Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Praxis

Größere Praxisstrukturen bedeuten Mehraufgaben im Praxismanagement und in der Personalführung.
Schnell kann es passieren, dass der Gründer kaum mehr Zeit für die eigentliche Berufung findet – oder
die Personal- und Geschäftsführung stiefmütterlich behandelt werden. Denn in komplexeren Organisationsformen sind Management- und Führungsarbeiten nicht mal eben nebenbei gemacht.

Wie können Geschäftsführung und Behandleraufgaben miteinander vereinbart werden, wenn Zahnarztpraxen wachsen?

Delegation – Ihr wichtigstes Führungsinstrument bei der Praxisexpansion

Es ist illusorisch anzunehmen, man könne eine Großpraxis mit drei Standorten und 60 Mitarbeitern
allein managen. Selbst zu zweit ist es für leitende Zahnärztinnen fast unmöglich, jedem Teammitglied die
Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Unterstützung zu schenken, die es braucht, ohne sich selbst dabei zu überfordern oder die Behandlung zu kurz kommen zu lassen.

Die Lösung ist so leicht gesagt, fällt vielen Führungskräften dennoch schwer: Delegation ist der Hebel für mehr Entlastung und Mitarbeiterorientierung. Eine gezielte Aufgabenteilung und die Übertragung von Verantwortlichkeiten helfen, persönliche Ressourcen effizienter einzusetzen. Eine zweite Führungsebene
einzuziehen, ist oft der Schlüssel, um Führungs- und Managementaufgaben so zu delegieren, dass die Geschäftsführung einer Großpraxis handlebar wird und Mitarbeiterbedürfnisse angemessen berücksichtigt
werden können.

So gelingt wirkungsvolles Delegieren

Delegation braucht Struktur, die Zuweisung klarer Aufgaben- und Verantwortungsbereiche. Anhand eines Praxisorganigramms und ausformulierter Stellenbeschreibungen wird definiert, wer welche Praxisbereiche und -teams verantwortet, welche Tätigkeiten in den Verantwortungsbereich fallen, und welche Weisungsbefugnisse gelten.

Obwohl die Entlastung der Geschäftsführung ein wichtiger Aspekt bei der Delegation von Aufgaben ist, dürfen die Praxisziele nicht aus dem Blick geraten. Es ist daher ratsam, bei der Aufgabenverteilung
Teilziele mitzudenken.

  • Notieren Sie sich, was überhaupt alles zu tun ist.
  • Bestimmen Sie die einzelnen Teilaufgaben.
  • Legen Sie das angestrebte Ergebnis fest.
  • Überlegen Sie sich, welche Abweichungen vom Soll in Kauf genommen werden können.
  • Antizipieren Sie, welche Schwierigkeiten eintreten können.
  • Delegieren Sie möglichst ganzheitliche Aufgaben.
  • Geben Sie einen klaren Auftrag.
  • Räumen Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Spielräume bei der Ausführung des Auftrages ein.
  • Stellen Sie die notwendigen Befugnisse und Kompetenzen zur Verfügung.

Eine zweite Führungsebene etablieren

Festgelegte Werte, ab welcher Personalgröße eine zweite Führungsebene sinnvoll ist, gibt es nicht. Managementexperten sprechen von sieben bis zehn Mitarbeitern je Führungskraft – abhängig vom Aufgabenfeld und den individuellen Führungskompetenzen.

Bei der Übertragung von Personalführungsaufgaben in eine zweite Leitungsebene kommen oft neue Rollen auf (angestellte) Zahnärzte zu. Gute Führung erfordert besondere Fähigkeiten und Methoden im Umgang mit dem Praxispersonal. Nicht jedem Menschen sind diese Kompetenzen von vornherein inne. Schließlich ist der beste Golfspieler nicht automatisch auch der beste Golftrainer.

Führung kann man lernen

Führungskräfte-Coachings helfen Praxisinhabern sowie Zahnärztinnen in Führungsfunktion, Personalaufgaben souverän zu meistern. In den Führungskräftetrainings unserer Praxisberatung
entwickeln die TeilnehmerInnen ein zu ihnen passendes Führungsselbstbildnis mit einem entsprechend stimmigen Führungsstil. Sie lernen zu entscheiden, wann direktive oder non-direktive Mitarbeiterführung
gefragt ist und wie es gelingt, Vielfalt in der Belegschaft zu managen.

Hat die Praxisgründerin bereits eine erfolgreiche Führungskultur etabliert, gilt es, diese auf die zweite Führungsebene zu übertragen und an allen Praxisstandorten zu implementieren. Ein konsistentes Führungsbild stärkt das Vertrauen der Praxisbelegschaft in den Führungskreis, gibt Orientierung
und Handlungssicherheit.

Bei der Praxisexpansion besonders wichtig: Mitarbeiter befähigen statt selbst machen

Die Führungskultur des 21. Jahrhunderts unterliegt einem Paradigmenwechsel. Wo Unternehmensverantwortung früher auf einige wenige Personen konzentriert war, gilt es heute, die Eigenverantwortung jedes einzelnen Praxismitarbeiters zu stärken. Das trifft auf die Führung einer Einzelpraxis wie auf die Z-MVZ-Führung zu.

Nicht nur die wachsende Komplexität und Geschwindigkeit des Geschäftslebens macht dieses Umdenken nötig. Auch den veränderten Erwartungen und Ansprüchen der Arbeitnehmerschaft wird dieser Wandel gerecht.

Die Stärke einer Führungskraft besteht heute nicht mehr darin, alles allein bewältigen zu können. Vielmehr sind Zahnärzte in Führungspositionen angehalten, die Potenziale ihrer Teammitglieder zu erkennen und optimal auszuschöpfen: um die eigenen Ressourcen zu schonen, den Fokus auf die wesentlichen Dinge richten zu können und die Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit ihrer Mitarbeiterinnen zu stärken.

Verantwortung tragen hebt die Motivation

Letzteres wirkt sich auch nachweislich positiv auf die Motivation, Produktivität und Bindung der Belegschaft an das Gesundheitsunternehmen aus. Voraussetzung für das Abgeben von Verantwortung ist ein kooperativer und situativer Führungsstil. Er steht im Gegensatz zur autokratischen Führung und berücksichtigt vor allem die emotionalen und sozialen Aspekte der Zusammenarbeit.

Praxismitarbeiterinnen werden in der kooperativen Führung als Partner, nicht als Untergebene verstanden. Es geht darum, sich in Kompetenzen zu ergänzen und die Verantwortung für die Unternehmensentwicklung auf mehrere Schultern zu verteilen.

In der Praxisexpansion Unternehmens- und Führungskultur stärken

Wenn Praxen wachsen, verändert sich oft die Stimmung im Team. Die Etablierung von neuen Abteilungen und Leitungsebenen birgt die Gefahr, dass Teamgeist, Unternehmens- und Führungskultur verloren
gehen. Denn nicht jeder Mitarbeitende einer BAG oder eines Z-MVZ hat noch den direkten Kontakt zur Praxisgründerin. Der Inhaber-Spirit, die Vision und die Motivation, die in kleinen Einzelpraxen im täglichen Handeln des oder der Vorgesetzten erlebbar werden, sind in medizinischen Großkonstrukten nur schwer transportierbar.

Die Praxisexpansion erfordert deshalb eine strukturierte Herangehensweise und klare Führung – mit Handlungsfreiraum und Vorgaben für Mitarbeiter und Führungskräfte. Wenn die Praxisführung klare Orientierung gibt und es versteht, Führungsstil und Kommunikationskultur auf neue Teamleiter zu übertragen, kann es auch im Wachstum gelingen, das Wir-Gefühl zu konservieren bzw. neu entstehen
zu lassen.

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Stephan Kock

Inhaber und Geschäftsführer, Kock + Voeste Existenzsicherung für die Heilberufe GmbH

info@kockundvoeste.de