Wichtige Fragen und Antworten zur verhaltensbedingten Kündigung
Judith MeisterStändige Verspätungen, anzügliches oder unhöfliches Benehmen, ein Griff in die Kasse. Wenn Arbeitnehmende solche Verhaltensweisen an den Tag legen, müssen Praxischefinnen und Praxischefs reagieren.
In Zahnarztpraxen mit mehr als zehn Arbeitnehmern gilt das Kündigungsschutzgesetz. Arbeitgeber dürfen einem Angestellten daher nur ordentlich kündigen, wenn es dafür personen-, betriebs- oder verhaltensbedingte Gründe gibt.
Zur personenbedingten Kündigungen gehören unter anderem Konstellationen, in denen ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen oder fachlichen Gründen nicht für den Job geeignet ist. Betriebsbedingte Kündigungen kommen zum Beispiel bei wirtschaftlichen Problemen der Praxis in Betracht. Solche Kündigungen sind in der Praxis an strenge Voraussetzungen gekoppelt. Die höchsten Anforderungen stellt die Rechtsprechung allerdings bei der dritten Variante: dem Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung.
Was ist das Besondere an einer verhaltensbedingten Kündigung?
Anders als die betriebsbedingte und die personenbedingte Kündigung fußt ein solcher Schritt, wie der Name sagt, auf einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers. Überspitzt gesagt ist sie also die Sanktion dafür, dass ein Arbeitgeber seinen Vertrag nicht erfüllt, obwohl er es könnte. Damit können Arbeitgeber dem oder der Betreffenden, anders als bei der personen- oder betriebsbedingten Kündigung einen willentlichen Pflichtverstoß vorwerfen.
Wann ist eine verhaltensbedingte Kündigung zulässig?
Grundsätzlich ist eine verhaltensbedingte Kündigung immer dann zulässig, wenn ein Arbeitnehmer durch sein Verhalten den Betriebsfrieden nachhaltig stört, seine Pflichten verletzt und/oder das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Arbeitgeber nachhaltig gestört ist. Klassische Fälle, in denen die Rechtsprechung einen verhaltensbedingten Rauswurf als gerechtfertigt angesehen hat, sind Fälle, in denen ein Mitarbeiter in die Kasse gegriffen hat (BAG Az.: 2 AZR 541/09), sich nicht oder nicht rechtzeitig krankgemeldet hat (BAG, Az. Az. 2 AZR 619/19) oder ständig zu spät kam (LAG Rheinland-Pfalz, Az. 10 Sa 445/10).
Allerdings ist die Kündigung immer nur die ultima ratio. In den meisten Fällen müssen Arbeitgeber zuvor eine Abmahnung aussprechen.
Welchen Anforderungen muss eine Abmahnung genügen?
Eine bestimmte Form ist zwar nicht vorgeschrieben. Juristen raten aber dringend dazu, Abmahnungen schriftlich zu erteilen. Zudem müssen Arbeitgeber das Fehlverhalten, wegen dem die Abmahnung erfolgt, so konkret wie möglich benennen und klar machen, warum in diesem Verhalten ein Pflichtenverstoß liegt. Kommt eine ZFA zum Beispiel immer wieder zu spät zum Dienst, müsste der Text in etwa so lauten:
„In der Zeit vom 6. bis zum 15. August 2024 sind Sie mehrfach erst zwischen zehn und elf Uhr zum Dienst erschienen. Ihr Arbeitsvertrag sieht allerdings einen Dienstbeginn um acht Uhr vor, damit das Telefon während der Praxis-Öffnungszeiten stets besetzt ist. Ihre wiederholten Verspätungen haben diesen Service unmöglich gemacht und die Versorgung der Patienten somit erschwert.“
Allerdings hat eine Abmahnung nicht nur die Funktion der viel zitierten „gelben Karte“. Neben der klaren Warnung, dass das monierte Fehlverhalten nicht toleriert wird, muss der Chef den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin auch dazu auffordern, künftig wieder alle vertraglichen Pflichten zu erfüllen. Anders ausgedrückt: Der oder die Betreffende muss aus der Abmahnung ablesen können, welches Verhalten erwartet wird, um die Kündigung noch abzuwenden.
Im Fall der notorisch verspäteten ZFA sollte die Abmahnung daher einen Passus enthalten, wonach der Arbeitgeber sie mit Nachdruck dazu auffordert, „ihre arbeitsvertraglichen Pflichten von nun an einzuhalten und pünktlich zur Arbeit zu erscheinen.“
„Jede Abmahnung muss zudem eindeutig mit der Kündigung drohen, wenn das gerügte Verhalten weiterhin auftritt“, so Randhir K. Dindoyal, Rechtsanwalt aus München. Fehlt ein solcher Hinweis, ist die Abmahnung unwirksam und eine später ausgesprochene verhaltensbedingte Kündigung ist vor Gericht angreifbar.
Kündigung (nur) im Wiederholungsfall
„Wichtig ist zudem, dass sich eine verhaltensbedingte Kündigung nur dann auf die die vorangegangene Abmahnung stützen darf, wenn der Mitarbeiter erneut den dort gerügten Pflichtenverstoß begeht“, so Rechtsanwalt Dindoyal. Im obigen Fall wäre das die Unpünktlichkeit. Lässt sich der Arbeitnehmer hingegen in einem anderen Bereich etwas zuschulden kommen – etwa, weil er einen Patienten beleidigt – muss dieses Verhalten in den meisten Fällen erst abgemahnt werden.