Wenn der Behandler auch der Erbe des Patienten ist...
Judith Meister… ist das ein Problem. Und zwar aus mehreren Gründen. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat ein solches Testament zwar gerade erst gebilligt – doch der Rechtsstreit zwischen behandelndem Mediziner und Erben geht in die nächste Runde. Die Hintergründe.
Die Berufsordnung der Ärzte ist in §32 sehr deutlich: „Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder Anderen Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird.“
Dennoch bestätigte ein Hausarzt aus Hessen seiner Patientin deren Testierfähigkeit - wohl wissend, dass er in ihrem neuen Testament als Miterbe eingesetzt wurde. Nach dem Tod der Frau kam es dann prompt zum Streit mit einem anderen Erben.
Als der Arzt – ebenso wie zwei seiner Miterben – einen Erbschein beantragte, wehrte sich ein Cousin der Verstorbenen mit dem Argument, die Erbeinsetzung des Arztes sei unwirksam. Er focht das Testament daher teilweise an, und beanspruchte einen höheren Anteil am Nachlass.
Grundsätzlich dürfen Ärzte auch ihre Patienten beerben
Die erste Instanz, das Amtsgericht (AG) Kassel, teilte seine Auffassung. Das Testament sei wegen Verstoßes gegen die Berufsordnung teilweise nichtig. Der Arzt legte dagegen Beschwerde ein – und hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt räumte zwar ein, dass in dem Fall „der Anschein eines Interessenkonflikts“ naheliege. Insbesondere, wenn ein Arzt noch zu Lebzeiten einer Patientin erfahre, dass er deren Erbe werden und ihr zugleich ihre Testierfähigkeit bescheinigen soll. Dennoch lasse sich damit nicht ohne Weiteres auf eine (Teil)-Nichtigkeit des Testamentes schließen (Az. 21 W91/23).
Das Argument: § 32 BO-Ä richtet sich an den Arzt. Die Norm soll dessen Beeinflussung durch den Patienten oder Dritte ausschließen und gewährleisten, dass er sich bei seinen Entscheidungen von medizinischen und nicht von finanziellen Erwägungen leiten lässt. Damit ziele die Regelung in erster Linie auf das Verbot der Annahme durch den Mediziner ab. Zudem solle das Verbot das „allgemeinbezogene Vertrauen in die Freiheit und Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen und damit auch das Ansehen und die Integrität der Ärzteschaft im Allgemeinen“ schützen.
Ein gegen Testierende gerichtetes Verbot, einen Arzt in ihrem letzten Willen zu bedenken, sei in § 32 BO-Ä hingegen nicht enthalten, so das OLG. Eine solche Auslegung würde nach Auffassung des Gerichts einen unangemessenen Eingriff in die durch die Verfassung geschützte Testierfreiheit darstellen.
Weil über diese Auslegung der Norm aber noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei, ließ das OLG die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zu. Das letzte Wort in der Sache haben nun also die Richter in Karlsruhe.