Was bringt ein Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag?
Judith MeisterUm zu verhindern, dass scheidende Kollegen der eigenen Praxis Konkurrenz machen, enthalten die meisten Anstellungsverträge ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Doch nicht immer halten die Klauseln einer gerichtlichen Überprüfung stand. Was zu beachten ist.
Der einstige Assistent macht sich selbstständig. Die angestellte Kollegin will zur Konkurrenz wechseln. Die Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft streiten nur noch und wollen getrennte Wege gehen. Es gibt viele Gründe, warum eine berufliche Zusammenarbeit unter Zahnärzten endet. Die meisten Arbeits- und Gesellschafterverträge enthalten daher ein sogenanntes „nachvertragliches Wettbewerbsverbot“. Dieser Passus regelt, wann und wo sich eine Kollegin oder ein Kollege nach dem Ausscheiden aus der Praxis niederlassen darf und unter welchen Umständen sie oder er – wenn überhaupt – bei einem Wettbewerber einsteigen darf.
Bei Wettbewerbsverbot auf den Wortlaut achten
Grundsätzlich sind solche Klauseln ausgesprochen nützlich, um nach einer Trennung Streit zu vermeiden. Wer sich bei Vertragsschluss allerdings blind auf vermeintlich bewährte Standardformulierungen verlässt oder allzu strikte Vorgaben macht, riskiert ein böses Erwachen: Immer wieder kippen die Gerichte Wettbewerbsverbote, die die Niederlassungs- bzw. Berufsfreiheit eines Zahnarztes über Gebühr einschränken. Der ausscheidende Praxispartner oder der vormalige Assistent können sich dann – trotz eines Wettbewerbsverbotes – auch in unmittelbarer Nähe der bisherigen Praxis niederlassen und dem einstigen Chef/Partner die Patienten abjagen.
Um unnötige Risiken zu vermeiden, empfiehlt es sich deshalb, nicht nur bei Neuverträgen genau auf den Wortlaut der Wettbewerbsklauseln zu achten, sondern auch alte Gesellschaftsverträge regelmäßig zu überprüfen und – wenn möglich – auf den neuesten Stand zu bringen.
Dental & Wirtschaft hat dafür die aktuelle Rechtsprechung zu diesem Thema analysiert und beantwortet die wichtigsten Fragen zur Ausgestaltung von Wettbewerbsverboten in der Zahnarztpraxis.
Wann sind Wettbewerbsverbote erlaubt?
Ganz generell dann, wenn sie durch ein schutzwürdiges Interesse gerechtfertigt sind und zeitlich, örtlich sowie der Sache nach das notwendige Maß nicht überschreiten. Wann die Voraussetzungen dieser wachsweichen Formulierung erfüllt sind, führt in der Praxis immer wieder zu Streit.
Vergleichsweise unproblematisch lässt sich meist das „schutzwürdige Interesse“ belegen. Wer zum Beispiel eine etablierte Praxis kauft, muss darauf vertrauen dürfen, dass frühere Eigentümer nicht im direkten Umfeld erneut tätig wird und seine langjährigen Beziehungen zu den Patientinnen und Patienten gegen den eigenen Käufer ausspielt. Gleiches gilt, wenn ein langjähriger Partner aus einer Gemeinschaftspraxis ausscheidet.
Deutlich schwieriger ist die Antwort auf die Frage, wie lange man sich qua Wettbewerbsklausel vor unerwünschter Konkurrenz schützen kann – und in welchem Ausmaß.
Wie lange darf ein Zahnarzt eine Konkurrenztätigkeit durch Kollegen verbieten?
Eine gesetzliche Regelung dazu gibt es nicht. Da Wettbewerbsverbote aber die Berufsfreiheit beschränken, sind Klauseln ohne eine klare temporäre Begrenzung von vorneherein unwirksam. Gleiches gilt für Formulierungen, die den Konkurrenzschutz unangemessen lange ausdehnen. Auch hier lässt sich im Einzelfall trefflich darüber streiten, was angemessen ist und was nicht. In der Regel aber sehen Gerichte Wettbewerbsverbote von bis zu zwei Jahren als unbedenklich an.
Wie weit lässt sich der Radius für den Konkurrenzschutz ziehen?
Nicht nur der Faktor Zeit, auch die örtliche Begrenzung der Konkurrenz-Tätigkeit bereitet in der Praxis immer wieder Probleme. Auch hier machen die Gerichte keine eindeutigen Angaben zum Radius, innerhalb dessen ein Wettbewerbsverbot greifen darf. Je nach Einzugsgebiet der Praxis steckt die Rechtsprechung aber recht enge Grenzen ab.
Besondere Vorsicht ist in diesem Zusammenhang in Ballungsräumen geboten: Wer die Berufstätigkeit des Kollegen pauschal innerhalb des gesamten Stadtgebiets verbieten will oder einen zu großen wettbewerbsfreien Radius um den Praxissitz zieht, riskiert, dass die gesamte Klausel unwirksam ist.
Entsprechend entschied etwa das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in einem Übernahmevertrag, das dem verpflichteten Zahnarzt untersagt, im Umkreis von neun Kilometern und innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren über gelegentliche Vertretungen hinaus eine zahnärztliche Tätigkeit aufzunehmen, ist wirksam (Az. 5 U 1233/11).
Wichtig ist zudem, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte ihren Kollegen nur eine echte Konkurrenztätigkeit verbieten dürfen, also die Niederlassung mit gleicher fachlicher Ausrichtung wie zuvor. Eine Anstellung in Einrichtungen zur stationären Behandlung muss hingegen erlaubt bleiben.
Welche Gegenleistungen muss ein Wettbewerbsverbot vorsehen?
Bei (vormals) angestellten Zahnärzten, die einer Konkurrenzschutzklausel unterworfen werden sollen, muss der Vertrag zwingend eine sogenannte Karenzentschädigung enthalten. Sie hat den Zweck, die wirtschaftlichen Nachteile des Konkurrenzverbotes zu kompensieren. Die Summe muss mindestens halb so hoch sein, wie die Bezüge, die der ausscheidende Kollege zuletzt von seiner Chefin oder seinem Chef erhalten hat.
Welche Folgen haben Fehler in der Wettbewerbsklausel?
Grundsätzlich gilt: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind sittenwidrig und damit nichtig, wenn sie zu weit gefasst sind und nicht mehr die berechtigten Interessen des Zahnarztes bzw. seiner Praxis widerspiegeln. Gleiches gilt, wenn die Klausel keinerlei Karenzentschädigung vorsieht. Auch dann ist die Formulierung unwirksam und der Kollege darf sich niederlassen und arbeiten, wo er will.
Ist die Karenzentschädigung hingegen nur zu niedrig bemessen, hat der scheidende Zahnarzt ein Wahlrecht. Er kann sich entweder von dem Wettbewerbsverbot lösen und arbeiten, wie und wo er möchte – dann natürlich ohne Entschädigung zu erhalten. Er kann sich aber auch an das an sich (unverbindliche) Wettbewerbsverbot halten – in diesem Fall hat er allerdings Anspruch auf die zugesagte (wenn auch zu niedrige) Karenzentschädigung (vgl. BAG, Az. 10 AZR 243/13).