Anwalts- und Detektivkosten: Überführte Mitarbeiter müssen zahlen
Judith MeisterWenn in der Zahnarztpraxis Medikamente wegkommen oder Interna nach außen getragen werden, müssen Praxischefs gegensteuern – und den Verdacht aufklären. Doch wer muss bezahlen, wenn Detektiv und Anwalt eingeschaltet werden? Das Bundesarbeitsgericht hat dazu eine Entscheidung getroffen.
Ein gewisses Vertrauen zwischen Chef und Belegschaft ist für eine gute Zusammenarbeit unabdingbar. Doch was, wenn ein schwerwiegender Verdacht im Raum steht? Um herauszufinden, was an der Sache dran ist, müssen Nachforschungen angestellt werden– auch auf die Gefahr hin, dabei den oder die Falsche zu erwischen.
Vielfach entstehen in einer solchen Konstellation erhebliche Kosten. Das Schulbeispiel sind die Ausgaben für einen Privatdetektiv, der potenzielle „Blaumacher“ überführen soll. Immer häufiger kommen Praxischefs aber auch nicht umhin, die Dienste von Juristen in Anspruch zu nehmen, um potenzielle Pflichtverletzungen aufzudecken. Sind die erfolgreich, stellt sich die Frage, wer für diese Kosten geradestehen muss. Der Arbeitgeber – oder der überführte Mitarbeiter?
Welche Summen sind „erforderlich“?
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) musste vor Kurzem einen solchen Fall entscheiden. Sein Urteil: Arbeitnehmer, die einer Pflichtverletzung überführt wurden, müssen ihrem Chef die Kosten erstatten, aber nur, soweit diese „erforderlich“ sind (BAG, Az. 8 AZR 276/20).
Im konkreten Fall hatte ein Arbeitgeber mehrere anonyme Meldungen durch Whistleblower erhalten. So entstand der Verdacht, dass einer seiner Arbeitnehmer sich auf Kosten von Geschäftspartnern zu mehreren Champions-League-Fußballspielen habe einladen lassen. Das wäre ein klarer Verstoß gegen die unternehmensinternen Vorgaben gewesen.
Um den Verdacht zu erhärten, engagierte das Unternehmen eine spezialisierte Anwaltskanzlei, die im großen Stil Dokumente und E-Mails des betreffenden Mitarbeiters auswertete. Am Ende der Recherchen bestätigte sich der Verdacht auf voller Linie. Für ihre Dienste berechnete die Kanzlei allerdings das stolze Honorar von rund 210.000 Euro. Der Arbeitgeber wollte das nicht aus eigener Tasche zahlen. Und leitete rechtliche Schritte ein.
Darf’s ein bisschen mehr sein?
Nicht nur kündigte der Chef das Arbeitsverhältnis fristlos. Er verklagte den Arbeitnehmer auch auf Schadensersatz und verlangte die Anwaltskosten ersetzt. In den ersten Instanzen kam es zu unterschiedlichen Entscheidungen. Schließlich landete der Fall vor den höchsten deutschen Arbeitsrichtern.
Diese befanden: Arbeitgeber können grundsätzlich die Erstattung der Ermittlungskosten vom Arbeitnehmer verlangen, wenn der Verdacht einer erheblichen Pflichtverletzung besteht und dieser durch Ermittlungen bestätigt wird. Im konkreten Fall ging das Unternehmen aber leer aus. Denn laut BAG sind nur solche Kosten zu ersetzen, die ein „vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach den Umständen des Falles nicht nur als zweckmäßig, sondern als erforderlich“ aufgewandt hätte. Das aber sei vorliegend nicht der Fall gewesen.