Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

Sie sind beliebt – und sie sind tückisch. Ausschluss- oder Verfallfristen finden sich in fast allen gängigen Arbeitsverträgen. Aus gutem Grund. Denn im Arbeitsverhältnis gibt es zahlreiche Ansprüche, über die sich streiten lässt: Ist das Gehalt angemessen? Steht dem Arbeitnehmer für Überstunden eine Extra-Vergütung zu? Wie lange müssen Beschäftigte bei einer Krankheit Geld erhalten?

Würde für diese (und alle weiteren Rechtsfragen) die Regelverjährung von drei Jahren gelten, müssten Praxisinhaber vermutlich Extra-Räume anmieten oder die Serverkapazitäten erhöhen, nur um die beweisrelevanten Unterlagen vorzuhalten.

Entsprechend ist es das Ziel von Ausschlussfristen, möglichst zeitnah Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen. Das allerdings bedeutet, dass bestimmte Ansprüche nicht erst nach Jahren, schon innerhalb weniger Monate verfallen.

Wer zu spät kommt, geht leer aus

Zu unterscheiden ist dabei zwischen einstufigen und zweistufigen Ausschlussfristen.

  • Eine einstufige Ausschlussfrist sieht vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden. Für Arbeitsverträge, die seit dem 1. Oktober 2016 geschlossen wurden, reicht dafür eine Mail. Ältere Verträge schreiben noch die schriftliche Geltendmachung per Brief vor.
  • Eine zweistufige Ausschlussfrist geht noch einen Schritt weiter. Um sie zu wahren, muss der Anspruchssteller nicht nur seine Ansprüche geltend machen. Er muss sich auch einklagen, wenn die Gegenseite nicht rechtzeitig reagiert oder die Leistung verweigert.

Weil Ausschlussklauseln meist die Arbeitgeber vorgegeben und damit Rechte der Beschäftigten beschneiden, unterwirft die Rechtsprechung sie allerdings strikten Regeln. Mit einer jetzt veröffentlichten Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG)  seine bislang geltende Rechtsprechung sogar noch einmal verschärft (Az. 8 AZR 58/20).

Diese Vorgaben müssen Zahnärzte beachten, wenn sie Ausschlussklauseln verwenden

Eine Voraussetzung für die Wirksamkeit von Ausschlussklauseln ist es zunächst, dass die Fristen mindestens drei Monate betragen. Daran hat auch die aktuelle Entscheidung nichts geändert. Allerdings geht das BAG nun noch einen Schritt weiter. So entschieden die Erfurter Richter, dass arbeitsvertragliche Klauseln unwirksam sind, wenn sie sämtliche Ansprüche und Forderungen aus dem Arbeitsvertrag einem bestimmten Verfallsdatum unterwerfen.

Im konkreten Fall ging es um eine Finanzbuchhalterin, die gekündigt worden war. Sie hatte über fiktiver Rechnungen Gelder an ihren damaligen Ehemann geleitet und auch eigene Verbindlichkeiten mit Firmengeldern beglichen . Der Arbeitgeber verlangte daher 100 000 Euro Schadenersatz. Die gekündigte Mitarbeiterin hingegen wandte ein, die Rückzahlungsansprüche seien nach der ihrem Arbeitsvertrag enthaltenen Klausel verfallen.

Diese lautete: „Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind binnen einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Fall der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von 1 Monat einzuklagen.“

Neue Position des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht sah das anders und erklärte die Klausel– abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung – für unwirksam. Der Grund: Die Formulierung schließe auch solche Ansprüche aus, die durch vorsätzliche, gesetzeswidriges Verhalten entstanden seien. Das dürfe nicht sein, denn damit würde den Parteien generell der Wille unterstellt, sich mit ihren Regelungen stets im Rahmen dessen zu halten, was nach den geltenden Gesetzen zulässig sei. Eine solche Annahme sei nicht gerechtfertigt.

Im Ergebnis konnte der Arbeitgeber der seine Schadenersatzansprüche daher trotzdem geltend machen. Dass er selbst die unwirksame Klausel in den Vertrag aufgenommen hat, ist nach Meinung des BAG unerheblich.

Fazit: Auch wenn die unwirksame Klausel im konkreten Fall positiv für den Arbeitgeber war, hätte der Fall auch gut zu seinen Lasten ausgehen können. Arbeitgeber sollten daher in regelmäßigen Abständen prüfen (lassen), ob die Ausschlussklauseln ihren Verträgen den Anforderungen der Rechtsprechung genügen.