Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

Wer als Selbstständiger sein Geld verdienen will, hat in Deutschland keinen leichten Stand. Schuld sind die Politik – und die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV). Letztere prüft im Rahmen sogenannter Statusfeststellungsverfahren, ob selbstständig arbeitende Ärzte tatsächlich Freelancer sind. Oder ob sie, anders als von ihnen und ihrem Auftraggeber intendiert, einer abhängigen Beschäftigung nachgehen.

Kommt die DRV, wie so oft, zum zweiten Ergebnis, müssen die Betroffenen für drei Monate die gesetzlich vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. Auch sollten sie damit rechnen, dass das Finanzamt sich meldet und Korrekturen bereits abgeschlossener Steuererklärungen verlangt.

Doch wodurch unterscheiden sich Selbstständige und Arbeitnehmer? Und worauf achten die Gerichte, wenn ein Fall streitig wird?

Die schwierige Abgrenzung zwischen selbstständiger und abhängiger Tätigkeit

Für freiberufliche Zahnärzte und Zahnärztinnen gilt grundsätzlich: Wer in die Praxis oder Klinik seines Auftraggebers eingegliedert ist und Weisungen eines Vorgesetzen befolgen muss, ist normalerweise als Arbeitnehmer einzustufen.

Selbstständig hingegen arbeitet, wer selbst unternehmerische Risiken eingeht, eine eigene Betriebsstätte oder Praxis unterhält und weitgehend selbst bestimmen kann, wann, wie und für wen er arbeitet.

Dass sich diese Kriterien sich durchaus unterschiedlich auslegen lassen, beweist jedoch der folgende Fall einer Augenärztin, über den vor Kurzem das Bundessozialgericht urteilen musste.

Eigenverantwortliches Arbeiten ist nicht genug, um als selbstständig eingestuft zu werden

In der streitigen Konstellation war die Frau auf Basis eines sogenannten Servicevertrages in der Privatpraxis einer Kollegin tätig. Dort übernahm sie an ein bis zwei Tagen pro Wochen für jeweils etwa fünf Stunden die Sprechstunden für die Praxisinhaberin.

Für diese Vertretungen stellte die Frau Rechnungen. Da sie eine fremde Praxisstruktur für ihre Arbeit nutzte, trat die Ärztin jedoch 65 Prozent ihrer Einnahmen an die Privatpraxis ab.

Was ihre Arbeitszeit in der fremden Praxis anging, genoss die Frau große Freiheiten. Auch haftete sie selbst gegenüber ihren Patienten.

Die DRV stufte die Tätigkeit der Vertreterin dennoch als abhängige Beschäftigung ein. Dagegen klagte die Praxisinhaberin – und hatte zunächst auch Erfolg.

Nur die ersten beiden Instanzen entscheiden zugunsten der Ärztin

Sowohl das Sozialgericht Bremen (Az. S 31 R 107/16) als auch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Az.  L 12 BA 7/19) lehnten die Meinung der Rentenversicherung ab. Sie befanden: Da die Augenärztin 65 Prozent ihrer Einnahmen an die Praxis abgebe, trage sie ein angemessenes unternehmerisches Risiko. Auch sei die Vertreterin weder weisungsgebunden und nicht in den Praxisbetrieb eingegliedert und somit selbstständig.

Das Bundessozialgericht (BSG) sah das anders. Die Kasseler Richter erklärten die Frau für scheinselbstständig, da sie die Infrastruktur der Auftraggeberin nutzte, mit dem Personal arbeitsteilig zusammenarbeitete und an die vorgegebenen Praxisöffnungszeiten gebunden war (Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2023 - B 12 R 10/21 R).

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