Wann Zahnärzte nicht mehr an GOZ-Sätze gebunden sind
Judith MeisterDass Zahnärzte wegen (vermeintlich) zu hoher Abrechnungen verklagt werden, ist nichts Neues. Nun beschäftigte der umgekehrte Fall die Rechtsprechung – mit erstaunlichem Ausgang.
Zahnärzte und Zahnärztinnen sind grundsätzlich dazu verpflichtet, ihre Leistungen bei der Behandlung von Privatpatienten und Selbstzahlern nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) abrechnen. Gleiches gilt für Ärzte – nur eben mit der für sie einschlägigen Gebührenordnung. Eigentlich. Denn nun hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt eine Entscheidung getroffen, die die Fachwelt aufhorchen lässt.
Der Senat entschied: Die Gebührenordnung der Ärzte richtet sich nur an natürliche Personen, also an den Arzt als Mensch. Normadressaten seien damit nur die niedergelassenen Berufsträger. Anders sehe es bei sogenannten juristischen Personen – also zum Beispiel Kapitalgesellschaften – aus. Für sie sei die Gebührenordnung einschlägig ().
Der Hintergrund: Ist eine Praxis oder ein MVZ in dieser Rechtsform organisiert, erwirbt sie dadurch eine eigene Rechtspersönlichkeit. Folglich ist nicht mehr die (natürliche) Person des Arztes Vertragspartner der Patienten, sondern die Gesellschaft selbst. Die aber unterfällt, zumindest nach der Rechtsauffassung des OLG, nicht dem Regime der GOÄ. Die Bindung an Gebührenziffern und Steigerungssätze entfalle damit ebenso wie das Verbot von Pauschalhonoraren oder Rabatten.
Preisdumping im Medizinbetrieb befürchtet
Bei Juristen stößt der Beschluss auf ein geteiltes Echo. Während Befürworter die Entscheidung als konsequent begrüßen, da auch Privatkliniken unabhängig von der GOÄ abrechnen dürfen, kritisieren andere, dass das Gericht damit dem Preisdumping im Medizinbetrieb Vorschub leiste. Es seien Qualitätsverluste zu erwarten, wenn Leistungserbringer die Mindestpreise der GOÄ unterschritten.
Zudem dürfe es keinen Unterschied machen, ob ein Arzt als natürliche Person (in eigener Praxis) eine Behandlung durchführe und abrechne oder ob er bei einer GmbH tätig sei, die als juristische Person die Abrechnung erstelle.
Auch viele Richter teilen die Meinung ihrer Frankfurter Kollegen nicht. So hat etwa das Landgericht München die Bindung von Ärzte-MVZ an die GOÄ ausdrücklich bejaht (Az. 17 HK O 11322/18). Gleiches gilt für das Oberlandesgericht Köln, Az. 5 U 32/22).
Im Zweifel bei der Abrechnung für die GOZ entscheiden
(Zahn)-Ärzte in MVZ, die als GmbH ausgestaltet sind, sollten daher sehr genau überlegen, ob sie die Gebührensätze der für sie einschlägigen Berufsordnung unterbieten wollen – etwa um Patienten von Wettbewerbern abzuziehen. Das gilt umso mehr, als auch privaten Krankenversicherungen regelmäßig nur die Kosten für Leistungen erstatten, die nach den geltenden Ziffern abgerechnet wurden.