Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Vertragsrecht
Inhaltsverzeichnis

Ein Praxisverkauf ist immer eine große Entscheidung und meist der Beginn eines neuen Lebensabschnitts – ob nun der Start in die Selbstständigkeit mit einer eigenen Praxis oder der Eintritt in den Ruhestand mit der vollständigen oder teilweisen Abgabe des bisherigen Lebenswerks. Wer seine Praxis verkaufen möchte, tut gut daran, auf eine gute Compliance, das heißt auf eine Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben, zu achten. Denn ein gut beratener Käufer wird die zu übernehmende Praxis auf Herz und Nieren – und auf die damit verbundenen rechtlichen Risiken – prüfen. 

Fragen, die sich Praxisverkäufer und Praxiskäufer stellen müssen

  • Welche vertraglichen Verpflichtungen bestehen?

  • Welche Kündigungsfristen laufen?

  • Welche Verträge werden übertragen?

  • Welche Fallstricke birgt der Mietvertrag?

  • Welche Rechte haben die Angestellten?

  • Wann ist eine Übernahme möglich?

  • Welche regulatorischen Hürden gibt es?

Viele dieser und weiterer Fragen lassen sich nur mit Hilfe erfahrener Berater sicher beantworten und abwägen. Selbsternannte Experten gibt es in diesem Bereich viele, doch ohne fundierte rechtliche Expertise einerseits und steuerlicher Beratung andererseits ist kaum Sicherheit zu erlangen. 

Die Gesellschaftsstruktur der Praxis und die Auswirkungen auf den Vertrag

Nicht selten sind Praxen über viele Jahre gewachsen und haben sich entwickelt. Sie wurden gemeinschaftlich betrieben, Mitbegründer sind ausgeschieden, neue Kollegen hinzugekommen. Der rechtliche Status quo lässt sich meist nur feststellen, wenn man die Entwicklung anhand der schriftlich geschlossenen und – gar nicht selten auch mündlich – erweiterten Gesellschaftsverträge nachverfolgt. Steht im Gesellschaftsvertrag tatsächlich das drin, was heute gelebt wird? Kann ein ausgeschiedener Gesellschafter noch Rechte geltend machen? Ist aufgrund vergangener Strukturen mit Steuerrückforderungen zu rechnen? Enthält der Vertrag unwirksame Regelungen? Gerade vor vielen Jahren geschlossene und nie aktualisierte Verträge bergen Risiken, denen man vor Übernahme der Praxis begegnen kann und sollte. 

Die Mitarbeitenden der praxis: Was passiert mit ihnen nach dem Praxisverkauf?

Eine Praxis lebt von und mit den Menschen, die dort tätig sind. Sie erwirtschaften die Umsätze und bewegen die Patienten wiederzukommen. Gleichzeitig sind die Personalkosten einer der wesentlichen Wirtschaftsfaktoren in jedem Unternehmen und müssen gerade vor einer Veränderung im Auge behalten werden.

Wird eine Praxis verkauft, gehen die Arbeitsverträge kraft Gesetzes (§613a BGB) auf den oder die PraxiskäuferIn über und damit auch alle Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der oder die Mitarbeitende nicht widerspricht. Dann bleibt das Arbeitsverhältnis bei dem oder der PraxisabgeberIn.

Es ist daher unerlässlich, die bestehenden Arbeitsverträge einer eingehenden arbeitsrechtlichen Prüfung zu unterziehen. Sehr häufig sind bestehende Altverträge in einzelnen Klauseln unwirksam und entsprechen nicht mehr den aktuellen gesetzlichen Anforderungen. Zu lange oder auch zu kurze Kündigungsfristen, Ansprüche auf Sonderzahlungen aus betrieblicher Übung, ungünstige Urlaubsregelungen oder auch unerwartete Vergütungsregelungen können zu Problemen führen. Auch hier hilft es, die Risiken wirtschaftlich einzukalkulieren und bestenfalls die Verträge frühzeitig optimieren zu können. 

Der Praxismietvertrag: Übertragung beim Praxisverkauf?

Nicht unterschätzt werden darf auch der bestehende Mietvertrag. An der Frage der Übertragbarkeit des Vertrages kann der für die Kaufentscheidung häufig wesentliche Standort der Praxis hängen. Auch die Verlängerungsmöglichkeiten und Optionsrechte, die sich aus dem Vertrag ergeben, sind zu berücksichtigen. Welche Einschränkungen in der Nutzung ergeben sich womöglich aus dem Vertrag? Bestehen teure Rückbauverpflichtungen? All diese Fragen sind wesentlich für die Kaufentscheidung als solche und für die Höhe des Praxiswertes. Für etwaige Verhandlungen mit dem Vermieter ist darüber hinaus meist hilfreich, den aktuellen Stand des Mietverhältnisses zu kennen. 

Die Zulassung als Vertragszahnarzt

Wer nicht nur privatzahnärztlich tätig sein will, muss sich mit den vertragszahnärztlichen Regelungen auseinandersetzen. Gab es Auffälligkeiten in der Vergangenheit? Liegen alle erforderlichen Zulassungen und Genehmigungen vor? Gab es in den letzten Jahren Regresse? Bei einer sachkundigen Prüfung können sich hier schnell auch relevante Probleme für die Zukunft offenbaren. 

Schließlich sind auch die regulatorischen Themen für die geplante Übernahme im Blick zu behalten. Neben der eigenen Zulassung sind vielleicht Kooperationen mit KollegInnen, die Anstellung von KollegInnen, Ausbildungsfragen und vielleicht sogar die Zulassung eines Medizinischen Versorgungszentrums zu planen. Für alle Entscheidungen, die der Zulassungsausschuss der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung zu treffen hat, gelten feste Termine und Fristen, die für den Vollzugszeitpunkt relevant sein können. 

Der Kaufvertrag für die Zahnarztpraxis

Ist alles ausgiebig unter die Lupe genommen und für gut befunden worden, geht es ans Werk – an den Kaufvertrag. Anders als beim Gebrauchtwagenkauf geht es beim Praxiskauf um eine lebensverändernde Entscheidung – meist für beide Seiten. Dies spiegelt sich auch im zugehörigen Vertragswerk wider. Mit einem aus dem Internet heruntergeladenen Muster ist es nicht getan. Allerspätestens jetzt sollten RechtsanwältIn und SteuerberaterIn mitwirken.

Die Ergebnisse der vorangegangenen rechtlichen Prüfungen schlagen sich hier nieder. Mit Garantien und Vollzugsbedingungen wird sichergestellt, dass der aktuelle Ist-Zustand der Praxis abgebildet und die Risiken gerecht verteilt werden. Die Anlagen zum Kaufvertrag (Leasingverträge, Arbeitsverträge, Verträge mit Dienstleistern, die übertragen werden, u.v.m.) müssen zusammengestellt werden.

Fazit

Bei frühzeitiger Einbindung im Medizinrecht erfahrener Rechtsberatung können unliebsame Überraschungen kurz vor oder nach Vertragsschluss vermieden werden. Langfristig spart dies nicht nur Zeit und Nerven, sondern vor allem auch Kosten.

Nadine Ettling

Nadine Ettling

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht, Lyck+Pätzold healthcare.recht

ettling@medizinanwaelte.de