Schutz der Patienten geht vor: Keine Approbation für entlassenen Straftäter
Judith MeisterDie Resozialisierung straffällig gewordener Menschen ist im Rechtsstaat ein hohes Gut. Doch es gibt Fälle, in denen höherrangige Interessen überwiegen. Etwa, wenn ein notorischer Straftäter eine Approbation begehrt.
Mit dem Bundeszentralregister haben die meisten Zahnärzte wohl eher selten zu tun. In dieser Datei werden unter anderem strafgerichtliche Verurteilungen durch deutsche Gerichte dokumentiert. Allerdings bleiben die Einträge nicht lebenslang stehen, sondern werden nach einer gewissen Zeit gelöscht. Entsprechend normiert § 51 Abs. 1 BZRG, dass einem verurteilten Straftäter seine Verfehlungen nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden dürfen, wenn die Eintragung über die Verurteilung im Register getilgt worden ist.
Allerdings gibt es von dieser Regel auch Ausnahmen – etwa dann, wenn eine erhebliche Gefährdung der Allgemeinheit vorliegt. Eine solche ist nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Niedersachsen auch dann zu bejahen, wenn der verurteilte Straftäter eine ärztliche Approbation beantragt, deren Erteilung eine schwerwiegende Erschütterung des Vertrauens in die Integrität der Ärzteschaft zur Folge hätte (OVG Niedersachsen, Az. 8 LB 101/23).
Mediziner erschießt Nebenbuhler mit Schrotflinte
Im konkreten Fall ging es um einen Mann, der zum wiederholten Male eine ärztliche Approbation beantragte – aber ohne Erfolg. Der Grund für die Versagung der Zulassung: Kurz nachdem er in den 1980er Jahren sein drittes Staatsexamen bestanden hatte, hatte der hochverschuldete Mann den neuen Freund seiner Ex-Freundin mit einer Schrotflinte getötet und der Frau durch einen Schlag mit der Waffe das Nasenbein zertrümmert. Dafür saß er zehn Jahre wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung im Gefängnis.
Auch in den Jahren nach seiner Freilassung wurde der Mann wiederholt straffällig, einmal wegen Körperverletzung und einmal wegen Trunkenheit im Straßenverkehr.
Berufsrechtliche Unwürdigkeit bleibt bestehen
Als seine Anträge auf eine ärztliche Approbation immer wieder abgelehnt wurden, klagte der Mann. Sein Argument: Spätestens mit der Löschung der Straftaten im Zentralregister im Dezember 2015 hätte man ihm eine Zulassung erteilen können.
Damit hatte er vor dem OVG Niedersachsen keinen Erfolg. Nach Meinung des Gerichts stand fest, dass der Mann der Ausübung des ärztlichen Berufs nicht würdig sei, da er ein Fehlverhalten gezeigt habe, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist. Er genieße aus diesem Grund nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen, das für die Ausübung des ärztlichen Berufs unabdingbar ist. Auch seien die vorsätzliche Zerstörung menschlichen Lebens und die vorsätzliche Verletzung der körperlichen Unversehrtheit mit dem ärztlichen Berufsbild nicht zu vereinbaren.
Entsprechend greife eine Ausnahme vom Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG. Eine Zulassung als Arzt komme nicht in Betracht, auch wenn die Eintragungen im Bundeszentralregister inzwischen gelöscht seien.