Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Zahnmedizin
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Hintergrund

Eine subgingivale Instrumentierung der pathologisch vertieften Taschen ist bei Parodontitis-Patienten nötig, um die Entzündung zu kontrollieren und den Abbau des Zahnhalteapparates sowie Zahnverlust zu stoppen. Diese Behandlung wird vor dem Hintergrund starker wissenschaftlicher Evidenz in den aktuellen Leitlinien zur Parodontitistherapie dringend empfohlen.

Im Laufe der Wundheilung kommt es neben der Regeneration verlorengegangenen Stützgewebes auch zu einer Schrumpfung der entzündeten Gewebe. Als unerwünschte Nebenwirkung entstehen häufig gingivale Rezessionen, die von den Patienten oft auch bemerkt und als störend oder ästhetisch beeinträchtigend empfunden werden. Bei einigen Krankheitsbildern, insbesondere bei jungen Patienten mit rascher parodontaler Destruktion, wird die subgingivale Instrumentierung oft durch die zusätzliche Gabe systemischer Antibiotika ergänzt und damit optimiert.

Ob diese Verabreichung der Prävention dient oder gar zur stärkeren Ausprägung gingivaler Rezessionen beiträgt war bisher weitestgehend unklar. In dieser Übersichtsarbeit wurde nun die möglicherweise auftretende Rezessionsbildung nach der subgingivalen Instrumentierung mit und ohne die adjuvante Gabe von systemischen Antibiotika, bzw. der Kombination Metronidazol und Amoxicillin, miteinander verglichen.

Methodik

Veröffentlichungen, die bis Januar 2019 erschienen waren und über Attachmentlevel und Sondierungstiefen berichteten, wurden unter Berücksichtigung des Entstehens gingivaler Rezessionen erneut analysiert. Als Grundlage für die Identifikation relevanter Literatur diente die Arbeit von Zandbergen und Mitarbeitern aus dem Jahre 2013. Während sich viele Studien – quasi traditionell – auf die relevanten klinischen Endpunkte Sondierungstiefen und Attachmentlevel konzentrierten, wurde in der vorliegenden Analyse die Rezessionsbildung nach subgingivaler Instrumentierung mit und ohne zusätzliche systemische Verabreichung von Amoxicillin und Metronidazol verglichen.

Der mittlere Anstieg etwaiger Rezessionen wurde, wenn nicht berichtet, aus den zur Verfügung gestellten Werten berechnet und statistisch analysiert. Die Rezessionsbildung wurde jeweils 3 und 6 Monate nach der Therapie miteinander verglichen und separat für die damals noch aktuellen parodontalen Krankheitsbilder chronische Parodontitis und aggressive Parodontitis berichtet-

Ergebnisse

Die Rezessionen nahmen zwischen Studienbeginn und Nachbeobachtung kontinuierlich zu. In der Gruppe aggressive Parodontitis betrug die mediane Rezession nach drei Monaten 0,2 mm, unabhängig davon, ob Antibiotika verabreicht wurden oder nicht. Nach sechs Monaten erhöhte sich die mediane Rezession in der Antibiotikagruppe auf 0,35 mm an und blieb in der anderen Gruppe stabil. Bei Patienten mit chronischer Parodontitis betrug die mediane Rezession nach drei Monaten mit und ohne Antibiotika 0,3 mm bzw. 0,14 mm. Nach sechs Monaten betrug die mediane Rezession 0,28 mm (mit Antibiotika) und 0,2 mm (ohne Antibiotika). Die quantitative statistische Auswertung durch die entsprechenden Metaanalysen zeigte marginale jedoch nicht signifikante Unterschiede hinsichtlich der Ausprägung gingivaler Rezessionen mit oder ohne die zusätzliche Verabreichung systemischer Antibiotika.

Klinische Schlussfolgerungen

Obwohl in einigen Studien eine leichte Tendenz zu einer höheren Rezessionsbildung nach subgingivaler Instrumentierung in Kombination mit systemischen Antibiotika beobachtet werden konnte, zeigten die hier durchgeführten quantitativen Metaanalysen keinen klinisch relevanten Unterschied in der Rezessionsbildung aufgrund der adjuvanten Gabe von Antibiotika. Das bedeutet für die Prävention gingivaler Rezessionen ist die Gabe systemischer Antibiotika im Rahmen der subgingivalen Instrumentierung eher von untergeordneter Relevanz. Andere Parameter sollten daher die Entscheidung für oder gegen eine Antibiotikagabe beeinflussen bzw. der Prävention unerwünschter Nebenwirkungen dienen. Die Entstehung und/oder Vergrößerung gingivaler Rezessionen sind für viele Patienten relevante Themen. Dies im Wesentlichen aus ästhetischen oder auch Gründen erhöhter postoperativer Zahnsensibilität. Für den Therapeuten sind demgegenüber zumeist vor allem die nach Instrumentierung noch vorhandenen residuellen erhöhten Sondierungstiefen von Bedeutung. Für eine realistische Einschätzung des Behandlungserfolges sind allerdings beide Perspektiven entscheidende Punkte. Daher wäre es wünschenswert, wenn neben Sondierungstiefen, Attachmentlevel und gegebenenfalls auch Zahnverlust konsequent die Rezessionen in entsprechenden klinischen Studien erfasst und berichtet werden würde.

Prof. Dr. Clemens Walter

Prof. Dr. med. dent. Clemens Walter

Abteilung für Parodontologie, Oralmedizin und Oralchirurgie Charité Centrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde