Wirtschaftsnachrichten für Zahnärzte | DENTAL & WIRTSCHAFT
Abrechnung

Im GKV-Gebührenrecht BEMA gibt es keine Möglichkeit, die Beträge zu erhöhen und auch bei den Materialien gibt es keine Option, die Preise zu steigern. Der GOZ-Punktwert ist seit 1988 unverändert und die Privathonorare liegen bei einem Schwellenwert von 2,3 oft unter dem GKV-Niveau. In der Tabelle möchten wir einen Auszug der Leistungshonorierung zwischen BEMA und GOZ gegenüberstellen. Die letzte Spalte beschreibt den Faktor, der in Ansatz gebracht werden müsste, um das BEMA-Honorar zu erreichen.

BEMA-Position

Punktwert

GKV-Kosten

GOZ-Position

Kosten bei 2,3

Faktor-Anhebung

01

1,2

21,60 Euro

0010 GOZ

12,94 Euro

3,8405

IP 5

1,2

19,20 Euro

2000 GOZ

11,64 Euro

3,7931

L1 41a

1,2

14,40 Euro

0100 GOZ

09,05 Euro

3,6577

XN 46

1,2

25,20 Euro

3310 GOZ

12,94 Euro

4,4806

Mu 105

1,2

09,60 Euro

4020 GOZ

05,82 Euro

3,7931

SK 106

1,2

12,00 Euro

4030 GOZ

04,53 Euro

6,0961

89

1,0827

17,32 Euro

4040 GOZ

05,82 Euro

6,8434

100d

1,0827

59,55 Euro

5280 GOZ

34,93 Euro

3,9215

Wie in unserem Artikel „Die 5 Säulen einer Faktorbegründung“ bereits erwähnt, definiert sich der Gebührenrahmen ohne freie Vereinbarung zwischen Faktor 1,0 und 3,5. Diese Faktorspanne reicht aber oft für Leistungen, die mit einer weit überdurchschnittlichen hohen Qualität und hohen Präzision und dadurch zeitaufwändig in der Praxis erbracht werden, nicht aus, um den Stundensatz zu decken. Dafür kann und sollte eine individuelle Honorarvereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ in Betracht gezogen werden.

Mit Beschluss vom 25.10.2004 hat das Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BvR 20 1437/02) sogar betont, dass „die Gebührenmarge bei Zahnärzten besonders schmal“ ist. Weiter stellt das Bundesverfassungsgericht fest: „Die im Regelfall nur schmale Marge schadet jedoch nicht, weil der Zahnarzt gemäß § 2 GOZ eine abweichende Vereinbarung treffen kann“. Diese Vereinbarung muss vor Behandlungsbeginn zwischen Zahnarzt/Zahnärztin und PatientIn schriftlich vereinbart werden.

© Grafik: MedTriX

Beispielrechnung 1: Vereinbarung des Steigerungssatzes gemäß §2 Abs. 1-2 GOZ

In welchen Bereichen ist eine Honorarvereinbarung bei GKV-Patient denkbar?

Grundsätzlich ist die Leistungsabrechnung mit Honorarvereinbarung in jedem Bereich denkbar. Gerade zeitaufwendige und höchst anspruchsvolle Therapien sollten Sie kritisch überdenken. Bei gesetzlich versicherten PatientInnen müssen die GKV-Richtlinien und das Wirtschaftlichkeitsgebot selbstverständlich beachtet werden.

Die am häufigsten vorkommenden Honorarvereinbarungen sind:

  • bei Wurzelspitzenresektion (WSR): Auffüllen Knochendefekt, da die GOZ-Nr. 4100 sehr niedrig bewertet ist (Abb. 1)

  • Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden, elektrometrische Längenbestimmung, ggfs. präendodontischer Aufbau (Abb. 2)

  • bei Füllungstherapien: hochwertige Dentinadhäsiv-Füllungen (Abb. 3).

Gesetzesgrundlagen und inhaltliche Anforderungen an die abweichende Vereinbarung nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ

§ 2 Abs. 1 GOZ definiert, dass eine abweichende Gebühr zwischen Zahnarzt/Zahnärztin und PatientIn festgelegt werden kann. Eine abweichende Punktzahl oder ein abweichender Punktwert sind allerdings nicht zulässig. Notfall- und akute Schmerzbehandlungen dürfen nicht von einer Vereinbarung abhängig gemacht werden.

§ 2 Abs. 2 GOZ bestimmt, dass eine abweichende Vereinbarung nach § 2 Abs. 1 GOZ nur nach persönlicher Absprache im Einzelfall schriftlich zu treffen ist und dass darin neben der Nummer und Bezeichnung der Leistung, dem vereinbarten Steigerungssatz und dem sich daraus ergebenden Betrag auch die Feststellung enthalten sein muss, dass die Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Der Zahnarzt hat dem Zahlungspflichtigen einen Ausdruck der Vereinbarung auszuhändigen. Zudem wird ausdrücklich bestimmt, dass die Vereinbarung keine weiteren Erklärungen enthalten darf. Das heißt, dass rein rechtlich gesehen keine Begründungspflicht besteht.

Erfahrungsgemäß empfehlen wir Ihnen trotzdem eine aussagekräftige Begründung bereits bei Rechnungslegung anzugeben – einfach um Rückfragen und Bearbeitungen im Nachgang zu vermeiden, denn im § 10 Abs. 3 GOZ heißt es: „Soweit im Fall einer abweichenden Vereinbarung nach § 2 auch ohne die getroffene Vereinbarung ein Überschreiten der in Satz 1 genannten Steigerungssätze gerechtfertigt gewesen wäre, ist das Überschreiten auf Verlangen des Zahlungspflichtigen schriftlich zu begründen. Und wenn der Patient einen Anspruch auf höhere Erstattung gegenüber dem Kostenträger hat, wird er diesem „Verlangen“ auch nachkommen.

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Beispielrechnung 2: Vereinbarung des Steigerungssatzes gemäß §2 Abs. 1-2 GOZ

Für eine Erstattung der Kosten über dem 3,5-fachen Schwellenwert bildet der Versicherungsvertrag die Grundlage. Sollte eine Erstattung des Honorars über dem 3,5-fachen Satz nicht ausdrücklich im Versicherungsvertrag eingeschränkt sein, so ist die PKV verpflichtet, die angefallenen Beträge vertragsgemäß zu erstatten. Hierzu verweisen wir auf das BGH-Urteil vom 09.03.2000 (Az. III ZR 356/98): „Sieht der Versicherungstarif keine Leistungsbeschränkung auf den 3,5-fachen Satz vor, ist die PKV grundsätzlich verpflichtet, auch Gebühren oberhalb des Gebührenrahmens zu erstatten.“

Einige Kostenerstatter weisen eine Erstattung zurück mit der Begründung, es würde sich um „Wucher“-Faktoren handeln. Dieser Aussage können Sie entspannt gegenübertreten, denn nachstehende Urteile haben erhöhte Steigerungssätze über den 8-fachen Faktor anerkannt:

  • Landgericht Duisburg, Urteil vom 14.02.2017 Az. 1 O 86/16: 8,2-fach

  • Amtsgericht Düsseldorf Urteil vom 21.01.2016, Az. 27 C 11833/14: 3,6- bis 8,2-fach

  • Amtsgericht Karlsruhe, Urteil vom 04.09.2015, Az. 6 C 1670/15: 27,5171-fach (!)

  • Landgericht Mannheim, Urteil vom 30.01.2009, Az. 1 S 141/05: 8,2-fach.

Wichtig bleibt noch zu erwähnen, dass der Behandlungsvertrag zwischen Zahnarzt/Zahnärztin und PatientIn besteht und nicht zwischen Zahnarzt/Zahnärztin und Versicherung. Im Gegensatz zu den Erstattungsmodalitäten der gesetzlichen Krankenversicherung, die eine Zahnarztpraxis kennen muss, weiß die Zahnarztpraxis bei einem Privatpatienten nicht, zu welchen Konditionen dieser versichert ist. Die Praxis hat daher auch vor Behandlungsbeginn nicht abzuklären, ob die Krankenversicherung die vorgesehene Behandlung übernimmt.

© Grafik: MedTriX

Beispielrechnung 3: Vereinbarung des Steigerungssatzes gemäß §2 Abs. 1-2 GOZ

Was grundsätzlich für Honorarvereinbarungen in der Zahnarztpraxis gilt

Bleiben Sie transparent und kalkulieren Sie betriebswirtschaftlich – dafür müssen Sie Ihren Kosten-/Stundensatz kennen. Falls Sie einen unangenehmen bitteren Beigeschmack haben, die Betriebskosten zu decken, indem die PatientInnen die Mehrkosten tragen müssen, können Sie die PatientInnen über Ihre hochqualifizierte Zahnmedizin und dem daraus resultierenden Praxisaufwand sowie Ihre betriebswirtschaftliche Situation aufklären. Raten Sie zeitgleich an, sich ausreichend privat zu versichern, um so die Eigenbehalte zu reduzieren. Denn eins ist sicher – besser wird es in den nächsten Jahren nicht.

Honorarvereinbarung: Was ist zu beachten?

  • schriftlich und persönlich

  • Erstellung unter Beachtung der GKV-Richtlinien und des Wirtschaftlichkeitsgebots

  • Notfall- und Schmerzbehandlungen ausgenommen

  • transparent und betriebswirtschaftlich kalkulieren

  • Hinweis auf nicht vollumfänglich Erstattung

  • PatientIn die Honorarvereinbarung aushändigen

Tanja Schütt, ZMV, Korrespondentin und Autorin bei LAFRENTZ  Abrechnungsservice & Seminare in Fehmarn

Tanja Schütt

ZMV, Korrespondentin und Autorin, LAFRENTZ Abrechnungsservice & Seminare

t.schuett@dental-lafrentz.de