Schlechtes Zeugnis für Zahnärzte: 63 % der Auszubildenden unzufrieden
André BernertAndré Bernert ist Geschäftsführer der Medical Management Partner und seit 2001 Arzt- und Zahnarztpraxis-Experte. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie Ihre Praxis besser lenken und gute Mitarbeiter noch mehr motivieren können, nicht nur während einer Krise.
„Man findet einfach kein gutes Personal!“ Viele Zahnärzte beschweren sich über die mangelnde Qualität von Bewerberinnen. An den hohen Erwartungen wird es wohl kaum liegen, oder? – Der Schulabschluss muss stimmen. Eine gute Mittlere Reife ist das Mindeste. In Mathematik und Deutsch wenigstens eine Zwei und in Biologie auch nicht viel schlechter.
Die wichtigsten Eigenschaften sind Zuverlässigkeit, Teamfähigkeit und Leistungsbereitschaft. Und Motivation, ohne sie geht es natürlich auch nicht. Außerdem sollen die Auszubildenden kommunizieren können und Konflikte geschickt lösen. Der Umgang mit Computern ist selbstverständlich und Kenntnisse in Sachen Marketing sollten bei der Generation ja auch schon etwas vorhanden sein. Und dann kann er schon losgehen – der erste Tag als Auszubildende in der Zahnarztpraxis.
Chef*in ist auch ein Vorbild
Für eine 16-jährige Schülerin, die ansonsten bis 13.00 Uhr in der Schule saß und den Fokus auf die Freunde und Freizeit gerichtet hatte, ist das ein Berg an Herausforderungen. Und der tatsächliche Praxisschock steht sogar noch aus. Doch zu hohe Erwartungen? Überforderung? Ja und nein.
Fangen wir bei den Schulnoten an: Ob eine gute Mathenote wirklich relevant ist, sei einmal dahingestellt. Viele Zahnärzte fordern sie. Bei den wichtigsten Eigenschaften nehmen die Praxisinhaber die zentrale Rolle ein. Sind sie selbst zuverlässig, fördern sie den Teamgedanken und wie honorieren sie Leistungsbereitschaft? Können sie wirklich motivieren oder fühlen sich die Angestellten eher unter Druck gesetzt?
Es können noch so viele Absprachen getroffen werden. Wenn die Praxisinhaber ihrer Vorbildfunktion nicht gerecht werden, fließen Tränen. Nicht selten enden sie in Kündigungen oder schlecht geleisteter Arbeit. Was sollen dann die Patienten denken? Jede Angestellte hat das Ziel, die Erwartungen des Chefs bzw. der Chefin zu erfüllen. Doch es ist ein Prozess und bei jungen Menschen heißt dieser Ausbildung. Und Ausbildung ist Chefsache.
Einfach mal Zeit für das Personal
Doch hier keimt Kritik auf. Denn 63 % der Auszubildenden sind unzufrieden. Gefragt wurden 315 angehende zahnmedizinische Fachangestellte aus Schleswig-Holstein. 24 % ärgern sich darüber, dass mit ihnen keine Personalgespräche geführt werden. „Gerade junge Mitarbeiterinnen benötigen diese“, sagt André Bernert von Medical Management Partner. Er betreut seit über 20 Jahren Praxen und weiß, wie wichtig das Gespräch zwischen Chef und Mitarbeiterin ist. „Es ist ein Zeichen von Wertschätzung und motiviert enorm.“ Eine Auszubildende aus Kiel sagte: „Wenn ich eine Frage habe, weiß ich gar nicht, wen ich ansprechen soll. Der Zahnarzt hat sowieso keine Zeit für mich und die Kollegen sind zu beschäftigt. Daher lass ich es oftmals lieber und mache es so, wie ich denke.“
Mindestens 14 % ihrer Kolleginnen geht es genauso. Auch sie haben keine feste Kontaktperson, wodurch die meisten Fehler von Auszubildenden in der Praxis passieren. Ansprechpartner muss nicht zwingend der Zahnarzt oder die Zahnärztin sein. Da diese ohnehin wenig Zeit haben, ist eine erfahrene Mitarbeiterin sogar besser geeignet. Aber bitte nicht planlos.
Dienstpläne, Urlaubspläne, Pläne für das Qualitätsmanagement. Alles selbstverständlich in einer Zahnarztpraxis. Aber einen Ausbildungsplan? 14 % der Befragten wünschen sich sehnlichst eine Struktur in ihrer Ausbildung, welche durch einen Plan gegeben wäre. Andere Kritikpunkte waren fehlende Sozialkompetenzen seitens der Chefs und Kollegen, Lernmöglichkeiten, pünktliche Arbeitszeiten sowie finanzielle Aspekte.
Fazit: Nur 37 % der Befragten sind zufrieden. Ein schlechtes Resultat für die Zahnärzte und gleichzeitig ein Spiegel. Denn beide Seiten haben hohe Erwartungen, die sich in vielen Fällen bedingen. Um die Fluktuation gering zu halten, ist die Zufriedenheit der Angestellten wichtig. Andernfalls werden neue Mitarbeiterinnen benötigt, die dann erst eingearbeitet werden müssen. Das kostet Zeit und Geld und bringt viel Unruhe in die Praxis.