Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Gab es ein persönliches Schlüsselerlebnis für Sie, sich für mehr Nachhaltigkeit einzusetzen?

Ich glaube der ausschlaggebende Moment für mich war der Bau und die Vergrößerung unserer ersten Praxis im Jahr 2007. Ein Jahr später habe ich zum ersten Mal richtig wahrgenommen, wie viel Müll wir produzieren. Aus dem Thema Müllvermeidung hat sich dann die Idee entwickelt weiterzumachen, weiterzudenken, weitere Möglichkeiten zu erschließen und zusammen mit den Mitarbeitenden auch Ressourcen für mehr Nachhaltigkeit zu entdecken.

Wie entstand die Idee, für das Green Team und was war Ihre Intention bei der Entwicklung eines ganzheitlich nachhaltigen Praxis-Konzeptes?

Aus dem ersten Impuls im Jahr 2007 hat sich die Idee verfestigt, dass wir bei allem, was wir in der Praxis tun, immer wieder neu die Frage der Nachhaltigkeit prüfen müssen. Unsere Green Policy war dann die Grundlage, um unser Gedankengut zum Thema Nachhaltigkeit festzuhalten und auch bei allen Mitarbeitenden zu etablieren. Da unsere Praxis im Laufe der Jahre deutlich größer geworden ist, haben wir irgendwann festgestellt, wir brauchen dafür ein Green Team. Sprich wir brauchen Verantwortliche für dieses komplexe Thema. Unser Green Team trifft sich regelmäßig, entwickelt neue Ideen und bringt diese dann weiter in die Praxis zu allen Mitarbeitenden. Das Green Team wird übrigens nicht von mir geleitet, sondern von einer Mitarbeitenden. Sie trägt unsere Vorstellungen der Green Policy und der Nachhaltigkeit weiter. Die Mitarbeit ist immer freiwillig, also wir suchen immer Leute, die das einfach gerne machen und Bock darauf haben.

Das „JobRad“, ein Fahrrad-Leasingmodell zur Motivierung einer klimaneutralen Anreise, wurde bereits eingeführt.

Ja, und das wird auch sehr fleißig genutzt. Durch diese relativ einfache Möglichkeit vermeiden wir täglich Fahrten mit dem Auto. Wir haben einen großen Nachhaltigkeitsworkshop mit einer Agentur gemacht und dabei festgestellt, wie viel CO2 wir nur durch diese Fahrten produzieren. Die Fahrten zwischen der Arbeitsstätte und zu Hause ist einer der Haupt-CO2-Produzenten unserer Praxis.

Haben Sie auch Empfehlungen für den Einkauf von Materialien?

Wir gehen dabei so vor, dass wir uns mit den entsprechenden Herstellern oder Produzenten in Verbindung setzen und nachfragen, ob und inwieweit dort eine Green Policy maßgeblich bei der Herstellung der Produkte befolgt wird. Da muss man ganz ehrlich sagen, dass es beim Einkauf sehr viele Möglichkeiten gibt, etwas zu machen. Leider ist es in der Medizin so, dass in manchen Bereichen Einwegprodukte vorgeschrieben sind. Aber auch da kann man ja mit nachhaltigen Produkten zum Teil schon die heute gängigen Materialien ersetzen. Wir sehen aber auch noch ganz viele Möglichkeiten, wie man die Industrie stark in die Haftung nehmen kann und sollte.

Haben Sie ein konkretes Beispiel?

Bestimmte Materialien kommen meist in viel zu großen Verpackungen. Diese Verpackungen könnte man an den entsprechenden Lieferanten oder Produzenten zurückschicken und der könnte sie im Prinzip genauso wieder verwenden. Wir haben inzwischen Kooperationen mit Kindergärten, an die wir Schachteln geben, sodass die Kinder sie für Bastelarbeiten nutzen können. Aber eigentlich müssten die Verpackungen im Kreislauf bleiben. Diese Kreislaufwirtschaft, also das Thema „Grüner Punkt auf Verpackungen“, das wäre eigentlich ein allererster Schritt, wie man auch die Industrie in die Haftung nehmen könnte.

Wie reagieren Ihre Patientinnen und Patienten darauf?

Unsere Patientinnen und Patienten bekommen unsere Bemühungen sehr wohl mit. Sie sind – wenn sie zum Thema sensibilisiert sind – sehr angetan davon und finden es toll, dass wir uns in diesem Bereich so engagieren. Wir wollen darüber hinaus natürlich auch bei unseren Patientinnen und Patienten gewisse Impulse setzen und sie zum Nachdenken anregen.

Was sind für zahnärztliche Kolleginnen und Kollegen die ersten und einfachsten Schritte für mehr Nachhaltigkeit?

Mein Tipp für die ersten Schritte zu mehr Nachhaltigkeit heißt: Digitalisierung der Praxisabläufe. Darin sehe ich das größte und einfachste Potenzial, Ressourcen zu schonen. Das heißt beispielsweise bei der Patientenaufnahme und Anamnese weniger zu drucken, Rechnungen nicht mehr auszudrucken und was möglich ist, digital zu erledigen. Das spart nicht nur unglaublich viel Papier, sondern auch Druckerpatronen, vermindert Feinstaub, der durch die Drucker verursacht wird, und belastet auch die Mitarbeitenden weniger. Die Digitalisierung ist der einfachste Weg in die Nachhaltigkeit. Die Softwarelösungen für diese ganzen „Umstellungen“ im Praxisablauf gibt es und man hat einen unglaublich großen Nutzen.

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