Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Praxis

Die Übernahme und erfolgreiche Fortführung einer Zahnarztpraxis setzt frühzeitige Planung und meist auch fachkundige Hilfe voraus. Vor allem die 4 folgenden Punkte sind elementar, um ein solides wirtschaftliches Fundament zu schaffen. Wer sie bei einer Praxisübernahme frühzeitig in Angriff nimmt, ist im Vorteil.

1. Die wichtigsten Fragen vor einer Praxisübernahme

Bevor eine passende Praxis gefunden und übernommen werden kann, sollten die eigenen Vorstellungen konkretisiert werden. Welche Praxisstruktur soll übernommen werden – eine Einzelpraxis oder kommt eine Gemeinschaftspraxis in Betracht? Welche Größe soll die Praxis haben und welche Wachstumsmöglichkeiten sind vorstellbar? Welche Klientel wird behandelt und welche Methoden sind schon etabliert? Eine frühzeitige Planung und Kenntnis der auf dem Markt vorhandenen Möglichkeiten helfen, sich auf die eigenen Ziele zu fokussieren und eine langfristig wünschenswerte und tragfähige Wahl zu treffen. Bereits hier kann das Vorhaben durch erfahrene Berater hilfreich begleitet werden.

Interessant dazu auch diese Artikel:
Praxisgründung: Zahnärztinnen bevorzugen Einzelpraxis
Ab wann ist eine Zahnarztpraxis ein „Praxiszentrum“?

2. Warum man einen Experten braucht, um den Praxiswert zu bestimmen

Die zentrale und wichtigste Frage bei jeder Praxisübernahme ist der Kaufpreis. Um diesen mit dem Praxisabgeber aushandeln zu können, muss der Wert der Praxis bestimmt werden. Dieser wird regelmäßig in den materiellen Wert und den ideellen Wert, den sogenannten Goodwill, unterteilt. Während sich Ersterer meist nachvollziehbar anhand einer Auflistung der in der Praxis vorhandenen Güter bestimmen lässt, wird der ideelle Wert geschätzt. Hierfür werden mit vielfältigen Methoden und unter Einbeziehung von betriebswirtschaftlichen Auswertungen, Patientenstamm, Patientenbindung, Infrastruktur und weiteren Faktoren Berechnungen angestellt, die für den Laien kaum zu überblicken sind. Spätestens hier lohnt es sich, sowohl für Praxisabgeber als auch für Praxiskäufer, Hilfe von rechtlich und steuerlich erfahrenen Experten in Anspruch zu nehmen und so auf beiden Seiten das Vertrauen in die Seriosität des Vorhabens zu stärken.

Interessant dazu auch diese Artikel:
Teuer wie nie: Was Zahnärzte für den Praxiskauf bezahlen müssen
Wertermittlung und Kaufvertrag: Besonderheiten des Praxisverkaufs bei Zahnärzten

3. Was bei der Übernahme des Praxispersonals zu beachten ist

Wer eine Praxis übernimmt, übernimmt nicht nur Inventar und Patientenstamm, sondern auch das angestellte ärztliche und nicht ärztliche Personal. Der Praxiserwerber muss das Personal in der Regel zu unveränderten Konditionen vom Vorgänger übernehmen. Bereits im Vorfeld der Vertragsverhandlungen sollten daher alle Arbeitsverträge auf Inhalte und Reichweite geprüft werden, um langfristige Kosten und Risikeneinschätzen zu können. Dazu gehören z. B. eine hohe Anzahl an Urlaubstagen, prozentuale Umsatzbeteiligungen sowie sonstige Gratifikationen.

Nicht selten sind Mitarbeitende aus Zeiten des Praxisvorgängers bereits seit Jahren oder Jahrzehnten in der Praxis angestellt. Sie verfügen über viel Erfahrung in den Praxisabläufen und kennen den Patientenstamm. Sind die beschriebenen Risiken gut mit einkalkuliert, kann das Bestandspersonal für die erfolgreiche Fortführung der Praxis einen sehr hohen Stellenwert haben.

Interessant dazu auch diese Artikel:
Warum Käufer das Praxispersonal übernehmen müssen
Was tun gegen den Fachkräftemangel?

4. Ohne individuellen Praxisübernahmevertrag geht es nicht

Sind die Vorgespräche so weit gediehen, dass die Praxis übernommen werden soll, muss das Vorhaben schriftlich festgehalten werden: Ein Praxisübernahmevertrag wird erstellt. Gerade wenn sich Käufer und Verkäufer einig und vielleicht sogar noch sympathisch sind, ist die Versuchung groß, eines der im Internet frei verfügbaren Muster zu nutzen und an die eigenen Bedürfnisse anzupassen oder sogar sich von den zunehmend aktiven künstlichen Intelligenzen zügig einen eigenen Vertrag erstellen zu lassen. Doch dabei ist Vorsicht geboten! Alle dies Vertragsmuster sind nicht ohne Weiteres auf den Einzelfall übertragbar und häufig veraltet oder auf veralteten Informationen beruhend. Oft entsprechen sie
nicht den rechtlichen Anforderungen an eine Transaktion dieser Größenordnung.

Gerade im Medizinrecht hat sich in den letzten Jahren viel verändert, angefangen bei der zunehmenden Digitalisierung über den Umgang mit Patientendaten bis hin zu Wettbewerbsklauseln. Eine rechtssichere Gestaltung für den individuellen Fall schafft Klarheit auf allen Seiten und verhindert spätere teure Streitigkeiten.

(c) Lyck+Pätzold healthcare.recht

Unsere Autorin:
* Nadine Ettling
ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht bei Lyck+Pätzold healthcare.recht. Sie steht (Zahn-)Ärzten bei allen Fragen zu medizinrechtlichen Ansprüchen zur Seite. Sie berät und begleitet bei beruflichen Veränderungen und bei arbeitsrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Herausforderungen.
Weitere Informationen unter: www.medizinanwaelte.de, ettling@medizinanwaelte.de