Compliance: Patienten dürfen Verantwortung nicht auf Arzt abwälzen
Judith MeisterPatienten, die Kontrolltermine nicht einhalten und denen dadurch ein Schaden entsteht, können die Verantwortung nicht auf den Zahnarzt bzw. Arzt abwälzen. Das wurde jetzt in einem weiteren Urteil bestätigt.
Ob beim Aufklärungsgespräch oder während der Behandlung: In den vergangenen Jahrzehnten haben die Gerichte die Selbstbestimmungsrechte von Patienten gegenüber ihren (Zahn)-Ärzten kontinuierlich gestärkt. Allerdings passiert es immer wieder, dass ausgerechnet jene Patienten, die sonst auf eben diese Rechte pochen, plötzlich ein fast schon bevormundendes Verhalten von ihrem Behandler verlangen. Klassischerweise geschieht das, wenn mangelnde Compliance zu einem Gesundheitsschaden geführt hat, für den der Patient oder die Patientin nun eine Kompensation erstreiten will.
So war es auch in einem Fall, über den vor Kurzem das Oberlandesgericht (OLG) Köln zu befinden hatte. Konkret ging es um die Patientin einer Frauenarztpraxis. Bei ihr hatte eine der dort tätigen Ärztinnen im Juni 2017 eine Verhärtung an der linken Brust festgestellt. Nach einer Sonographie wurde der Frau empfohlen, sich drei Monaten zur Befundkontrolle vorzustellen.
Kontrolltermine durch Patient wurden nicht eingehalten
Die Patienten meldete sich jedoch erst Ende November 2017 wieder in der Praxis. Zu diesem Zeitpunkt bestand neben der Verhärtung auch eine oberflächliche Hautrötung an der betreffenden Stelle. Nach einer weiteren Sonographie erhielt die Patientin den Rat, sich erneut vorzustellen, sollten sich die Verhärtung und/oder die Rötung verändern oder verschlechtern.
Mitte April 2018 meldet sich die Patientin telefonisch in der Praxis. Der Fleck auf der Brust sei größer geworden und geschwulstartig nach außen gewachsen. Der weitere Inhalt des Anrufs ist strittig. Fest steht jedoch, dass die Frau Mitte August 2018 erneut in der Praxis anrief und weitere Veränderungen an der Brust beschrieb. Als die Ärztin sie daraufhin sofort einbestellte, fand sich eine tastbare Schwellung im Brustdrüsengewebe und sonographisch einen malignomverdächtigen Herd. Eine anschließend durchgeführte Mammographie zeigte ein invasiv lobuläres Karzinom.
Die Frau verklagte die Praxis daraufhin auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Ihre Ärztin habe ihre Krebserkrankung nicht rechtzeitig erkannt. Diese Diagnoseverzögerung habe bei ihr deutliche, über die Grunderkrankung hinausreichende Beeinträchtigungen verursacht.
Gericht verneint Einbestellungspflicht durch Zahnarztpraxis
Mit diesem Vorbringen hatte die Frau allerdings keinen Erfolg. Wie schon die Vorinstanz so befand auch das Oberlandesgericht (OLG) Köln, dass der Gynäkologin kein Behandlungsfehler vorzuwerfen sei. Das Gericht stützte sich dabei auf die Prüfung des Gerichtssachverständigen, mit dessen Ausführungen sich das OLG aufgrund eines Privatgutachtens der Klägerin detailliert auseinandersetzte: Demnach habe die Ärztin auf die im Juni 2017 festgestellte Verhärtung der Brust einschließlich Bewertung der Sonographie richtig reagiert.
Insbesondere müsse sie sich nicht vorwerfen lassen, die Patientin nicht aktiv zur Wahrnehmung des empfohlenen Kontrolltermins angehalten zu haben. Eine „Einbestellungspflicht“ der Ärztin sei klar zu verneinen. Als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechtes stehe es jedem Patienten grundsätzlich frei, ob, wann und durch welchen Mediziner er sich behandeln lassen wolle – oder eben nicht. Die Vorstellung einer „zwangsweisen Einbestellung und Behandlung“ stoße daher „auf praktische Bedenken und (sei) ... der Rechtsordnung fremd“ (OLG Köln, Az. 5 U 133/23).
Warum regelmäßige Kontrolltermine beim Zahnarzt wichtig sind
Regelmäßige Kontrolltermine helfen, Zahn- und Mundkrankheiten frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig zu behandeln. Karies, Parodontitis oder andere Zahnerkrankungen können so oft vermieden werden. Eine professionelle Zahnreinigung unterstützt die Mundhygiene und reduziert das Risiko für Zahnschäden.
Für Erwachsene wird eine zahnärztliche Untersuchung mindestens ein- bis zweimal pro Jahr empfohlen. Kinder sollten ab dem ersten Zahn regelmäßig zur Kontrolle gehen. Patienten mit einem erhöhten Risiko, etwa durch Diabetes oder Parodontitis, sollten sich an individuelle Empfehlungen ihres Zahnarztes halten.
Auch finanziell lohnt sich der regelmäßige Zahnarztbesuch. Wer sein Bonusheft lückenlos führt, erhält bei Zahnersatz höhere Zuschüsse von der Krankenkasse. Zudem spart eine frühzeitige Behandlung Kosten, da größere Eingriffe oft vermieden werden können.
Langfristig trägt eine gute Vorsorge dazu bei, die natürlichen Zähne bis ins hohe Alter zu erhalten. Zudem sorgt sie für eine gesunde Mundflora und frischen Atem. Um lange Wartezeiten zu vermeiden, ist es sinnvoll, den nächsten Termin direkt nach der Untersuchung zu vereinbaren.