Bitte lächeln - Maskerade oder Wahrheit?
D&W RedaktionIn ihrer Kolumne „Bitte lächeln“ berichten die niedergelassenen Zahnärztinnen Dr. med. dent. Juliane Becker und Dr. med. dent. Schamiem Stumpfe aus ihrem Praxisalltag. In dieser Folge beschäftigen wir uns mit einem wichtigen Thema ihres Alltags – innerhalb und außerhalb der Zahnarztpraxis.
Wer kennt sie noch, die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit – zwischenmenschliche Interaktionen durch Mimik? Noch vor 2 Jahren war es für uns eine Selbstverständlichkeit, beim Betreten der Praxis zu lächeln, die Zähne beim Begrüßen blitzen zu lassen. Und in Zeiten von Corona? Wie kann ich meinen Patienten die gleichen Emotionen vermitteln? Wie kann ich demonstrieren, wie ein perfektes Lachen aussieht?
Anatomisch gesehen aktivieren wir beim Lachen fast 300 Muskeln – von der Stirn bis hin zur Bauchmuskulatur. Die Nasenlöcher werden größer, die Augen zusammen gekniffen, der Kopf wird nach hinten geworfen und der Musculus zygomaticus zieht die Mundwinkel nach oben. Lachen ist auch gesund! Währenddessen nehmen wir viermal mehr Sauerstoff durch die Lungen auf und schütten Endorphine aus.
Mit dem Alter verschwindet das Lachen
Erschreckend ist daher, dass uns das Lachen im Alter wohl vergeht – denn mit dem Alter wachsen nicht nur die Sorgen, sondern wir lachen auch weniger: Kinder lachen 400-mal am Tag – Erwachsene nur noch 15 Mal. Hat sich das womöglich durch zwei Jahre Maskenpflicht noch weiter reduziert?
Verstecken wir uns manchmal sogar hinter dieser Maskerade, um die Gefühle nicht zeigen zu müssen? Hilft die Maske jungen Unternehmern vielleicht dabei, Selbstsicherheit zu bekommen?
Grundsätzlich bin ich ein offener und herzlicher Mensch, sagt Juliane. Ein Mensch, der eher das Positive sieht und dies auch gern optisch zeigt.
Doch geht es uns nicht auch so, dass es viel mehr Kraft kostet, dem Gegenüber diese Emotionen zu zeigen, ohne dass er weiß, wie man eigentlich aussieht? Für uns ist die Stimme und Wortwahl wesentlich wichtiger geworden, als es vor Corona war. Hat es nicht den Vorteil, dass man sogar mehr Fragen stellt, um dem Gegenüber Gefühle zu entlocken? Entwickelt sich dadurch nicht sogar eine intensivere Patienten-Zahnarzt-Beziehung? Wir finden: ja!
Neue Kommunikationstypen betreten die Bühne
Unter der Maskerade haben sich in den letzten beiden Jahren verschiedene Kommunikationstypen verstärkt gezeigt:
z.B. der Augenredner, der viel stärker mit den Augen kommunizieren als vorher. Sei es ein ständiges Zwinkern, ein Blinzeln oder das Augen aufreißen, das manchmal erschreckend wirken kann.
Oder der „Toucher“, dem 1,5 m Sicherheitsabstand deutlich zu weit entfernt sind. Neu zu beobachten ist der Maskenabzieher, der wohl denkt, er sei der einzige, den man nicht versteht, wenn man die Maske auf dem Mund-Nasenbereich lässt.
Ich suche seit der Maskenzeit verstärkt Blickkontakt zu meinen Patienten, sagt Schamiem und gestikuliere eindeutig viel stärker mit Händen und Füßen.
Long story short: Wir fragen uns, ob man jedem Menschen unter der Maske das Lächeln ansehen kann? Das in den Hintergrundtreten der Mimik bestärkt die zwischenmenschliche Kommunikation auf verbaler Ebene. Gespräche werden detailliert und man kann noch mehr als zuvor Sympathie durch Authentizität und Neugier gewinnen. Die ohnehin missmutige Zeit kann durch ein einfaches: „Bitte lächeln!“ verändert werden.
Durch die Maske sind wir also auch Kommunikationskünstler geworden. Welche „Berufsbezeichnungen“ wir in unserem täglichen Job als Selbstständige in einer Zahnarztpraxis noch ausüben, erzählen wir in der nächsten Folge.
Unsere Kolumnistinnen: Dr. Juliane Becker ist Zahnärztin und hat 2018 eine Bestandspraxis in Dießen am Ammersee übernommen. Dr. Schamiem Stumpfe ist Kieferorthopädin und hat seit Dezember 2019 ihre kieferorthopädische Praxis in Starnberg.