Gender Care Gap: Auch Zahnärztinnen sind betroffen
Judith MeisterJede Woche mehr als einen Arbeitstag pro bono arbeiten? Was für die meisten Zahnärzte schwer vorstellbar scheint, ist für ihre weiblichen Kollegen ganz normal. Die Folgen dieses Ungleichgewichts sind dramatisch.
Kochen. Waschen. Putzen. Hausaufgabenbetreuung. Einkaufen für die Schwiegermutter. Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen: Frauen in Deutschland haben im Jahr 2022 jeden Tag im Durschnitt eine Stunde und 17 Minuten mehr mit unbezahlter Arbeit verbracht als Männer.
Klingt nach wenig, summiert sich aber: Insgesamt waren Frauen damit knapp 30 Stunden pro Woche mit Gratis-Arbeiten beschäftigt. Bei den Männern waren es nur knapp 21 Stunden pro Woche. Der Unterschied – neudeutsch Gender Care Gap – lag damit bei fast 44 Prozent.
Männer leisten mehr Familienarbeit, aber deutlich weniger als Frauen
Im Vergleich zur letzten Erhebung im Jahr 2012/2013 ist das dennoch ein großer Fortschritt: Damals arbeiteten Frauen im unbezahlten Bereich sogar 52,4 Prozent mehr als Männer. Dennoch zeigt die Aufschlüsselung der Statistiker, dass beim Thema Gleichberechtigung im Haushalt nach wie vor viel Luft nach oben ist.
Welche kostenlosen Arbeiten leisten Frauen in der Familie?
Fast die Hälfte der unbezahlten Arbeit von Frauen entfällt auf klassische Hausarbeit wie Kochen, Putzen und Wäsche waschen. Auch in die Betreuung, Pflege und Unterstützung von Kindern und erwachsenen Haushaltsmitgliedern investieren Frauen fast doppelt so viel Zeit wie Männer.
Rechnet man bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammen, arbeiteten Frauen im Jahr 2022 im Mittel fast 45,5 Stunden pro Woche, Männer kamen im Schnitt auf knapp 44 Stunden.
Kind und Küche statt Praxis und Patienten
Der Umfang an insgesamt geleisteter Arbeit unterscheidet sich zudem deutlich, je nachdem, ob die Erwerbstätigen Kinder haben oder nicht.
Eltern arbeiten im Schnitt stolze 57 Stunden pro Woche – damit leisten Väter und Mütter etwa 11 Stunden mehr Arbeit Erwerbstätige, die in einem kinderlosen Haushalt leben. Allerdings sind es auch hier die Frauen, die den Löwenanteil der unbezahlten Arbeit erledigen, während die Männer weiter ihrem Job nachgehen:
Insgesamt verbringen Mütter mit Kindern unter 18 Jahren durchschnittlich gut 17,5 Stunden pro Woche mit bezahlter Arbeit. Bei Männern mit minderjährigen Kindern im eigenen Haushalt liegt der Umfang der Erwerbsarbeit dagegen unabhängig vom Alter des jüngsten Kindes bei durchschnittlich rund 32 Stunden pro Woche.
Gleichberechtigung ändert nichts an klassischer Rollenverteilung
Diese Rollenaufteilung, bei die Mutter für die Kinder zu Hause bleibt und die Väter das Geld nach Hause bringen, hat sich im Vergleich zu 2012/2013 kaum verändert. Sie ist auch der Grund, warum Frauen im Alter oft deutlich schlechter dastehen, als Männer. Das hat auch Auswirkungen auf die Praxen: Die Zahl der Zahnärztinnen, die sich für Teilzeit entscheiden, nimmt zu.