekarte haben und dort reinschauen, werden Sie feststellen: Die Farbe blau überwiegt und sie können nur erahnen, in welcher Gegend Sie sind. Haben Sie ein Ziel, müssen Sie zwangsläufig zuerst Ihre genaue aktuelle Position kennen, damit Sie den richtigen Kurs ermitteln können.

So fängt es bei der Nachlassplanung auch an. Am Anfang steht die Ist-Analyse. Zuallererst ist die Nachlassplanung mal eine Finanzplanung, bei der alle Einnahmen und Ausgaben sowie alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten erfasst und bewertet und in die Zukunft fortgeschrieben werden. Achtung Spoiler: Über zwei Sachen werden Sie hierbei überrascht sein. Zum einen über die Ausgaben („Echt? So viel?“), zum anderen über die Vermögenswerte („Äh!? Wirklich?“). Zusätzlich werden die persönlichen Wünsche und Ziele ermittelt und eventuelle Verpflichtungen in der Zukunft erfasst und fließen in die Planung mit ein.

Wenn Sie 50 Jahre alt sind, und mit 60 Jahren in Ruhestand gehen wollen, ist das ein Ziel. Wenn Sie im Ruhestand jedes Jahr drei Monate reisen wollen, ist das ein weiteres Ziel. Vielleicht müssen Sie zwischen 52 und 57 Ihrer Tochter das Studium finanzieren, oder Sie wissen, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre eine Dachsanierung kommt. Und die Darlehen sind auch noch nicht alle getilgt. Sie sparen vielleicht auch schon kräftig – die Frage ist nur, mit welcher Rendite. Aus all diesen Informationen ergibt sich eine Zahlenreihe für die nächsten Jahre. Hier sieht man das erste Mal, wie sich die Vermögenswerte und die Liquidität bis zum Rentenalter entwickeln können.

Von der Finanz- zur Ruhestandsplanung

Betrachtet man die Zahlenreihe über die Praxisabgabe hinaus, wird aus der Finanzplanung eine Ruhestandsplanung. Jetzt zeigt sich, ob es die Struktur des Vermögens zulässt, die gesteckten Ziele und Wünsche im Rentenalter zu realisieren. Auch hier ein kleiner Spoiler: Wenn die Planung passt, dann heißt es im Ruhestand oft Spiel, Spaß, Spannung und Steuern! Ist zwar ein wenig der Humor eines Steuerprüfers, aber nur wenn Sie ordentlich Steuern zahlen, haben Sie tatsächlich genug Einkünfte.

Ist die Positionsbestimmung erfolgt (für die Nicht-Segler: Auf dem Boot macht man das per Kreuzpeilung), und die Ziele sind bekannt, dann kann das Navigationsbesteck herausgeholt werden. Jetzt wird der Kurs festgelegt, den man einschlagen muss. Manchmal ist der direkte Kurs nicht möglich wegen Untiefen, Strömungen oder falscher Windrichtung. Dann muss man eben einen Umweg nehmen. So ist der Ruhestand mit 60 vielleicht rechnerisch nicht möglich, aber dafür mit 62. Übrigens achtet ein guter Finanzplaner darauf, dass Sie immer Ihre Rettungsweste anhaben. Das Risk-Management gehört zu einer guten Planung dazu.

Zum Schluss folgt die Nachlassplanung

Die Finanz- und Ruhestandsplanung ist wiederum die Grundlage für die Nachlassplanung. Ist es ein guter Berater, wird er jetzt das erste Mal fies: Er simuliert Ihren Todesfall. Nicht den späteren Tod, sondern den „ungeplanten“, also jetzt sofort! Wir haben hierfür das liebevolle Wort „Probesterben“ etabliert. Jetzt stellen Sie sich das mal bildlich für sich vor: „Mann über Bord!“. (Sorry, in der Seglersprache wird hier noch nicht gegendert…). Geht der Skipper über Bord, hat die „hinterbliebene Crew“ ein Problem. „Weiß jemand, wie man das Ding steuert? Kann einer von Euch einen Notruf funken? Hat er Dir vor seinem Abgang die Autoschlüssel dagelassen?“ Wow!

Wenn die Erbschaft nicht geregelt ist

Übertragen wir das doch mal ins Leben. Je nachdem, wie die familiären Begebenheiten sind, ob letztwillige Verfügungen vorliegen und wie die Vermögensstruktur ist, kommen vielfältigste Probleme in den Bereichen Vermögensverteilung, Liquidität, rechtliche und steuerliche Auswirkungen an den Tag. Ihre Tochter studiert Zahnmedizin und soll Ihren Praxisanteil an der BAG bekommen – schade, aber der Gesellschaftsvertrag sieht das leider nicht vor. Es wird ordentlich Erbschaftssteuer fällig – schwierig, die Liquidität ist nämlich in Immobilien gebunden. Das Depot und das Praxiskonto laufen auf Ihren Namen – und plötzlich hat keiner mehr Zugriff darauf. Löhne und Mieten werden nicht bezahlt.

Die „Todesfall-Liquidität“ reicht gerade aus, um die Verbindlichkeiten zu decken, es bleibt aber nichts mehr für den Ehegatten. Apropos Ehegatte: Dieser hat plötzlich eine Erbengemeinschaft mit minderjährigen Kindern, sowohl beim Familienwohnheim als auch bei den vermieteten Immobilien und dem Praxisanteil. Das heißt: Keinen Zugriff auf Vermögenswerte, ohne Zustimmung des Ergänzungspflegers der Kinder. Den bestimmt übrigens das Vormundschaftsgericht. Damit geht teilweise die Ruhestandsplanung des Ehegatten flöten. Natürlich wissen wir: Ein Genie beherrscht das Chaos. Wenn das Genie aber von dieser Welt geht, was bleibt dann zurück? Richtig: Chaos! Und die Hinterbliebenen!

Machen wir es wie beim Segeln: Schauen Sie aufs Meer, das beruhigt! Es war ja nur ein „Probesterben“. Jetzt wissen wir wenigstens, was Ihr ungeplanter Tod auslösen würde. Übrigens simulieren wir immer zwei Erbgänge, also den Tod beider Ehegatten nacheinander. Dabei darf jeder mal zuerst! Nochmal Spoiler: Die Auswirkungen entsprechen hier oft nicht den Erwartungen.

Die Feinheiten der Planung von Ruhestand und Erbfolge

Ausgehend von Ihrer jetzigen Situation und unter Berücksichtigung aller Rahmenumstände werden verschiedene Handlungsempfehlungen ausgearbeitet. Die Fokussierung liegt hier auf der Vermeidung aller Probleme und auf der Erreichung Ihrer Ziele und Wünsche. Das Ergebnis kann verschiedene Maßnahmen zur Liquiditätssicherung beinhalten, zur Verfügbarkeit von Vermögenswerten führen und die Absicherung von Hinterbliebenen gewährleisten. Es muss aber auch und in erster Linie einen sauber durchfinanzierten Ruhestand gewährleisten.

Interdisziplinäre Beratung

Bereits einige Schritte vorher wird die Beratung interdisziplinär. Bei einzelnen Fragestellungen wirken bereits ein Fachanwalt und ein Steuerberater mit. Je mehr es in Richtung Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen geht, umso mehr werden die beiden anderen Disziplinen eingebunden. Am Ende ist bei einer gelungenen Nachlassplanung immer ein Dreier-Team aus Nachlassplaner, Steuerberater und Fachanwalt involviert. Es ist immer gut, wenn einer das Boot kennt, einer das Revier – und der dritte kochen kann!

Autor: Turhan Kurt